Der „Rechtsanspruch“ auf eine U3-Betreuung und die Realität

Anfang dieses Jahres lebten in Nordrhein-Westfalen 437.376 Kinder unter drei Jahren. Es ist davon auszugehen, dass dann auch im nächsten Jahr zum 1. August knapp unter einer halben Million Kinder, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einen „Rechtsanspruch“ auf einen Kindertagesplatz oder eine Kindertagespflege (untergebracht bei Tagesmüttern/Tagesvätern) haben werden.

Unverdrossen erklärt SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – ob im Wahlkampf oder aus dem Urlaub – „wir lassen kein Kind zurück“. In Bezug auf die Kita-Plätze eine bewusste Täuschung, da sich die Bundesländer seit längerem darauf geeinigt haben, lediglich ein gutes Drittel (35 Prozent) der gesetzlich vorgeschrieben Plätze bis zum nächsten Jahr bereitzustellen.

Kleinlaut musste die NRW-Landesregierung letzte Woche nun eingestehen, dass selbst dieses Ziel, dass von vornherein knapp zwei Drittel der U3-Kinder (gut 280.000 in NRW) unversorgt bleiben, nicht mehr zu erreichen sei. Schließlich sei der Aufholbedarf in NRW besonders groß, da es gegenwärtig erst Plätze für ein Viertel (24 Prozent Anfang des Jahres 2012) der U3-Kinder gibt.

Als die Große Koalition in Berlin im Jahre 2008 den „Rechtsanspruch“ für die U3-Betreuung beschloss, war das ein Zugeständnis an die kämpferische Frauenbewegung, die seit langem eine bessere öffentliche Kinderbetreuung fordert. Die „bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, insbesondere eine Entlastung für berufstätige Frauen, sei das vorrangige Ziel des Kita-Gesetzes, heißt es deshalb offiziell. Wie aber soll das geschehen, wenn der „Rechtsanspruch“ bereits für ein Drittel der U3-Kinder gedeckelt ist? Wenn nirgends festgeschrieben ist, wie lang die „Ganztagsbetreuung“ tatsächlich ist und wie weit maximal die Tagesstätte von der Wohnung oder dem Arbeitsplatz entfernt sein darf?

Wenn stattdessen die Qualität der Betreuung systematisch gesenkt wird. In der Realität erhöht sich vor allem für Frauen der moralische Druck, die Probleme individuell lösen zu müssen. Nach dem Motto, der Gesetzgeber hat doch alles Notwendige für dich getan, egal wie die Realität tatsächlich ist. Mit den Plänen des sogenannten Betreuungsgeldes gerät zudem jede Familie und Alleinerziehende unter den Generalverdacht, lieber abkassieren zu wollen statt eine U3-Betreuung in Anspruch zu nehmen.

Die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ erweist sich für die Masse der Frauen als eine Lebenslüge des kapitalistischen Systems und kann nur als gesellschaftliches Problem gelöst werden.

Mit heute bereits 45,1 Prozent wächst der Frauenanteil an den Erwerbstätigen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich auf die 50 Prozent zu. Besonders in den Altersgruppen der Frauen, denen die U3-Kinder zuzurechnen sind, gehen heute bereits mehr als 60 bis über 70 Prozent einer Erwerbstätigkeit nach. Nach einer ILO-Statistik, die auch die Frauen erfasst, die eine Arbeit suchen, aber oft wegen der fehlenden Kita-Plätze nicht erhalten, sind es insgesamt rund 85 Prozent. Die MLPD fordert ein kostenloses und einheitliches Schulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule – dazu gehört selbstverständlich eine flächendeckende Versorgung mit Kita-Plätzen.

Landesleitung MLPD Nordrhein-Westfalen

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