Opel Bochum: Jetzt ist die Belegschaft gefragt

Letzten Montag fand bei Opel in Bochum die Betriebsversammlung zu den Verhandlungsergebnissen der Einigungsstelle statt. Darin wurden erstmals betriebsbedingte Kündigungen und damit offene Massenentlassungen festgeschrieben. Der „Blitz“, die gemeinsame Zeitung von Kollegen für Kollegen aller Opel-Werke und Zulieferer in Deutschland, brachte die Brisanz der Versammlung auf den Punkt: „GM/Opel versucht eine Machtprobe – die können sie haben!“

Rund 1.600 Kollegen, etwa ein Drittel der Belegschaft, nahmen an der ersten massenhaften Auseinandersetzung über diese Erpressung – den
so genannten „Interessenausgleich“ – teil, der beinhaltet: Entweder nimmt es die Belegschaft hin, dass weitere 600 Beschäftigte bis zum 15. August, also drei Tage vor dem Urlaub von ihren Arbeitsplätzen „freiwillig“ verdrängt werden oder sie werden gleich gekündigt (siehe unten).
Vor der Halle führte die Betriebsrats-Initiative „Offensiv“ eine Kundgebung mit reger Beteiligung am offenen Mikrofon durch: „Wir sind die, vor denen man sich fürchten muss. Wer sagt das eigentlich? Die davon profitieren, dass abgebaut wird oder nicht betroffen sind.“ Auch die MLPD sprach und versicherte der Belegschaft volle Unterstützung.
In der Halle versuchte Holger Kimmes für den Vorstand unter Protestbekundungen die dreiste Erpressung zu verteidigen. Er verstünde es bis heute nicht, dass die Belegschaft diese tollen Angebote für einen sicheren Arbeitsplatz oder neue Orientierung nicht annehmen würde. Die Leute seien selber schuld, wenn sie die Angebote nicht annehmen, wir brauchen wieder Ruhe. Die Kapazitäten müssten angepasst werden, das sei alternativlos. Für ihn und den Werksleiter „gab es ein Pfeifkonzert, wie sie es noch nie erlebt hatten“ (Mitteilung von „Offensiv“).
Diese erneute Provokation nahm die Belegschaft nicht hin. Mehrere kämpferische Kollegen hielten sich nicht an die Auflage, vom Saalmikrofon nur Fragen stellen zu dürfen, sondern griffen die Erpressung an:
• Das ist nicht „freiwillig“, sondern Massenmobbing. Man bekommt die Pistole an den Kopf gesetzt.
• Trotz vieler kleiner Zugeständnisse sind die Entlassungen festgeschrieben.
• Der Ausgangspunkt ist, dass sie trotz übelster Methoden seit drei Jahren mit der Belegschaft nicht fertig werden.
• Offene Massenentlassungen sind ein Tabubruch in der deutschen Autoindustrie. GM ist in der Defensive. Das ganze System ist ein toter Gaul und muss in Frage gestellt werden.
Begeisterten Beifall erhielt ein Kollege, der die Zugeständnisse aufs Korn nahm: „Ich bin froh über so eine barmherzige Firma. Sie wollen uns doch nicht ernsthaft weismachen, den Getriebebau aus Menschenfreundlichkeit zwei Jahre länger laufen zu lassen. Sie brauchen die (Getriebe), die werden nicht am Ende des Tages weggeschmissen… Wir haben jahrelang verzichtet, abgegeben, Pausen, Geld usw. Die ticken nicht ganz richtig, jetzt als die Krönung unseren Arbeitsplatz abzugeben, um den Standort zu retten.“
Die wichtigste Auseinandersetzung fand um die Frage des individuellen Auswegs statt. Die angebotenen Abfindungen mögen für den Einzelnen durchaus lukrativ sein. Nicht ohne Grund lässt Opel dafür einiges springen. Sie sollen den Verzicht auf den Kampf um jeden Arbeitsplatz erkaufen und damit die kampflose Aufgabe hunderter Arbeitsplätze, die dann der Jugend fehlen. Wir müssen  um unsere Einheit kämpfen, wurde gefordert. Ein Kollege fasste als wichtigstes Ergebnis der Diskussion zusammen: Sie habe gezeigt, dass es keine Zustimmung zu dem Verhandlungsergebnis geben kann. Es gehe nicht einfach nur um Bochum, sondern um die Opel-Belegschaft als besonderes Vorbild für den Kampf. Auf ihrer Stärke könnten sie aufbauen.
Eine andere Position bezog der Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel im Schlusswort: „Es ist, wie es ist. Der Profit steht im Mittelpunkt. Wir sind allein… Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Unterschreiben oder sofort gekündigt werden und Schließung des Getriebebaus.“
Die Betriebsrats-Initiative „Offensiv“ schreibt: „Die Belegschaftsversammlung am Montag hat deutlich gemacht, dass die Belegschaft nicht bereit ist, sich weiter mobben zu lassen und das Einigungsstellenergebnis einfach hinzunehmen… Es gab viele kritische Zwischenrufe und tosenden Applaus für Kollegen, die die Geschäftsleitung offensiv angegriffen haben. Die Versammlung hat aber auch deutlich gemacht, dass die Betriebsratsmehrheit dieses Ergebnis abnicken und keine Kampfmaßnahmen organisieren wird. Jetzt ist die Belegschaft gefragt.“
Was die Belegschaft nun macht, darüber wird schon breit diskutiert, unter anderem am Mittwoch auf selbständigen Pausenversammlungen.     

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