Was will die EU wirklich in Mali?

Mali ist ein neuer Brennpunkt im imperialistischen Machtpoker um Rohstoffe und strategische Schlüsselstellungen.

Bilder von glücklichen Menschen gingen um die Welt: Die französischen Kampftruppen wurden als Retter vor islamistisch-faschistischen Banden begrüßt, deren Raubzüge eine Spur von Blut und Mord hinterlassen. Was aber in den Massenmedien als Befreiungsfeldzug propagiert wird, ist in Wahrheit eine schon lange geplante militärische Invasion mit weitreichenden Folgen.

Das Propagandaszenario von der angeblichen Befreiung hat bereits die ersten dunklen Flecken. Der Internationale Dachverband für Menschenrechte (FIDH) beschuldigt die malische Armee eines Rachefeldzuges willkürlicher Exekutionen und  Folter  in den sogenannten „befreiten“ Städten Gao, Timbuktu oder Mopti.

Die angeblich plötzlich notwendige Befreiung durch Frankreich mit Unterstützung der Bundesregierung ist vorgeschoben. Schon seit Monaten sind im zur Sahelzone gehörigen Norden des Landes Hunderttausende Menschen auf der Flucht und kämpfen um das nackte Überleben. 1,8 Millionen Menschen sind seit Jahren von Hunger bedroht. Wo war da die Hilfe? Mit Millionen Euro wurde ein tausende Kilometer langer Grenzzaun im Norden Afrikas gebaut. Tausende kamen bei abenteuerlichen Fluchten um oder hausen in Lagern.

In Westafrika findet eine Zuspitzung der Widersprüche aller imperialistischer Mächte statt. In ihrer unerbitterlichen Konkurrenz ringen sie um die Verfügung über afrikanische Rohstoffe und Machtpositionen. Immer offensichtlicher scheitern die neokolonialen und neoliberalen Formen imperialistischer Unterdrückung.

Übergang zu offen gewaltsamen Formen der Neuaufteilung der Welt
Mali steht für einen Übergang zu offen gewaltsamen Formen der Neuaufteilung der Welt unter den führenden Imperialisten. Die Militarisierung der Außenpolitik der Imperialisten rückt wieder stärker in den Vordergrund.

Das setzte auch in Mali mit dem Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 ein. Seitdem balgen sich die führenden internationalen Bergbau- und Energiekonzerne um die riesigen Rohstoff- und Energiereserven im westafrikanischen Raum. Dort liegen mit die größten Bauxitreserven (Erz für Aluminium) der Welt; ein Goldgürtel erstreckt sich über vier Länder. Es gibt Erdöl und -gas, Phosphat, Kupfer, Diamanten und andere Rohstoffe. Um die Explorationsrechte drängelt sich das Who ist who der weltgrößten Konzerne: Glencor, Rio Tinto und BHP-Biliton (Großbritannien und Australien), Eni (Italien), Areva (Frankreich), CNOOC (China), Shell (Großbritannien/Niedelande), Total (Frankreich) und Chevron (USA), Gazprom, Rosatom und LUIKOIL (Russland) und weitere Konzerne unter anderem auch aus Indien und den Golf-Staaten (Saudi-Arabien, Katar).
Mit dem neuen Einbruch innerhalb der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, der immer drohender am Horizont erscheint, bekommt der Konkurrenzkampf der Imperialisten eine neue Schärfe.

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich setzte nach der Unabhängigkeit der früheren Kolonien in den 1960er Jahren relativ unangefochten die neokoloniale Vorherrschaft in Westafrika fort. Sie hatte ihre Marionetten, um die Massen ruhig zu halten. Gegebenenfalls wurden sie weggeputscht, wenn sie mit anderen Imperialisten liebäugelten. Das funktioniert aber immer weniger, weil die Länder durch die Verschuldung und Ausplünderung immer mehr zerrüttet werden und die dünne Oberschicht gegenüber den aufbegehrenden Massen auf einem Pulverfass sitzt.

Angesichts der offenen politischen Krise in Mali putschten führende Kreise der Armee, am 12. März 2012, ohne das Land Mali aus der Krise führen zu können. Die Region wurde zum verstärkten militärischen Aufmarschgebiet aller imperialistischen Großmächte. Immer mehr und neue imperialistische Mächte strecken ihre Krallen nach Afrika aus.
Frankreich und Großbritannien konzipierten einen Aufmarschplan für ein unmittelbares militärisches Eingreifen zur Sicherung ihrer Rohstoffquellen (v.a. Uran in den Anrainerstaaten von Mali).

Deutschland wollte nicht abseits stehen und initiierte eine „Sahel task force“. Außenminister Westerwelle begründete sie mit humanitärer Hilfe. Ihr Kern ist jedoch die militärische Ausbildung und Aufrüstung der Sahel-Länder.

Die russische Zeitung „Ria Novosty“ berichtete über Operationen Russlands im afrikanischen Raum, so die „Schwimmenden Stützpunkte“ in Form russischer Flugzeugträger vor  den Küsten Afrikas.

Das sozialimperialistische China errichtete Marinestützpunkte zur Absicherung seiner Seewege für den Transport des Warenverkehrs. Dazu gehört auch die Nutzung von Stützpunkten in Oman und Jemen („taz online“ vom 23. 2. 12.)

Die USA, die in der Region bisher außen vor war, hat gegenüber den imperialistishen Konkurrenten aufgeholt. Über Pläne, amerikanische Truppen in 35 afrikanische Staaten zu verlegen, berichtete die Zeitung „Politaia“ vom 25. 12. 2012.

Die EU schickte das westafrikanische Staatenbündnis ECOWAS für die militärische Besetzung vor. Zuerst holte es sich das Ja der UNO, um dann die EU um militärische Hilfe und „Partnerschaft“ zu bitten. Die französiche Regierung fackelte nicht lange und schlug am 11. Januar los. Sie nutzte die weltweite Empörung über die Terrorisierung der Bevölkerung in Nordmali durch marodierende islamistisch-faschistische Banden (siehe S. 6). Zugleich soll der Einfluss von Saudi-Arabien und den Golf-Staaten gekappt werden. Die liefern diesen  Banden schwere Waffen, Panzerfahrzeuge und Handfeuerwaffen, um sie als Brückenköpfe für eigene imperialistische Ziele aufzubauen.

Musterknabe Deutschland?
Ausgerechnet die Bundesregierung spricht jetzt von dringender Hilfe für die malische Bevölkerung: Über ihre Erlaubnis für Rüstungsexporte nach Katar und Saudi-Arabien hat sie aber in Wirklichkeit den islamistisch begründeten Terror mit ermöglicht. Und deren Verbrechen nimmt sie nun zum Anlass, um die Notwendigkeit humanitärer und militärischer Hilfe zu rechtfertigen.

Dass es hier nicht nur um einen kurzfristigen Militäreinsatz geht, an dem sich deutsche Soldaten in einem ersten Schritt mit Ausbildern und Material beteiligen sollen, hat Bundesverteidigungsminister Thomas de Mazière in einem Interview mit der „FAZ“ am 14. Januar deutlich gemacht: „Die Beschlüsse der Europäer sind fristgerecht vorbereitet worden, und jetzt sind wir in einer weiteren Phase der Entscheidungsfindung … bei den Fähigkeiten, bei den Größenordnungen von Soldaten, bei der Anzahl von Waffensystemen kommt es nicht so sehr auf die Zahlen an, die man ins Schaufenster stellt, sondern auf Nachhaltigkeit. Und das heißt eben grundsätzlich nicht nur Einsatzfähigkeit für ein Jahr, sondern länger.“ Im Klartext: Deutschland will ein Wort im Kampf um die Vorherrschaft in der Region mitreden!

Grüne Friedensheuchelei
In Berlin beeilten sich alle Monopolparteien, bei der imperialistischen Aggression wortführend mitzureden. De Mazière mahnte die Grünen, sich ihrer Rolle als Türöffner für Kriegseinsätze weiter würdig zu erweisen: „Es gibt kaum einen Bereich wie die Außen- und Sicherheitspolitik, in dem eine nachwirkende Loyalität an eigene Beschlüsse geboten erscheint. Rot-Grün hat Deutschland einst in diesen Einsatz geführt. Und das ist für mich ein entscheidender Grund, warum ich mehr Zustimmung erwarte, vor allem von der Führung der Grünen.“ Er trat bei Jürgen Trittin  offene Türen ein: „Deutschland sollte Anfragen seiner Partner oder der EU für Unterstützung – zum Beispiel im Bereich der Logistik oder bei der Ausbildung – konstruktiv prüfen.“ (www.spiegel.de vom 14. 1. 13) „Konstruktive“ imperialistische Aggression, dafür steht die Spitze der Grünen! Anders wäre auch eine Regierungsbeteiligung, weder mit der SPD noch mit der CDU, denkbar.

Es kann für die Völker keine nachhaltige Befreiung mit imperialistischer Hilfe geben! Deshalb: Rückzug aller fremden Truppen aus Mali!

Wer dagegen – auch aus gut gemeinten Gründen – dafür eintritt, man müsste wenigstens erst mal die Menschen vor dem faschistischen Terror retten, tauscht ein Übel gegen das andere ein. Dafür sind der Irak oder Afghanistan eine Warnung. Aktuell sind die Kräfte gegen den Imperialismus noch nicht stark genug sind, um den Imperialisten entscheidend Einhalt zu gebieten. Wesentliche Verantwortung dafür tragen die imperialistischen Kräfte, die oft mit NGOs, die selbständige Bewegungen der Massen demoralisieren, desorganisieren und desorientieren und tödliche Illusionen in die imperialistischen Kräfte schüren.

Im selbständigen Kampf gegen Imperialismus und reaktionäre Kräfte liegt der einzige Weg.

Es gibt das Potenzial einer revolutionären Weltkrise. Auch  der ganze Kontinent Afrika ist in Aufruhr geraten: So in den Magrebh-Staaten von Marokko bis Ägypten, in Südafrika, wo sich die Bergarbeiter erheben, in vielen Ländern gibt es einen Aufschwung der kämpferischen Frauenbewegung, die sich von den Fesseln – oft noch feudaler – Unterdrückung frei macht. Es gibt starke militante Bauerngewerkschaften und Kooperativen von Kleinbauern in ganz Afrika. Sie stemmen sich gegen internationale Nahrungsmittelkonzerne, die ganze Länder aufkaufen und die Umwelt ruinieren.

Afrikas Massen im Aufruhr und Aufschwung
Afrika ist kein „vergessener Kontinent“, wie er geringschätzig von den reaktionären und arroganten Vertretern einer sich über Jahrhunderte überlegen fühlenden weißen Herrenrasse bezeichnet wurde. Es ist vor allem ein junger Kontinent. Mehr als die Hälfte der 900 Millionen Afrikaner sind unter 25 Jahre alt. Die Masse der Unterdrückten sucht nach einem Ausweg. Der eigentliche Frontverlauf besteht zwischen dem allein herrschenden internationalen Finanzkapital und den Millionen Unterdrückten.

Damit sie eine gemeinsame starke Kraft in der Entfaltung einer revolutionären Weltkrise werden, müssen die vorhandenen Kräfte gestärkt werden. Es gibt marxistisch-leninistische Kräfte in Westafrika. Davon haben drei inzwischen Kontakte zur MLPD. Die ICOR Afrika wird in diesem Jahr eine wichtige Kontinentalkonferenz im Juni in Südafrika mit Vertretern revolutionärer und marxistisch-leninistischer Parteien aus Afrika durchführen.

Die MLPD unterstützt diesen zukunftsweisenden Weg. Sie bezieht in Deutschland klar Position gegen imperialistische Aggression und tritt für den Aufbau einer antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront in den westafrikanischen Ländern ein. Sie arbeitet mit allen Kräften zusammen, die an diesen schwierigen großen Aufgaben mitwirken. Die Plünderung von Rohstoffen für die Profitwirtschaft, Hunger, Elend und Kriege auf dem Rücken der Völker werden auf diesem Erdball erst mit der erfolgreichen internationalen sozialistischen Revolution verschwinden.     

Wolf-Dieter Rochlitz

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