Vor 55 Jahren: Der verhängnisvolle XX. Parteitag der KpdSU

aus Rote Fahne 08/2011

RoteFahne08_11.jpgWas den imperialistischen Interventionstruppen nach der Oktoberrevolution von 1917 nicht gelang, was dem Hitlerfaschismus trotz seines Überfalls auf die Sowjetunion 1941 nicht glückte und was die USA auch mit Atombombendrohungen nach dem Weltkrieg nicht zuwege brachten, das geschah 1956 von innen heraus: Die Arbeitermacht im ersten sozialistischen Land der Welt wurde beseitigt, die Wiederherstellung des Kapitalismus begann!

 

Der XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 ist in die Geschichte eingegangen durch eine von Nikita Chruschtschow verkündete Revision des Marxismus-Leninismus, die verdeckt wurde durch einen Überraschungsangriff auf den drei Jahre zuvor verstorbenen Stalin, der als unumstrittener Führer der kommunistischen Weltbewegung und als Klassiker des Marxismus-Leninismus galt. War der Sozialismus bis dahin weltweit im Vormarsch und waren die bürgerlichen Beobachter sowohl durch die unerwartet schnelle Überwindung der Kriegszerstörungen in der Sowjetunion, als auch durch die stetige Erweiterung des sozialistischen Lagers – zuletzt durch die Revolution in China 1949 – hellauf entsetzt, so setzte jetzt eine reaktionäre Gegenbewegung ein. Unter Führung Chruschtschows ergriffen in der Sowjetunion Kräfte die Macht, die im Laufe der folgenden 35 Jahre alle Errungenschaften der sowjetischen Arbeiter und Bauern verspielten und 1991 im völligen wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Zusammenbruch endeten.

 

Der Klassenkampf im Sozialismus

Wie konnte mitten aus der Kommunistischen Partei ein solcher Angriff auf die bislang gültigen und erfolgreichen Prinzipien hervorgehen? Wie konnte Chruschtschow in seinem offiziellen Rechenschaftsbericht verkünden, dass Lenins Imperialismusanalyse überholt sei und Kriege keine Gesetzmäßigkeit des Imperialismus mehr sein würden, wie konnte er in einer üblen Geheimrede am Schluss des Parteitags Stalin als Verbrecher und Mörder verleumden?

Ermöglicht wurde das nur, weil Stalin und die KPdSU das Problem der Weiterführung des Klassenkampfes im Sozialismus nicht umfassend und allseitig erkannt hatten. Willi Dickhut, der Vordenker und Mitbegründer der MLPD, schrieb dazu im April 1982, dass der Fehler Stalins darin bestand, „dass er nicht erkannt hatte, daß sich in den Reihen der Partei eine neue Bourgeoisie verbreitete, eines Typs, den es noch nie gegeben hatte. Diese Bourgeoisie neuen Typs entstand durch die kleinbürgerlich entartete Bürokratie, durch Privilegien, Aufhebung des Parteimaximums, damit Freigabe hoher Gehälter, Förderung des Karrieretums, Unterdrückung ehrlicher Kritik von unten, falsche Machtausübung verbunden mit Übergriffen usw. Nicht die äußeren Wesenszüge der früheren kapitalistischen Elemente waren die Hauptursache, daß der Übergang von der ersten zur zweiten Phase des Kommunismus nicht erfolgen konnte, sondern die inneren Entwicklungstendenzen zur Bildung einer Bourgeoisie neuen Typs.“ („Briefwechsel über Fragen der Theorie und Praxis des Parteiaufbaus“, Stuttgart 1984, S. 282/283)

Über diese Frage kam es in den 1960er Jahren zu einer weltweiten Spaltung der kommunistischen Bewegung. Zu Lebzeiten Mao Tsetungs kritisierte die KP Chinas den Chruschtschow-Revisionismus, verteidigte Stalin und initiierte 1966 im eigenen Land die heute so lautstark verleumdete Kulturrevolution, die sich gegen die auch in China aufkommende neue Bourgeoisie richtete. Die Chruschtschow-Anhänger – in Deutschland die Führung der SED und KPD, später der DKP – übernahmen jedoch die revisionistischen Ansichten des XX. Parteitags und die Hetze gegen Stalin.

 

Verschlossene Augen

Bis zum Zusammenbruch der DDR verschlossen sie die Augen vor der marxistisch-leninistischen Kritik am revisionistischen Weg, obwohl ihre klügsten Köpfe durchaus sahen, was sich abgespielt hatte. So analysierte der von der DKP hoch verehrte Professor Wolfgang Abendroth, der unter anderem im Beirat des DKP-geführten Instituts für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) saß, schon kurze Zeit nach dem XX. Parteitag: „Eine derart dramatische Wirkung, wie sie der 20. Parteitag offenbarte, kann nur in den wirklichen Veränderungen der sozialen und politischen Struktur Rußlands begründet sein … im gleichen Maße, in dem die Industrialisierung voranging, wurde andererseits zum ersten Mal in der russischen Geschichte eine breite Schicht technischer, wirtschaftlicher und administrativer Intelligenz erzeugt, die in die Reihen der Staatspartei eintrat, den rationalen Kern ihrer Ideologie akzeptierte, aber auf die Dauer nach persönlicher Sicherheit und relativer Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und Ausbildung drängen mußte.“ (Wolfgang Abendroth – „Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie“, Neuwied 1972, S. 62–64) Vollkommen zu Recht sah Abendroth darin die Ursache des Chruschtschowschen Vorgehens, das er im übrigen vollkommen billigte.

Während Stalin den Übergang in die zweite Phase des Sozialismus – den Kommunismus – darin sah, die Arbeiter und Bauern auf das Niveau dieser neuen Intelligenz zu heben, wollte diese ihre Privilegien festschreiben und sah sich durch die Diktatur des Proletariats dabei bedroht. In Chruschtschow fand sie ihren Fürsprecher und auf dem XX. Parteitag feierte sie mit der Verurteilung Stalins ihren Sieg.

Grundlegende Lehren gezogen

Während die modernen Revisionisten trotz der nachfolgenden negativen Entwicklung den XX. Parteitag bis heute als Überwindung des „Stalinismus“ feiern, hat die MLPD aus dieser Niederlage des Sozialismus grundlegende Lehren gezogen und die marxistisch-leninistische Grundlage ihrer Arbeit erweitert um die Lehre von der Denkweise. Die von Abendroth behauptete Akzeptanz der proletarischen Ideologie durch die kleinbürgerliche Intelligenz äußerte sich in „marxistisch-leninistischen“ Phrasen – tatsächlich entwickelte sie weiter ihre kleinbürgerliche Denkweise der Trennung von Theorie und Praxis, die in der Realität eine Trennung von Hand- und Kopfarbeit bedeutete und damit Beibehaltung ihrer privilegierten Position. Deshalb hält die MLPD auch an Stalin fest und hat gleichzeitig eine tiefgehende Kritik an von ihm zu verantwortenden Fehlern geleistet – auf konstruktive und revolutionäre Art und Weise! (dk)

 

Kasten: Chruschtschow und Stalin im Jahr 1938. Stalin konnte nicht ahnen, dass Chruschtschow zu den üblen Bürokraten und Karrieristen gehören würde, die später die Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion einleiteten. Auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Jahr 1956 hielt Chruschtschow in einer nichtöffentlichen Sitzung eine Rede, die von Lügen und Verleumdungen über Stalin nur so strotzte und bis heute ein Kerndokument des Antikommunismus darstellt.

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