Ausbeutung und Unterdrückung – im Sozialismus verschwunden?

Anfang des Jahres gab es in der „Roten Fahne“ eine spannende Diskussion zur Frage von Demokratie und Diktatur im Sozialismus. In dieser „Roten Fahne“ geht es um eine Auseinandersetzung zur Frage von Ausbeutung und Unterdrückung im Sozialismus.

Ein Genosse kritisiert folgende Formulierung in einem Flugblatt („Montagsdemo aktuell“ 43): „Die MLPD steht für den Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung – den echten Sozialismus.“ Diese Formulierung hält er für grundsätzlich falsch und schreibt: „Im Sozialismus gibt es Unterdrückung – der alten Ausbeuterklasse und aller Versuche, wieder kapitalistische Verhältnisse zu errichten. (…) Die Diktatur des Proletariats ist deshalb auch ausdrücklich Bestandteil unseres Parteiprogramms. Ein ,Sozialismus ohne Unterdrückung‘ würde in der Konsequenz auf die revisionistische Theorie vom ,Staat des ganzen Volkes‘ rauslaufen.
Zu Beginn des Sozialismus wird es auch noch Ausbeutung geben. Schließlich werden wir ja die Kleinbetriebe als wichtige Verbündete der Arbeiterklasse nicht enteignen. Und sie werden das Recht haben, eine kleine Anzahl von Arbeitern einzustellen – und damit auch auszubeuten. Die Besitzer der Kleinbetriebe werden sich mit Hilfe der Arbeiterklasse in einem längeren Prozess davon überzeugen, dass es wirtschaftlich und politisch vorteilhafter ist, sich zusammenzuschließen zu immer größeren Betrieben, bis hin zu sozialistischen, staatlichen Betrieben. Und es wird sozialistische Gesetze geben, die die Rechte der Arbeiter gegenüber den Besitzern der Kleinbetriebe verglichen mit heute ungeheuer erweitern. Die Betriebe werden Steuern an den sozialistischen Staat bezahlen usw. Aber es bleibt zunächst noch kapitalistische Ausbeutung.“

Ausbeutung und Unterdrückung nicht gleich behandeln
Die Kritik an der Formulierung „Sozialismus, eine Gesellschaft ohne Unterdrückung“ ist berechtigt. Das ist in der zentralen Öffentlichkeitsarbeit der MLPD auch seit langem geklärt. So wird der Sozialismus z. B. als „Gesellschaft ohne Ausbeutung und kapitalistischer Unterdrückung“ definiert. Damit wird deutlich, dass es noch eine Unterdrückung gibt, aber es ist keine kapitalistische, also gegen die Massen gerichtete. Oder man spricht von „einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung der Massen“. Etwas anderes ist es mit der Ausbeutung. Auch hier hat der Hinweis des Kritikers etwas Berechtigtes. Trotzdem kann es auf keinen Fall gleich behandelt werden wie die Frage der „Unterdrückung“. Die Unterdrückung der Ausbeuter durch die Diktatur des Proletariats ist im Sozialismus systemimmanent, grundlegend. Die Frage, wie groß ein privatwirtschaftlicher Sektor im Sozialismus sein wird und wie lange er bestehen wird, stellt sich dagegen konkret und ist nicht systemimmanent. Weil es keine grundsätzliche Frage des Sozialismus ist, kann man es auch in der Agitation vernachlässigen. Es gehört nicht zum Sozialismus als System, wenn man allgemein davon spricht, sondern es sind Kompromisse, Zugeständnisse an die konkreten Umstände der Revolution.
Ein weiterer Genosse wendet ein, dass auch in dem Buch „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ verschiedentlich die Formulierung von einer „Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung“ gebraucht wird. Zum Beispiel heißt es auf Seite 111: „Die sozialistische Sowjetunion war den Proletariern und unterdrückten Völkern der ganzen Welt fast 40 Jahre lang Unterstützung und Vorbild in ihrem Kampf zur Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung.“ Auf Seite 150 wird über „die materielle Vorbereitung einer künftigen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung“ berichtet.

Wie Ausbeutung und Unterdrückung ganz überwunden werden …
Aber alle diesen Stellen beziehen sich nicht ausschließlich auf den Sozialismus, sondern auf die Zukunftsperspektive des Sozialismus/Kommunismus bzw. den Kampf darum. Der Kommunismus wird tatsächlich eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen werden. Der Kampf darum wird sich allerdings im Sozialismus fortsetzen, bis in den Kommunismus hinein.
Zuletzt darf man nicht vergessen, dass die Unterdrückung im Sozialismus im Interesse und Auftrag der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt wird. Sie richtet sich gegen eine verschwindende Minderheit von Kapitalisten, Ausbeutern, Kriegstreibern, Faschisten sowie ihrer Helfer und Helfershelfer. Die überwiegende Mehrheit genießt dagegen bis dahin einmalige demokratische Rechte und Errungenschaften. Deswegen kann man im Gespräch durchaus einmal von einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung sprechen. In ihrer Öffentlichkeitsarbeit, im Wahlkampf oder im wissenschaftlichen Zusammenhang achtet die MLPD allerdings auf exakte und unmissverständliche Formulierungen.

Jörg Weidemann

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