Opel-Belegschaft gewinnt Machtprobe!

Bochum (Korrespondenz): Am Dienstag, den 20. September hat der Opel-Vorstand die bereits ausgesprochenen betriebsbedingten Änderungskündigungen von 75 Opel-Kollegen zurückgezogen.

Zuvor ist er von seinem ursprünglichen Vorhaben, 155 betriebsbedingte Kündigungen durchzusetzen, zurückgerudert. Ein Teil wurde innerhalb des Bochumer Werkes versetzt. Statt dann – wie geplant – 75 Kollegen in eine Transfergesellschaft zu stecken, wurde ihnen jedoch die Zwangsversetzung nach Rüsselsheim in Aussicht gestellt. Mit dem erneuten Rückzug hat der Opel-Vorstand eine Machtprobe mit der Belegschaft verloren.

Herzlichen Glückwunsch an die Betroffenen, die ganze Belegschaft und die Solidaritätsbewegung!

Noch vor einer guten Woche hatte der Opel-Personalvorstand gegen hartnäckigen Widerstand der Belegschaft stur auf den Änderungskündigungen bestanden. So erklärte er auf der Betriebsversammlung vom 12. September, dass es in Wahrheit „um mehr als nur 75 Arbeitsplätze geht“, die verschwinden müssten. Auch „300 Arbeitsplätze im Getriebebau“ stünden noch an. Weil die Belegschaft deutlich machte, dass sie das nicht hinnimmt, drohte der Werksleiter offen, „die Forderungen, die hier erhoben werden, könnten der Sargnagel für Bochum sein“. Unter Pfiffen und Gelächter wollte er Druck aufbauen und legte offen, dass an die Regierungsbürgschaften 2009 unter Federführung der Merkel-Regierung die Selbstverpflichtung des Opel-Konzerns zur Durchsetzung der Vernichtung der Arbeitsplätze gebunden war. Außerdem würden „die in Detroit (Konzernzentrale von GM/Opel – Anm. der Red.) genau verfolgen“ , was in Bochum abgeht und das Werk ganz schließen, wenn sich die Belegschaft nicht füge. Da gingen die Tassen hoch.

Schon vor dieser Versammlung wurde eine kämpferische Kundgebung durchgeführt. Die Montagsdemo Bochum übergab die Unterschriften einer Solidaritätsaktion in der Innenstadt. Bei den Diskussionen in der Halle und in vielen Redebeiträgen wurden die Kündigungen, die Verschärfung der Arbeitshetze, die Ausweitung der Leiharbeit und Durchführung von Sonderschichten angeprangert. Aufgebracht forderten Kollegen ein „Ende des Verzichts“.

Belegschaft akzeptierte den Tabubruch nicht

Die Kollegen machten deutlich, dass die Belegschaft einen Tabubruch des Übergangs zu „betriebsbedingten Kündigungen“ nicht akzeptiert. Auf die Erpressung des Werksleiters konterte ein Redner selbstbewusst unter riesigem Beifall: „Du kannst im Sarg schon mal probeliegen!“

Die Stimmung hat sich im Vergleich zu den vorherigen Betriebsversammlungen gedreht“, berichtete eine Opelanerin aus dem Betrieb. Diese Entschlossenheit musste auch die „Bild“-Zeitung am nächsten Tag zugeben. „Ich setze auf Streik“, zitierte sie einen Kollegen. Im Werk rissen die Diskussionen über den Tabubruch und die geplante Verschärfung der Ausbeutung und Arbeitszeitverlängerung nicht mehr ab. Forderungen nach Rücknahme der Änderungskündigungen, Aufkündigung von Lohnverzicht und flexibler Arbeitszeit wurden lauter. Der Betriebsrat lehnte die von Opel verlangten Schichtverlängerungen und Sonderschichten ab.

Solidarität und gemeinsamer Protest wurden täglich weiter organisiert

In ganz Bochum wurde Opel in den letzten Wochen das zentrale Thema. Die Montagdemonstration hatte Initiativen ergriffen für eine Protest- und Solidaritätsaktion mit Unterschriftensammlung und Pressearbeit. Auf einer Veranstaltung der Linkspartei in Bochum vereinbarten MLPD, Linkspartei und der DGB-Vorsitzende der Region Ruhr-Mark, Michael Hermund, zum ersten Gütetermin am 23. September einen kämpferischen Protest zu organisieren. Dazu riefen auch der Betriebsrat und die Vertrauenskörperleitung auf. Die Montagsdemo Bochum hatte sie bereits angemeldet.

Die Solidarität weitete sich in den letzten Wochen noch aus. Betriebsräte und Vertrauensleute aus anderen Betrieben, wie der Betriebsratsvorsitzende Dietmar Kupfer von JCA Bochum oder Ver.di-Vertrauensleute vom Bergmannsheil in Bochum erklärten sich solidarisch. Auf der bundesweiten Montagsdemonstration in Berlin am 17. September konnte sich die Opel-Delegation mit Autobauern von Daimler Sindelfingen, VW Kassel und aus anderen Betrieben austauschen.

Wachsendes Vertrauen in die eigene Kraft

In den letzten Wochen sind der Zusammenhalt und das Selbstbewusstsein der Opel-Kollegen wieder gewachsen. Die MLPD-Betriebsgruppe hatte ihre Überzeugungsarbeit vor und im Werk verstärkt. Kämpferische Initiativen wie die der Betriebsrats-Gruppe „Offensiv“ (Motto: „Arbeitersolidarität ist stärker als Massenmobbing, Spaltung und Erpressung“) sowie ein rauschendes Fest der Geburtstagskasse der Opelaner und ihrer Freunde trugen zum wachsenden Vertrauen in die eigene Kraft bei. Durch die enge Zusammenarbeit mit der MLPD wurden die Kollegen mit antikommunistischen Anfeindungen immer besser fertig.

Es ist zu begrüßen, dass sich inzwischen die reformistische Betriebsratsspitze der Stimmung und den Forderungen der Kollegen angeschlossen hat. Sie hatte sich noch im Frühjahr auf eine Einigungsstelle eingelassen, in der über die „sozialverträgliche“ Vernichtung von 1.200 Arbeitsplätzen verhandelt werden sollte (siehe „rf-news“ vom 18. 3. 11) Diese reformistische Taktik ist gescheitert.

Der Opel-Vorstand weiß: in Verbindung mit einer wochenlangen Prozesslawine hätte er sich ein öffentliches Dauerthema und eine Protestbewegung eingehandelt. Er suchte eine „elegante“ Lösung, um seinen Rückzug zu decken: Er habe eine „positive Resonanz auf den neuen Zafira Sports Tourer“ auf der IAA (Internationale Automobilmesse) wahrgenommen. So kann man eine derbe politische Niederlage in eine gönnerhafte Geste verwandeln!

Jetzt weiter nachsetzen!

Was über die Massenmedien als brandneue Erkenntnis ausgegeben wird, ist für die Belegschaft Schnee von gestern. Denn schon auf der Betriebsversammlung wurde vom Vorstand angekündigt, im kommenden Jahr von 120.000 auf 170.000 Fahrzeuge zu gehen. Nur wollten sie das mit einer drastisch verringerten Belegschaft, einer Steigerung der Arbeitshetze und Ausweitung der Leiharbeit erreichen. Dem wurde ein dicker Strich durch die Rechnung gemacht.

Für die Opelaner gilt es, mit diesem Rückenwind nachzusetzen. Auch die „freiwilligen“ Kündigungen von Kolleginnen und Kollegen bis zum Urlaubsbeginn wurden erpresst. Diese müssen als gegenstandlos erklärt werden und jedem die Möglichkeit gegeben werden, zu den alten Konditionen wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren, wenn er/sie das will. Alle Azubis und Leiharbeiter müssen unbefristet übernommen werden. Da werden noch einige Rechnungen beglichen werden müssen. Aber jetzt darf der Erfolg mit Freunden kräftig gefeiert werden.

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