Was das DKP-„Dreigestirn“ Brenner, Hager, Steigerwald für „unmoralisch“ hält
Hans Heinz Holz, Mitglied der DKP und Herausgeber der „Marxistischen Blätter“, hatte am 2. Februar 2011 in einem Artikel in der „jungen Welt“ unter anderem die Notwendigkeit der Anwendung revolutionärer Gewalt bei der Verteidigung des Sozialismus begründet. Auf diesen Artikel mit dem Titel „Dialektik der Vernunft“ über „Moralität und Historizität“ haben drei führende DKP-Funktionäre am 14. Februar geantwortet und ihm unterstellt, Hans Heinz Holz rechtfertige moralische Prinzipienlosigkeit.
Konkret ging es dabei auch um die Bewertung des Nichtangriffsvertrags mit den geheimen Zusatzprotokollen, das die sowjetische Führung am 23. August 1939 mit Hitlerdeutschland abgeschlossen hatte. Kommunisten haben diesen bisher immer als notwendigen Bestandteil der Strategie und Taktik im Kampf gegen den imperialistischen Krieg verteidigt. Hans Heinz Holz geht auch davon aus, dass der Kampf zwischen dem Sozialismus und der faschistischen Bestie eine Frage auf Leben und Tod war. Er schrieb: „Und draußen stand der Feind“ … hochgerüstet und aggressiv. … Es gibt keine Epoche in der Weltgeschichte, in der eine solche Situation nicht mit harten Maßnahmen der Gegenwehr beantwortet worden wäre und in der nicht auch Unschuldige ihnen zum Opfer fielen.“
Antikommunistisch beeinflusste Attacken
In ihrer gemeinsamen Attacke gegen Holz schreiben Hager, Brenner und Steigerwald:
„Dabei verkennen wir keineswegs die verzweifelte Lage, in der sich die Sowjetunion und ihre Führung unter Stalin befand, die gewiss richtig daran tat, auch mit diplomatischen Manövern so lange wie möglich die faschistische Kriegsmaschinerie aufzuhalten. Doch mit den über Jahrzehnte bestrittenen geheimen Zusatzverträgen zum Ribbentrop-Molotow-Vertrag wurden Grenzen der revolutionären Moral überschritten …“ (kommunisten.eu)
In den Streit hat sich Kurt Gossweiler, ehemals Mitglied der SED und später bis 2001 der PDS, gegen das „Dreigestirn“ eingemischt. Er weist die Anschuldigung zurück: „Dieser Vorwurf erinnert sehr unangenehm an das alte Lied aller Antikommunisten vom Kommunismus als Herrschaft ohne Moral …“.
Laut Gossweiler leugnen die drei „die Tatsache nämlich, dass der Nichtangriffsvertrag die Grundsteinlegung war für die Anti-Hitler-Koalition. Denn dem Abschluss des Nichtangriffsvertrages ging ein jahrelanges Bemühen der Sowjetunion voraus, mit den Westmächten zu einem Vertrag über kollektive Sicherheit zu gelangen, der jeden Teilnehmer verpflichtete, jedem von ihnen sofort mit militärischem Einsatz zu Hilfe zu kommen, der von Hitlerdeutschland angegriffen würde.
Dieses Bemühen begann 1935 mit dem Eintritt der Sowjetunion in den Völkerbund, scheiterte aber 1939 an der Weigerung der Westmächte und Polens, einen alle Seiten gleichermaßen verpflichtenden Vertrag zu unterzeichnen. Und das hatte seinen bösen Grund: Die Westmächte hatten Hitlerdeutschland ja doch dazu erlaubt, den Versailler Vertrag als nicht existent zu behandeln, sich zur stärksten Festlandsmacht in der Mitte Europas aufzurüsten, Österreich, das Sudetengebiet und schließlich die ganze Tschechoslowakei zu annektieren, damit es schließlich die Sowjetunion überfallen und die Sowjetmacht liquidieren sollte, aber selbst so geschwächt sein würde, dass es am Ende ein Diktat der Westmächte hinnehmen musste.“
Diese Absicht hatte der spätere Präsident der USA, Harry S. Truman, offen in einer Rede vor dem Senatsauschuss für Auswärtige Angelegenheiten erklärt: „Wenn wir sehen, daß Deutschland gewinnt, sollten wir Rußland helfen, und wenn Rußland gewinnt, sollten wir Deutschland helfen, damit sich auf diese Art und Weise soviel als möglich gegenseitig umbringen.“
Aus dem Ergebnis der Verhandlungen über die Abgrenzung der Interessensphären zwischen Deutschland und der Sowjetunion auf polnischem Gebiet wurde kein Geheimnis gemacht. Seitens der Sowjetunion war es keine Einverleibung von Polen, sondern die Überwindung eines gegenüber Russland begangenen Unrechts. So Gossweiler: „Die von Polen 1920 geraubten sowjetischen Gebiete holte jetzt die Sowjetführung zurück, womit sie erstens ein von Polen begangenes historisches Unrecht überwand. Diese jetzige Grenzlinie war genau die Linie, die der britische Außenminister Curzon 1919 als Grenze zwischen Polen und Sowjetrußland vorgeschlagen hatte. Zweitens bewahrte diese Grenze diese Gebiete und ihre Bevölkerung davor, von der faschistischen Wehrmacht sofort okkupiert zu werden; drittens gewann die Sowjetunion durch die Verlegung der Grenze nach Westen eine bessere Verteidigungslinie gegen den sicher kommenden deutschen Überfall.“
Der britische Premierminister Winston Churchill kommentierte dieses Grenzabkommen am 1. Oktober 1939 im britischen Rundfunk: „Daß die russischen Armeen auf dieser Linie stehen, ist für die Sicherheit Rußlands gegen die deutsche Gefahr absolut notwendig.“
Zerfall der DKP
Auch wenn die Genossen Holz und Gossweiler insgesamt einen neorevisionistischen Standpunkt vertreten, so haben sie in der Beurteilung von Stalins historischer Rolle vor und im II. Weltkrieg im wesentlichen Recht und das muss gegen antikommunistisch beeinflusste Attacken verteidigt werden. Die DKP hat insgesamt heute nicht mal in der Frage einen klaren einheitlichen Standpunkt, sondern zerfällt zusehends in feindliche Lager.
Die MLPD verteidigt Stalin als Klassiker des Marxismus-Leninismus. Sie kritisiert dabei auch seine Fehler, die es zugelassen haben, dass es unter seiner Führung in der Sowjetunion durch Bürokraten zu Verbrechen kam. Die MLPD verteidigt seine Friedenspolitik vor und nach dem II. Weltkrieg.
„Auch wenn Antikommunisten immer noch behaupten, mit dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt hätten ,die Diktatoren Hitler und Stalin‘ den II. Weltkrieg vorbereitet, bleibt die entscheidende geschichtliche Wahrheit: Der Vertrag sicherte der Sowjetunion und ihrer Bevölkerung fast zwei Jahre Frieden, bevor Hitler-Deutschland ihn brach und im Juni 1941 die Sowjetunion überfiel.
Der Sieg der Sowjetunion über den deutschen Imperialismus war ein historischer Sieg der sozialistischen Gesellschaftsordnung über den Faschismus, über die brutalste Form der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die auf Antikommunismus, Rassismus und offenem Terror aufgebaut war.“ (Revolutionärer Weg 32, S. 107)