Hartz IV muss weg – daran ändern auch 5 Euro nichts!

Seit Monaten täuscht die Regierung Geschäftigkeit für eine „gerechtere Ausgestaltung“ von Hartz IV vor.

Dass jetzt sämtliche in die Hartz-Gesetze verstrickten Monopolparteien so tun, als ob sie vor lauter Sorge um die „armen Kinder“ (Ursula von der Leyen) kaum mehr schlafen könnten, zeigt, dass die Empörung der Menschen sie in Zugzwang bringt. Die latente politische Krise hat sich vertieft und dieses Gesetz hängt den Hartz-IV-Parteien wie ein Mühlstein um den Hals.

Wachsende Armut, Niedriglöhne, Konkurrenz zwischen Arbeitern und Erwerbslosen, Druck und Schikanen auf Hilfebedürftige – das ist die Bilanz von Hartz IV. Daran gibt es nichts zu verbessern! „Hartz IV muss weg!“ ist und bleibt die Losung der kämpferischen Opposition.
Mit der jetzt präsentierten Einigung sollen sich 4,7 Millionen Hartz-IV-Betroffene mit lächerlichen Almosen abspeisen lassen. Billiglöhne werden festgeschrieben und die Abwälzung der Staatsverschuldung auf die breiten Massen wird verschärft. Am Morgen kaum veröffentlicht, wehte ihr bereits am Abend der raue Wind massiver Proteste der Montagsdemos um die Ohren: als „Mogelpackung“, „lachhaft“, „erniedrigend“ wurde sie grundsätzlich abgelehnt.

Fünf Euro plus Currywurst
Der Regelsatz für einen Alleinstehenden soll nach diesem großartigen Kompromiss bis Jahresanfang 2012 um 8 Euro auf dann 367 Euro „steigen“. Das Schweizer Forschungszentrum für Statistik hat errechnet, dass die Teuerungsrate in Deutschland für die am häufigsten gekauften Waren wie Grundnahrungsmittel bei 5,2 Prozent liegt (www.investor-verlag.de). Demnach müsste der Regelsatz um 18,66 Euro steigen, um nur die Teuerungsrate auszugleichen.
Die „Regelsatzerhöhung“ entpuppt sich als reale Kürzung! Ein Alleinstehender erhält inklusive der durchschnittlichen Kosten für die Unterkunft dann 655 Euro. Das ist weit unter dem von der OECD empfohlenen Existenzminimum von 934 Euro. Die Erhöhung um 8 Euro für alle Hartz-IV-Betroffenen kostet pro Jahr zirka 470 Millionen Euro (dazu gibt es unterschiedliche Schätzungen). Zum Vergleich: Schon für den verrückten Bahnhofsneubau von Stuttgart („S21“) sind 4,1 Milliarden Euro vorgesehen. Eine Verhöhnung aller Hartz-IV-Betroffenen.

Familien- und kinderfreundlich?
Für rund 2,5 Millionen Kinder in Familien, die Hartz IV, den Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten, soll es Zuschüsse für ein warmes Mittagessen in Schule oder Kita, eintägige Schul- und Kita-Ausflüge, Nachhilfe und monatlich zehn Euro für die Teilnahme am Vereinsleben als Sachleistungen geben. Damit setzt die Regierung an einem der krassesten Auswüchse der Hartz-Gesetze an, die in der Bevölkerung am meisten verhasst sind: die wachsende Kinderarmut. Aber: wo es kein Schulessen oder Vereinsleben gibt, gibt es auch keine Zuschüsse. Und: die „Nachhilfeförderung“ entpuppt sich für viele Kinder als zynisches Instrument, ihnen in Wirklichkeit die Förderung zu verweigern. So kritisierte der Deutsche Caritasverband schon im Oktober den Gesetzentwurf: „Nur bei einer Versetzungsgefährdung soll Lernförderung gewährt werden … Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei einer negativen Prognose bezüglich der Versetzung die Lernförderung als nicht geeignet angesehen wird … Der explizite Ausschluss von Lernförderung, wenn es darum geht, eine bessere Schulartempfehlung zu bekommen, ist unverständlich.“ (Stellungnahme SGB II, 6. 10. 2010)

Entlastung der Kommunen auf dem Rücken der Arbeiter und Erwerbslosen?
Künftig übernimmt der Bund von den Kommunen von 2012 bis 2014 in drei Schritten die Kosten für die Grundsicherung im Alter in Höhe von insgesamt 12,24 Milliarden Euro. Das ist eine reale Entlastung der kommunalen Finanzen. Refinanziert wird das aber über die Bundesagentur für Arbeit. Ihr werden die Zuwendungen aus der Mehrwertsteuer, die sie vom Bund erhält, schrittweise gekürzt. Bis 2014 würde sich die Bundesagentur für Arbeit nach eigenen Angaben auf bis zu 9,6 Milliarden Euro verschulden. Es ist zu erwarten, dass dies zu weiteren Leistungskürzungen und höheren Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung führen wird.

Mindestlöhne unter Hartz-IV-Niveau
Es war die SPD, die landauf landab tönte, man müsse durch Mindestlöhne einen Abstand zu Hartz IV schaffen, damit sich „Arbeit lohne“. Sie hat vergessen zu sagen, dass erst ihre Hartz-Gesetze zu einer solch dramatischen Absenkung des Lohnniveaus geführt haben, dass Mindestlöhne überhaupt gefordert wurden. Das war ein wesentlicher Zweck dieser Gesetze und von den deutschen Monopolen massiv forciert.
Jetzt soll es für 1,2 Millionen Leiharbeiter Mindestlöhne in Höhe der tariflich vereinbarten Lohnuntergrenze geben. Dazu muss man wissen, dass die zwischen Kapitalisten und rechter Gewerkschaftsführung ausgehandelten Mindestlöhne für Leiharbeiter „bei 7,59 Euro im Westen und 6,89 Euro in den neuen Ländern“ (WAZ, 22.2.11) liegen. Selbst die schöngerechnete Modellrechung des Bundesarbeitsministeriums geht davon aus, dass bei 40 Arbeitsstunden pro Woche ein Lohn von 7,21 Euro dem Hartz-IV-Satz einschließlich der Kosten für die Unterkunft entspricht. Die sogenannten Mindestlöhne der Regierung liegen also zum Teil weit unter diesem Satz und 1,4 Millionen „Aufstocker“ können heute schon von ihrer Arbeit nicht leben.
Die Debatte um das „Lohnabstandsgebot“ soll Spaltung und Konkurrenz zwischen Arbeiter und Erwerbslose tragen. Auch das war mit Hartz IV immer gewollt. Umso wichtiger, dass sich Erwerbslose am 24. Februar am Aktionstag der IG Metall gegen die Ausweitung der Leiharbeit beteiligen. Der Schulterschluss von Arbeitern und Erwerbslosen ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Montagsdemobewegung.

Frischer Wind aus dem Süden
Die Fata Morgana von Korrekturen an Hartz IV kann die Erfahrungen der Menschen mit der wachsenden Armut nicht dauerhaft überdecken. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Volksaufstände in Nordafrika eine große Sympathie bei den einfachen Menschen in Deutschland haben. Sie machen deutlich, dass man „mehr als drei unter einen Hut bekommt“ und im gemeinsamen Kampf auch große Ziele erreichen kann. So sagte neulich eine Passantin: „Ich wünsche mir so einen Umbruch in allen Ländern der Welt.“
Von der länderübergreifenden revolutionären Gärung in Nordafrika geht auch auf Deutschland und den Kampf gegen Hartz IV ein ermutigendes Signal aus.
Sicherlich werden gerade auch Frauen am 8. März, dem Internationalen Frauentag, ihre Empörung über die familienfeindlichen Hartz-Gesetze auf die Straße tragen – in vielen Städten werden die Montagsdemonstranten dazustoßen.
Am 2. 4. 2011 wird sich die bundesweite Montagsdemobewegung zu ihrer 9. Delegiertenkonferenz in Kassel treffen. Eine sehr gute Gelegenheit, den weiteren Kampf zu beraten.    

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