ERA-Einführung in vielen Betrieben umstritten

Die „Rote Fahne“ befragte dazu Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Betrieben.
Bei Daimler in Sindelfingen und Stuttgart wurde ERA 2007 eingeführt. Als Zugeständnis an die Belegschaft, weil es auch hier Proteste gab, wurde den meisten Beschäftigten erst einmal die Differenz zur ERA-Einstufung und dem bisherigen Lohn bezahlt. Diese Regelung heißt „TIB“, tarifbezogene, individuelle Besitzstandswahrung und wäre dieses Jahr ausgelaufen, bzw. die Ausgleichszahlung wäre künftig mit den Tariferhöhungen verrechnet worden und dadurch nach und nach abgeschmolzen.
In einem Vertrag „Zukunftssicherung Daimler“ wurde unter anderem die „TIB“ verlängert, „sonst hätte es auch bei uns geknallt“, so die Einschätzung von Daimler-Kollegen. Alle, die nach dem 1. 1. 2005 bei Daimler anfingen und auch die Auslerner wurden allerdings nach ERA eingestuft und erhielten 300 bis 400 Euro weniger. „Die haben die Jugend verkauft“, sagen heute noch viele Kollegen.
Eine Betriebsrätin von Daimler in Sindelfingen zu den Protesten bei Ford: „Ich finde das total klasse, wie die sich vor die Jugend stellen. Diese Spaltung hätten wir nicht zulassen dürfen!“
Auch bei Opel in Bochum wurden die neuen Kollegen nach ERA eingestuft, für die „Stammbelegschaft“ gibt es einen Bestandsschutz namens „Regelüberleitung“. Letztes Jahr tönte Opel noch im sogenannten „Master Agreement“, dass sie mit der Aufhebung dieses Bestandsschutzes mehrere Millionen Euro einsparen wollen. Aus Angst vor Protesten auch in Bochum hat sich das Management vor allem seit dem Sieg der Belegschaft gegen die Kündigungen damit allerdings seit längerem nicht mehr aus dem Gebüsch gewagt.
Bei Hoesch in Hohenlimburg sollte ERA vor einem halben Jahr eingeführt werden. Es gab viel Protest, weil Kollegen bis zu 1.000 Euro verlieren sollten. Kollegen sind zum Betriebsrat und haben sich beschwert. Daraufhin wurde versprochen, dass jeder so viel wie vorher bekommt und die Einführung wurde erst mal um ein Jahr vertagt.
Eine Kollegin von ZF-Lenksysteme in Schwäbisch Gmünd berichtet, dass auch bei ihnen ERA 20007 eingeführt wurde und die jungen Leute und die Befristeten bis zu 500 Euro brutto weniger im Jahr haben.
In den Gesprächen wurde deutlich, dass die Kämpfe der Ford-Kollegen vielen Belegschaften Mut machen und auch die Forderung „Kein Lohnabbau – ERA muss weg“ neu beleben. Das muss auch in der innergewerkschaftlichen Diskussion auf den Tisch. Ein Tarifvertrag, der nichts taugt, muss und kann zurückgezogen werden.

Was ist ERA?
Das als „fair“ und „modern“ angepriesene neue Tarifsystem in der Metallindustrie erwies sich seit seiner Einführung ab 2006 als massives Lohnsenkungsprogramm. Berufserfahrung und Berufsausbildung, die bisher als unabdingbare Bestandteile des Werts der Ware Arbeitskraft in die Entlohnung eingegangen sind, werden nach ERA wesentlich geringfügiger als bisher gewichtet.
Die in Stuttgart ansässige Unternehmensberatungsfirma COPREX bzw. MHM-Systems, die allen Firmen ihre Dienste bei der Umstellung auf ERA anbietet, formuliert diese Leitlinie von ERA folgendermaßen: „ERA führt ein Prinzip ein, nach dem das zukünftige Entgelt vom Wert der ausgefüllten Arbeitsstelle und der verrichteten Arbeit abhängt, statt von der Qualifikation und Ausbildung des Arbeitnehmers." (Homepage)
Während zur Dämpfung der Widersprüche bei den Stammbeschäftigten Ausgleichszulagen bezahlt werden, kommen alle Kollegen, die in Zukunft eingestellt oder nach der Ausbildung übernommen werden, von vornherein in die niedrigeren Entgeltgruppen.

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