Auftragseinbrüche bei einigen deutschen Großkonzernen

Hektische Telefonate der Kanzlerin auch während des Urlaubs mit ihren italienischen oder französischen Amtskollegen signalisieren: die Herrschenden – besonders in Europa – fürchten einen unkontrollierten Zusammenbruch der europäischen Finanzmärkte als Auslöser eines erneuten tiefen Einbruchs in der anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise. Sie sind nach eigenem Bekunden „zu allem bereit“, um dies aufzuhalten.

Die Grundlage dafür ist, dass die Entwicklung der Weltwirtschafts- und Finanzkrise weiterhin durch eine Depression mit negativer Tendenz gekennzeichnet ist. Mehrere Großkonzerne – nach Schlecker und Neckermann E.on, RWE und Telekom – melden Massenentlassungen oder Insolvenzen an.

Der Auftragsrückgang schlägt sich schon in der amtlichen Statistik nieder, die der tatsächlichen Entwicklung immer um zwei bis drei Monate hinterherhinkt. Der Auftragseingang in der Industrie (Produzierendes Gewerbe) fiel im Mai mit 9,7 Prozent, im Inland sogar 18,5 Prozent, besonders heftig aus (www.destatis.de).

Das drückt sich unter anderem darin aus, dass der Stahlkonzern ThyssenKrupp (TK) für zunächst 2.170 von 17.500 Stahlarbeitern ab August Kurzarbeit vereinbart hat, voraussichtlich bis Jahresende. TK reagiert damit auf den Produktionsrückgang der deutschen Stahlindustrie von rund 6 Prozent im ersten Halbjahr. Der Rückgang der Auftragseingänge und Pkw-Bestellungen führt auch bereits zu sinkenden Frachtraten, Kurzarbeit bei Ford sowie der mehr oder weniger offenen Ankündigung von mindestens acht Werksschließungen in der europäischen Autoindustrie.

Siemens steigerte seinen Umsatz im dritten Quartal seines Geschäftsjahres (April–Juni 2012) zwar noch um 10 Prozent zum Vorjahr. Der Auftragseingang ist jedoch um 23 Prozent zum Vorjahr gefallen. Siemens stellt vor allem Investitionsgüter her. Bei der VW-Tochter Scania brachen die Auslieferungen von schweren Lkw im ersten Halbjahr 2012 um 20 Prozent ein, in Europa um 18 Prozent, in Lateinamerika um 25 Prozent und in Asien um 27 Prozent. Im Mai kam es zum stärksten Rückgang seit dem Jahr 2009.

Die gegenwärtige Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat insbesondere die Unterschiedlichkeit der Entwicklung zwischen den imperialistischen Ländern, aber auch innerhalb der Spitzen des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals verschärft.

Die 32 deutschen internationalen Übermonopole, die zu dem Kreis der 500 Größten der Welt zählen, haben ihren Umsatz im Jahr 2011 um 13,7 Prozent auf 2,2 Billionen US-Dollar gesteigert. Das ist fast der Stand des Jahres 2008 von 2,3 Billionen US-Dollar. Damals waren es allerdings noch 39 deutsche Übermonopole. Der Euro war damals stärker gegenüber dem US-Dollar, sodass der Wert auch wechselkursbedingt höher ausfiel („Fortune Global 500“; eigene Berechnung).

Allerdings ist diese Entwicklung alles andere als „erstaunlich robust“, wie es der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in seinem neuesten Konjunktur-Report vom 30. Juli behauptet. Einzelne Konzerne wie Henkel oder Evonik sind aus dem Kreis der größten 500 abgestiegen, weil Konkurrenten sich schneller entwickelt haben, oder sie wurden verkauft wie MAN und Hochtief. Andere wie die Deutsche Telekom oder die Commerzbank liegen noch weit unter dem Stand von 2008.

Größter deutscher Aufsteiger ist VW mit dem erklärten Ziel, auf dem Automobilmarkt die Nr. 1 auf der Welt zu werden. Der Grund sind wachsende Marktanteile auf Kosten der Konkurrenz und die Einverleibung ganzer Konzerne wie der beiden Lkw-Hersteller Scania aus Schweden und MAN.

Die vom BDI gepriesene „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ der deutschen Übermonopole beruht wesentlich auf der wachsenden Ausbeutung ihrer Belegschaften und der umfassenden staatlichen Förderung. Sie steigerten den Umsatz je Beschäftigten 2011 um 14,9 Prozent. Aufgrund ihrer hohen Exportabhängigkeit reagieren sie jedoch empfindlich auf jede Veränderung des Weltmarktes. Deutschland kann sich deshalb nicht der weltweiten Tendenz rückläufiger Wachstumsraten bzw. dem Absinken der Produktion in immer mehr Staaten entziehen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Industrieproduktion in der Eurozone im Mai um 2,8 Prozent gesunken (http://epp. eurostat.ec.europa.eu). Dieser Rückfall ist der Grund dafür, dass sie auch die Eurokrise nicht in den Griff bekommen.

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