Was ist von der Kampagne der IGM-Führung „Gute Arbeit – gut in Rente“ zu halten?

Seit einigen Monaten läuft die Kampagne der IGM-Führung „Gute Arbeit – gut in Rente“. Sie gibt sich als Alternative zu dem 2007 von der damaligen CDU/SPD-Regierung auf den Weg gebrachten und ab 1. Januar 2012 gültigen Gesetz zur „Rente mit 67“. Schon die Ankündigung dieser „Rentenreform“ stieß vor allem an der Basis der Gewerkschaften auf  massiven Widerstand.
Auf einer Großdemonstration Mitte November 2010 machten über 100.000 Menschen ihrem Unmut Luft. Die gewerkschaftlich organisierten Kollegen warteten danach fast zwei Jahre darauf, wie die IGM-Führung diese Bewegung weiterführen würde. Auf dem IGM-Gewerkschaftstag im Oktober 2011 gab es 30 Anträge gegen die „Rente mit 67“, davon 23, die die „Rente mit 67“ abschaffen wollten. Einige Anträge forderten stattdessen eine Regelrente ab 60, einige ab 63 oder ab 65.
Die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Senkung der Renten ist Bestandteil der früheren „Lissabonner Strategie“ der EU und ihres jetzigen Planes „Europa 2020“. Kanzlerin Angela Merkel verklärte „ein gemeinsames Rentenalter für die gesamte EU“ vor kurzem als Schritt zu einem sozial geeinigten Europa. Da hatten gerade die dänische, niederländische und spanische Regierung beschlossen, das Alter für den Renteneintritt spätestens bis 2020 auch auf 67 Jahre anzuheben. Und die Regierung in London plant für 2020 schon die „Rente mit 68“. Das deckt sich mit „Empfehlungen“ der sogenannten fünf Wirtschaftsweisen in Deutschland, den Renteneintritt auf 68 oder 69 Jahre anzuheben. Noch rigoroser erklärte die EU-Kommission kürzlich sogar die Rente mit 70 oder 71 für unumgänglich. Diese EU-weit gesteuerte Anhebung des Renteneintrittsalters ist ein Kernstück der Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen in Europa.
Wer nun glaubt, dass die Kampagne der IGM-Führung am Protest von 2010 anknüpft, kämpferische Aktionen in den Betrieben vorbereitet und europaweit den Zusammenschluss der Gewerkschaften gegen diese Rentenpläne fördert, wird enttäuscht. Zwar erklärte der zweite Vorsitzende der IG Metall Detlef Wetzel auf einer Pressekonferenz am 16.8.2012, die IGM-Führung werde „alles dafür tun, dass die Rente mit 67 wieder abgeschafft wird“. Das Vorstandsmitglied der IG Metall, Hans-Jürgen Urban, wies auch nach, dass nicht einmal vier Prozent der Beschäftigten über 60 Jahre alt und nur knapp ein Prozent der Beschäftigten über 63 Jahre sind. In Umfragen zu dieser Kampagne hatten 80 Prozent der befragten Betriebsräte außerdem erklärt, „dass die Beschäftigten das gesetzliche Rentenalter nicht gesund erreichen können“.
Detlef Wetzel erläuterte die Ziele der Kampagne dann aber so: „Wir wollen den flexiblen Ausstieg und nicht die Rente mit 67! … Für flexible Übergänge, altersgerechte Arbeitsplätze und solidarische Altersabsicherung! … Unser Alternativmodell zur Einheitsaltersgrenze 67 steht unter der Überschrift: ,Statt Einheitsrente mit 67 für Alle – Wahlmöglichkeiten für Jeden!‘“ Was sich hier so modern anhört, verzichtet in Wahrheit auf eine wirkliche Alternative zur Rente mit 67.
In der vom Vorstand vorgelegten und mit leichten Änderungen verabschiedeten Entschließung E02 auf dem IGM-Gewerkschaftstag ist von einer grundlegenden Ablehnung der Erhöhung des Renteneintrittsalters gar nicht die Rede. Dort heißt es: „Die IG Metall will das ‚Einheits-Modell Rente mit 67‘ durch ein Modell ‚optionaler Übergänge in den Ruhestand‘ ersetzen. Nur ein Teil kann bis zum 65. Lebensjahr und ggf. sogar darüber hinaus (!!) arbeiten.“ Das kann „ein abschlagsfreier Rentenzugang nach 45 Versicherungsjahren“, oder „ein abschlagsfreier Rentenzugang nach 40 Versicherungsjahren ab dem 60. Lebensjahr“ sein, oder „eine neue, öffentlich geförderte Altersteilzeit“. Da die überwiegende Mehrheit der heute Beschäftigten aber kaum noch 40 bzw. 45 Versicherungsjahre erreichen kann, wird damit die Tür für die Rente mit 67 bzw. noch später offen gehalten.
Hintergrund dafür ist, dass die IGM-Führung bei ihren konkreten Vorschlägen wie selbstverständlich von den „Herausforderungen des demografischen Wandels“ ausgeht, wie sie in einem Gutachten eines „Sachverständigenrates“ im Auftrag der Bundesregierung im Mai 2011 beschrieben werden, und die bewältigt werden müssten – nur eben „flexibler“. Für flexible Lösungen ist die IGM-Führung auch bereit, Lohnverzicht zu üben, wie ihre Beispiele von altersgerechten Lösungen in Betrieben zeigt, z. B. bei Hydro Aluminium.
In Wirklichkeit wäre nicht nur eine Rückkehr zur Rente mit 63 bzw. 60 für Frauen, sondern eine Senkung des Renteneintrittsalters auf 60 Jahre bzw. 55 für Frauen dringend erforderlich und finanzierbar. Denn die gesellschaftliche Arbeitsproduktivität ist in den letzten beiden Jahrzehnten enorm gestiegen! Tatsache ist, dass die Zahl der Rentner und Kinder, die nicht erwerbstätig sind, pro Jahr um 0,8 Prozent steigt, während die Produktivität der Beschäftigten um das zwei- bis dreifache steigt. Ungeachtet dieser Fakten wird stattdessen ständig die „steigende Lebenserwartung“ zum Problem erklärt.
Die „flexiblen“ Vorschläge der IGM-Führung gleichen sehr den Wahlversprechungen des „linken“ Flügels der SPD. Die Aussage von Hans-Jürgen Urban: „Deshalb wird die IG Metall die Rente mit 67 zum Wahlkampfthema machen!“, bekommt so einen faden Beigeschmack! Die Kampagne sieht Kampfmaßnahmen nicht vor, und schon gar nicht, sich das Recht auf einen politischen Streik gegen die Rente mit 67 zu nehmen. Das ist aber notwendig, angesichts der dringenden Forderungen:
• Weg mit der Rente mit 67!
• Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer, auf 55 Jahre für Frauen bei vollem Rentenausgleich!
• Einführung einer umsatzbezogenen Sozialsteuer von zirka 6 Prozent – zur Finanzierung aller Sozialversicherungsbeiträge durch die Unternehmen, und dabei vor allem durch die großen Konzerne!

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