Glückwunsch für eine mutige Kämpferin!

Glückwunsch für eine mutige Kämpferin!

Brigitte Heinisch bei einer Buchlesung in Berlin

Brigitte Heinisch gewann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Mit einem Riesenerfolg endete der Prozess der Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Mit dem einstimmigen Votum wurde der Bundesrepublik Deutschland ein Verstoß gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechts-Charta vorgeworfen. Die Bundesregierung wird zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro an die Altenpflegerin verurteilt. Damit fand ein jahrelanger Marsch der 49-Jährigen durch die Gerichtsinstanzen ein vorläufiges Ende und eine jahrelange Solidaritätsbewegung ihren Höhepunkt und großen Erfolg!
Brigitte Heinisch hatte als Fachkraft in einem Berliner Altenpflegeheim der Vivantes GmbH die Geschäftsleitung mehrfach auf gravierende Pflegemissstände in dem Heim hingewiesen und ihre bitteren Erfahrungen schließlich in einem autobiographischen Werk „Satt und sauber? Eine Altenpflegerin kämpft gegen den Pflegenotstand“ veröffentlicht. Sie ließ sich in ihrem Kampf gegen die Missstände in der Altenpflege und um ihr Recht auf Kritik daran nicht beirren: Seit sie im Jahr 2002 ihre Arbeit in dem Vivantes-Heim aufnahm und die Zustände dort kritisierte, erhielt sie 2005 eine krankheitsbedingte, später eine fristlose Kündigung. Mit Unterstützung der Gewerkschaft Ver.di klagte sie dagegen vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, dem Bundesarbeits- und schließlich dem Bundesverfassungsgericht – und verlor. Jetzt gab der EGMR der Altenpflegerin Recht. Er stellte das „öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen“ über die rufschädigende Wirkung von Heinischs Vorwürfen gegen Vivantes. Wir sprachen mit Brigitte Heinisch:

Herzlichen Glückwunsch zu deinem Erfolg! Wie geht es dir jetzt?
Ich fühle mich natürlich erleichtert und bestätigt. Super!

Welche Reaktionen gab es bisher auf das Urteil?
Die Reaktionen waren durchweg sehr positiv, außer natürlich vom Arbeitgeberverband. Ich habe mich gewundert, welches Demokratieverständnis ein Herr Hundt (vom Arbeitgeberverband – Red. RF) hat, wenn er sagt: „So etwas darf überhaupt nicht durchgehen! Die Bundesregierung muss Beschwerde einlegen!“ Wo bleibt da die Verantwortung für die Menschen, die in den Heimen gepflegt werden? Die Medien dagegen haben durch die Bank gut Bericht erstattet, auch aus der Sicht der pflegebedürftigen Menschen!

Welche Rolle spielte die große Solidarität?
Ich habe eine breite Unterstützung in meinem Kampf erfahren. Die reichte von links über die Gewerkschaft bis ins bürgerliche Lager. Und natürlich war die Unterstützung durch die Kollegen wichtig. Wichtig war auch die Unterstützung der Montagsdemo und des Solidaritätskreises, in dem wir über das richtige Vorgehen diskutiert haben. Das alles hat mir viel Mut gemacht, das gibt Kraft in einem schwierigen Prozess und hat ihn sicher auch beeinflusst. Ich bin stolz auf diese Unterstützung und danke allen dafür!

Viele Altenpfleger und -pflegerinnen haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie du. Wird sich durch deinen erfolgreichen Kampf etwas in der Altenpflege ändern?
Ich glaube, ich habe mit dem Kampf um mein Recht ein Zeichen gesetzt. Und ich denke mal, es wird ein kleines Stück in die Richtung weisen, dass die Meinungsfreiheit gestärkt wird. Die Kolleginnen und Kollegen erkennen vielleicht, dass sie sich mehr trauen müssen. Vor allem müssen sie im Team gemeinsam vorgehen, gemeinsam lernen und handeln!  

Was willst du jetzt als nächstes machen?
Mein Leben wird sich nicht grundlegend verändern. Ich werde weiter meinen Garten pflegen, mich um meine Familie kümmern. Meine Tochter beendet in diesem Jahr ihre Lehre als Altenpflegerin, mein Sohn will studieren – erneuerbare Energien. Ich selbst bin nach wie vor voll erwerbsunfähig. Ich leide unter Depressionen, bin bis heute sehr krank. Die letzten Jahre haben viel Kraft gekostet. Aber ich bin stolz, dass ich das durchgehalten habe!

Herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

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