Frau von der Leyens „unqualifizierte“ Äußerungen zur Tarifrunde
Gesehen bei einer Aktion in Würzburg
„Mächtige“ Kritik musste sich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der letzten Woche gefallen lassen. Der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, wies sie zurecht, sie würde sich mit „unqualifizierten Äußerungen“ zu Wort melden. Der Chef von Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, warf ihr „puren Populismus“ vor, und mehrere Mitglieder aus der Regierungskoalition kritisierten ihre „unklugen Äußerungen“. Frau von der Leyen hätte damit überzogene Erwartungen der Arbeiter und Angestellten geschürt, hieß es.
Was hatte sie sich denn erlaubt, die Frau von der Leyen? Hat sie etwa die 6,5-Prozent-Forderungen der Gewerkschaften unterstützt? Hat sie sich sogar dafür ausgesprochen, dieser Forderung mit Streiks Nachdruck zu verleihen? Nein, natürlich nichts dergleichen! In „Bild am Sonntag“ hatte sie nur gewagt, sich für „spürbare Lohnerhöhungen oberhalb der Inflationsrate“ von „zwei Prozent“ auszusprechen. Dieser schlechte Witz war keineswegs als Faschingsscherz gemeint!
Aber selbst dieser Versuch, die Gegensätze in der diesjährigen Tarifrunde zu dämpfen, war dem Kapitalisten-Chef Hundt schon zu weitgehend. Er las ihr deshalb telefonisch persönlich die Leviten, „dass im letzten Jahr die Tariferhöhungen deutlich über der Inflationsrate gelegen haben“. Dabei ist ihm sicherlich nicht unbekannt, dass sich 2011 laut Statistischem Bundesamt die tariflichen Einkommen lediglich um 1,5 Prozent erhöhten, während die Preise selbst offiziell durchschnittlich um 2,4 Prozent stiegen. In der Metallindustrie wurde das Brutto-Entgelt erst ab April 2011 (also nur für neun Monate!) um 2,7 Prozent erhöht. Davor gab es für die ganze Zeit zwischen Mai 2010 und März 2011 sogar nur eine Einmalzahlung in Höhe von 320 Euro.
Die gewerkschaftliche Kampfkraft muss voll eingesetzt werden
Für Hundt sind die gewerkschaftlichen Forderungen „realitätsfern und kaum ernst zu nehmen“. Umso wichtiger ist, von vornherein die gewerkschaftliche Kampfkraft voll einzusetzen. Die IGM in Bayern machte da schon mal einen richtigen Auftakt: 2.500 Metaller demonstrierten einige Wochen vor dem Auslaufen der offiziellen „Friedenspflicht“, noch bevor die Forderung offiziell aufgestellt ist. Gesamtmetallchef Kannegiesser fordert darüber hinaus sogar von der IG Metall, längeren Arbeitszeiten zuzustimmen, um die „Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhalten“. In der Chemieindustrie stellt der Unternehmerverband sogar provokativ die Forderung nach der 42-Stunden-Woche auf. Das folgt der Linie, die Lasten der Krise verstärkt auf die Massen abzuwälzen.
Eintreten für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
Dagegen ist es notwendig, für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich einzutreten. Die Kurzarbeit und der Abbau der Überstunden 2009 unterstrichen, dass mit Arbeitszeitverkürzung Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen werden können.
Es entwickelt sich auch eine kämpferische Haltung in der Tarifrunde: „Jahrelang haben wir wegen der Krise verzichtet – ich habe Kinder; ich will und kann nicht länger auf die da oben Rücksicht nehmen.“ Oder Kollegen von Opel angesichts erneuter Verzichtsforderungen und Schließungspläne: „Die Empfehlung des IGM-Vorstands von 6,5 Prozent sind das mindeste, sie müssen voll durchgesetzt werden … Der Weg des Verzichts ist entwürdigend und er ist gescheitert.“
Mit gewerkschaftlichen Massenstreiks Schlagkraft erreichen
Umso wichtiger ist, die Tarifrunden gründlich vorzubereiten. Gerade die gleichzeitige Durchführung von Tarifrunden bei Metall, Ver.di und in der Chemieindustrie ermöglicht, in diesen drei Bereichen gemeinsam vorzugehen und mit gewerkschaftlichen Massenstreiks eine hohe Schlagkraft und Durchsetzungsfähigkeit zu erreichen. Wir freuen uns über Korrespondenzen, wie die Tarifrunden bei Metall, im öffentlichen Dienst, in der Chemieindustrie und bei VW vorbereitet werden.