Stahlarbeiter gehen offensiv nach vorn
Der mehrstündige selbständige Streik am 23. Januar in Krefeld und Dillenburg war der Startschuss, mit dem die Stahlarbeiter den Kampf um jeden Arbeitsplatz aufnahmen.
Es folgt eine Woche selbständiger standortübergreifender Streikaktionen, Demonstrationen, Blockaden sowie Mahnwachen und es entwickelt sich eine breite Solidarität. Als sich bestätigt, dass bereits ein Vertrag für den Verkauf existiert, weitet sich der Kampf aus. In Bochum und in Krefeld tritt die Nachtschicht vom 26. zum 27. Januar in einen selbstständigen Streik, der bis zum 31. Januar anhält. Auch die anderen Standorte in Dillenburg und Benrath streiken am 27. Januar. Es entwickelt sich ein Massenstreik in Verbindung mit einer der größten Arbeiterdemonstrationen der letzten Jahre im Ruhrgebiet mit 4.000 Kollegen in Bochum. Das ist verbunden mit der zeitweisen Blockierung eines Tores und einer Hauptverkehrsader. Es kommen Delegationen aus zahlreichen anderen Stahlbetrieben, von Opel Bochum und noch vielen Belegschaften mehr. Die Diskussion über einen unbefristeten selbständigen Massenstreik an allen Standorten von TKN beginnt.
Die seit Jahrzehnten verankerten Stahl-Betriebsgruppen der MLPD und ihre Genossen stehen mittendrin und helfen den Belegschaften, sich für den Weg der Arbeiteroffensive und gegen die Unterordnung unter Neustrukturierung der Stahlbranche zu entscheiden. Die Landesleitung Nordrhein-Westfalen der MLPD macht den Kampf über eine kämpferische Solidaritätserklärung sofort bundesweit bekannt und ruft zur Organisierung der Solidarität auf. Diese Streiks der Stahlarbeiter könnten zu einem Wendepunkt hin zur Arbeiteroffensive auf breiter Front in Deutschland werden.
Wichtige Kampferfahrungen positiv verarbeitet
Der neue Kampf der Stahlarbeiter ist undenkbar ohne wichtige Kampferfahrungen der letzten Jahre und ihre Verarbeitung mit Hilfe der MLPD. Fast jeder zweite Stahlarbeiter hat schon eine oder mehrere Werksschließungen und den Kampf dagegen hinter sich. Der Kampf von Duisburg-Rheinhausen hat sich tief eingeprägt und ehemalige Rheinhausener standen bei weiteren Kämpfen oft in der ersten Reihe. In der erfolgreichen Tarifrunde im Herbst letzten Jahres setzten die Stahlarbeiter die unbefristete Übernahme der Auszubildenden durch – das stärkte ihr Selbstbewusstsein. Der begonnene Konzernumbau bei ThyssenKrupp 2009 und 2011 forderte den gemeinsamen Kampf aller Stahlarbeiter heraus.
Dies verbindet sich mit dem begonnenen Stimmungsumschwung in den Betrieben seit dem letzten Herbst, der wachsenden Kritik am Kapitalismus und der reformistischen Klassenzusammenarbeitspolitik. Die Kämpfe der Arbeiter nehmen zu und wichtige Klassenlosungen wie nach der unbefristeten Übernahme der Auszubildenden oder dem Kampf um jeden Arbeitsplatz werden aufgestellt. Das zeigte sich bereits in der erfolgreichen Auseinandersetzung um die Rücknahme von Änderungskündigungen bei Opel Bochum, in den wochenlangen Protesten bei Ford gegen die Einführung von ERA, den konzernweiten Aktionstagen bei ArcelorMittal und Manroland. Die länderübergreifende Bewegung für Freiheit und Demokratie genauso wie die Massendemonstrationen und Generalstreiks in verschiedenen europäischen Ländern gegen Krisenprogramme fordern die Arbeiter heraus und beflügeln diesen Stimmungsumschwung. Dabei spielen auch international die Stahlarbeiter eine vorwärtstreibende Rolle, wie z. B. die Kollegen der „Griechischen Stahlwerke“, die seit 1. 11. 2011 im Streik stehen.
Die Angst der Stahlkonzerne und der Kniefall der IGM-Führung
In Bochum und Krefeld wurde nach dem Wochenende 28./29. Januar weiter gestreikt. 1.200 Stahlarbeiter fuhren zur Verhandlung nach Essen und nur ein massives Polizeiaufgebot konnte sie daran hindern, ins Hotel zu gehen. Trotz Absprache zwischen Betriebsratsspitze und dem ThyssenKrupp-Vorstand weigerten sich die Kollegen der Nachtschicht, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie streikten weiter und am Morgen des 31. Januar rief die Kollegenzeitung „Stahlkocher“ zu einem unbefristeten Massenstreik auf. Sie stieß damit auf größte Zustimmung. Fast durchweg nahmen 95 bis 100 Prozent der Kollegen an den Toren die Zeitung.
Der daraufhin zwischen den Konzernvorständen und der IG-Metall-Führung hektisch ausgehandelte „Tarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung“ bedeutet einen regelrechten Kniefall der rechten Gewerkschaftsführer vor den Monopolen. Sogenannte „betriebsbedingte Kündigungen“ sollen ausgeschlossen werden und eine „Standortsicherung“ bis 2015 wurde vereinbart. Mit dem Betrug der Vermeidung „betriebsbedingter Kündigungen“ haben die Stahlarbeiter besonders im Ruhrgebiet jahrelange Erfahrungen gemacht, ob bei BenQ in Kamp-Lintfort, bei Nokia in Bochum oder in den Stahlhütten Rheinhausen, Dortmund und Hattingen. Selbst das Abschieben in eine Transfergesellschaft und dann in die Arbeitslosigkeit gilt nicht als „betriebsbedingte Kündigung“. Die Stilllegung der Flüssigphase in Krefeld 2013 bedeutet die Vernichtung von zirka 500 Arbeitsplätzen und zusätzlich einen weiteren Tod auf Raten auch für andere Stahlbereiche und -werke, da Outokumpu die Produktionskapazitäten nicht braucht. Auch steht die versprochene Übernahme von rund 600 Beschäftigten aus dem Werk Düsseldorf-Benrath nach Krefeld und Bochum in den Sternen. „Dafür haben wir den Kampf nicht aufgenommen, eigentlich müssten wir dies ablehnen und weiter streiken“, so die Stimmung vieler Kollegen. Es kann ja nur faul sein, wenn die Börsianer jubeln und der Chef von Outokumpu dieses Ergebnis als „glänzendes Ergebnis für beide Seiten“ begrüßt.
Tatsächlich zeigt sich gerade in Bochum, wie sehr die Konzernführungen den engen Schulterschluss mit der MLPD und anderen kämpferischen Belegschaften wie den Opelanern fürchten. Das Zugeständnis des Erhalts der Arbeitsplätze in Bochum bis 2016 hat offenkundig deutlich politische Gründe. Eine frühere Schließung des dortigen Werks hätte sofort den gemeinsamen Kampf von Edelstahl und Stahlbereich von ThyssenKrupp herausgefordert, da unmittelbar die Walzwerke von ThyssenKrupp Steel in Bochum auch betroffen wären.
Der Kniefall der IG-Metall-Führung wird von den Stahlarbeitern scharf kritisiert. Schon vorher versuchten rechte Gewerkschaftsführer, den Kampf abzuwürgen und die finnischen Stahlarbeiter zum Sündenbock zu machen. Gleichzeitig versuchten sie Thyssen und Krupp als regelrechte Wohltäter darzustellen, obwohl gerade sie für Profite über Leichen gehen und die Hitler-Faschisten massiv gefördert haben.
Es war ein übles Spaltungsmanöver, dass vor der geplanten gemeinsamen Kundgebung am 31. Januar in Bochum bereits die Busse abgesagt und den Kollegen erklärt wurde, dass die Krefelder wieder arbeiten würden. Gleichzeitig wurde gezielt das Flugblatt zur Information über den Tarifvertrag in Krefeld nicht verteilt, weil damit der schmähliche Verrat bekannt geworden wäre. Den Krefelder Kollegen wurde zudem erzählt, die Bochumer kämen gar nicht. Doch das Spaltungsmanöver ging nicht auf: Die Kollegen aus Bochum kamen im Autokorso, und dass weder die Krefelder noch die Bochumer sich davon abhalten ließen, nach Essen zu fahren, war zweifellos ein Höhepunkt der mehrtägigen Kampfaktionen und der gewachsenen Arbeitereinheit.
Die MLPD-Betriebsgruppen stärken!
Damit es zu einem neuen Massenkampf der Stahlarbeiter kommt, ist eine bewusste Verarbeitungs- und Organisationsphase notwendig. Viele Fragen müssen gründlich geklärt werden: Wer hat sich als Freund, wer als (heimlicher) Gegner erwiesen? Wer führt einen solchen Kampf? Wie kann der Schulterschluss mit den finnischen Kollegen verwirklicht werden und welche Rolle spielt dabei die revolutionäre Weltorganisation ICOR? Warum muss das ganze kapitalistische System in Frage gestellt werden und warum ist der echte Sozialismus die Alternative?
Eines steht auf jeden Fall schon fest: Die Zeit ist reif, sich zu organisieren! Als aktiver kämpferischer Gewerkschafter, Mitarbeiter an der Kollegenzeitung „Stahlkocher“, vor allem aber in den Betriebsgruppen der MLPD.