Internationaler Frauentag in frauenbewegten Zeiten

Liebe Frauen und Mädchen, Leserinnen und Leser der „Roten Fahne“, selten gab es zu einem Internationalen Frauentag so reichhaltigen „Stoff“ neuer Erfahrungen und Ausblicke der kämpferischen Frauenbewegung:

Neue Frauenmassenbewegungen gegen Gewalt an Frauen, Massendebatten in Deutschland über den Kampf gegen den alltäglichen gesellschaftlichen Sexismus, gefestigte Organisiertheit der kämpferischen Basisfrauen – ein Jahr mit viel Potenzial für den Kampf für die Befreiung der Frau. Clara Zetkin – die Initiatorin des Internationalen Frauentags würde sich freuen! Vor 103 Jahren ergriff sie die Initiative für diesen Kampftag, von dem es im Aufruf unter anderem hieß: „Der Frauentag muß einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten.“ Heute nehmen die Kämpfe von Frauen zunehmend Massencharakter an und sind Bestandteil des sich herausbildenden Potenzials einer revolutionären Weltkrise.

Massenproteste von Millionen Frauen in Indien gegen Massenvergewaltigungen und Gewalt an Frauen, die sich am 14. Februar mit Aktionen in über 200 Ländern zu „one billion rising“ verbanden. Internationale Industriearbeiterinnen treten eindrucksvoll ins Rampenlicht mit Massenstreiks von Textilarbeiterinnen in Bangladesch oder aktuell mit Streiks von 20.000 Arbeiterinnen in einer kambodschanischen Sonderwirtschaftszone internationaler Textil- und Schuhkonzerne. Frauen in arabischen Ländern stehen an der Spitze der zweiten Welle der demokratischen Aufstandsbewegung: Straßenblockaden von 4.000 Frauen in Pakistan, Demonstrationen in Kairo/Ägypten gegen Übergriffe auf Frauen bei Demonstrationen der Aufstandsbewegung.

Im Bundestagswahlkampf überschlagen sich die bürgerlichen Parteien mit Wahlkampfversprechungen für Frauen und Familien. Am 12. März soll gar ein Familiengipfel stattfinden, auf dem die „Charta für familienbewusste Arbeitszeiten“ des Familienministeriums bilanziert werden soll. Die gesellschaftliche Realität straft die schönen Worte Lügen. Die andauernde Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat die Lage der Massen und im Besonderen der Frauen und Familien auch in Deutschland erheblich verschlechtert. Der Anteil der erwerbstätigen Frauen in Vollzeitjobs ist seit 1991 von 61 auf 41 Prozent geschrumpft, Jobs unter 20 Stunden die Woche machen fast ein Drittel der Frauenbeschäftigung aus. Das liege an immer noch fehlenden oder unpassenden Kinderbetreuungsangeboten, so eine Sprecherin der Hans-Böckler-Stiftung, die dies ausgewertet hat1. In fast allen Bundesländern scheitern derzeit die Pläne, bis zum Sommer einen Rechtsanspruch für die Betreuung unter dreijähriger Kinder zu garantieren. Weiterhin liegt der Bruttomonatsverdienst von Frauen um 21 Prozent niedriger als der von Männern2. 40 Prozent der alleinerziehenden Frauen in Deutschland sind von Hartz IV betroffen3. Weltweit sind 70 Prozent der Menschen in absoluter Armut weiblich4.

Das wirft ein Schlaglicht auf die Frauenfeindlichkeit dieses kapitalistischen Systems. Aber auch auf die notwendige Antwort, sich im Kampf gegen die sich verschärfende doppelte Ausbeutung und besondere Unterdrückung der Masse der Frauen international zu organisieren.

Die MLPD ist eine Pionierin vieler der heutigen Massenauseinandersetzungen: Der Bedeutung des Kampfs um die Befreiung der Frau als Bestandteil – und zugleich eigenständige Kraft im Kampf für eine von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft, des Kampfs gegen den gesellschaftlich verbreiteten Sexismus, aber auch den gegen den modernen Antikommunismus zur Verhinderung einer überparteilichen Frauenbewegung, des internationalen Zusammenschlusses, der Einbeziehung der Mädchen – und einer echten Frauenförderung. In dem Maße, wie die Frauenmassenbewegung zunimmt, wächst auch die Suche nach Orientierung und Perspektive und deren Notwendigkeit. Der 8. März ist eine gute Gelegenheit, dies zu intensivieren:

• Da gilt es mit „falschen Fährten“ für die gesellschaftlichen Grundlagen der Ungleichheit der Frau fertig zu werden. So, wenn Alice Schwarzer aktuell schreibt, dass „der Geschlechterwiderspruch eben das Grundraster sei, auf dem alle anderen Ungleichheiten aufbauen“5. In einer Situation, in der immer stärker gesellschaftliche Zusammenhänge deutlich werden, sich die Verbindung von Arbeiter- und Frauenbewegung festigt und die wachsende Offenheit für den Sozialismus auch der Frauenbewegung neue Perspektiven gibt, führt das einzig und allein zur Spaltung! „Die besondere Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen ist systemimmanent, weil die bürgerliche Familienordnung das notwendige, für das System unverzichtbare Gegenstück zur kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit ist“, schreibt Monika Gärtner-Engel in ihrem Beitrag zur „Revolution“ auf dem 10. Frauenpolitischen Ratschlag. Die richtige Antwort gegen diese Spaltung von Frauen und Männern ist es z. B., wenn gegen ihre Entlassung kämpfende Textilarbeiterinnen in Peru sich eng mit der 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz (und anders herum) verbinden im Sinne des gemeinsamen Kampfes, aber auch in kritischer Auseinandersetzung untereinander.

• Da gilt es, mit Einschüchterung und extremer Repression gegen Frauen fertig zu werden. Die Ermordung der drei kurdischen Freiheitskämpferinnen Sakina, Fidan und Leyla in Paris macht deutlich, wie sich das allein herrschende internationale Finanzkapital auf Unterdrückung und Niederschlagung des Kampfs um die Befreiung der Frau und die internationale Revolution ausrichtet. Völlig zu Recht sind am 9. März Massendemonstrationen zum Gedenken an diese Frauen und als Zeichen, den Kampf weiter zu führen, geplant.

„Die Liebe“ für Frauen und Familien hört aber auch beim deutschen Familienministerium und der Ministerin Schröder dann auf, wenn Frauen kämpferisch und selbständig denken und handeln. Und wenn sie sogar offen sind für eine befreite Gesellschaft wie der Frauenverband Courage, dann wird die Extremismusklausel, die eigentlich gescheitert war, wieder herausgezerrt. Dem Verband wurde die Gemeinnützigkeit entzogen – mit der Begründung, dass er im Verfassungsschutzbericht im Zusammenhang mit der MLPD genannt wird. Wie wahrheitsgetreu diese „Quelle“ über den überparteilichen Charakter dieses Verbandes berichtet, lässt sich in Zeiten des NSU-Skandals leicht vorstellen.

• Da gilt es, neben dem Angriff auf die offenen Formen der Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen auch die subtilen Formen der kleinbürgerlich-sexistischen oder kleinbürgerlich-feministischen Denkweise anzugreifen, die als Bestandteil des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise vom Kampf um die Befreiung abhalten sollen. Fertig zu werden mit der Wirkung der kleinbürgerlich-sexistischen Denkweise, als Frau allen gefallen und es allen recht machen zu wollen – oder mit der kleinbürgerlich-feministischen Illusion, die Befreiung der Frau sei erreicht, wenn man sich selber nur offensiv verhält – das hilft, neue Frauen zu organisieren. Dass 80 Prozent der Deutschen „der aktuellen Debatte zum Thema Sexismus große Bedeutung beimessen“6 zeigt, dass auch hier einiges in Bewegung geraten ist.

• Da gilt es, die Organisiertheit der Frauen zu steigern, damit all die oft noch spontanen Massenbewegungen in einen nachhaltigen und perspektivischen Kampf münden. Dieser Frauentag wird beitragen, dass Frauen, die aktiv bei „one billion rising“ waren, die über den Sexismus debattieren, sich dauerhaft organisieren, etwa im überparteilichen Frauenverband Courage. Mit den Beschlüssen der 1. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen 2011 in Venezuela über die drei internationalen Kampftage und zur nächsten Weltfrauenkonferenz 2016 wurde eine höhere Qualität des internationalen Zusammenschlusses mit verbindlicher Kooperation und Koordination der internationalen kämpferischen Frauenbewegung organisiert. Immer mehr Frauen, die an der Spitze bedeutender Kämpfe stehen, übernehmen heute aktive Verantwortung für die Weltfrauenbewegung: So die Stahlarbeiterfrauen von Aspropirgos in Griechenland, die den monatelangen Streik der Stahlarbeiter mit geführt und die internationale Koordinierung und Solidarität der Kämpfe der Stahlarbeiter voran gebracht haben.

• Da gilt es, Beschränkungen, die sich auch die Frauenbewegung manchmal selbst auferlegt, zu durchbrechen. Mit dem 10. Frauenpolitischen Ratschlag manifestierte sich eine neue Qualität der kämpferischen Frauenbewegung in Deutschland, die die ganze Bandbreite „von Religion bis Revolution“ repräsentierte. Sie trotzte entschlossen antikommunistischen Spaltungsversuchen und überwand Beschränkungen des Zusammenschlusses etwa auf sozialistische/ kommunistische oder proletarische Frauen.

Stärkt an diesem 8. März MLPD und REBELL, die überparteilichen Frauenorganisationen und den Weltfrauenprozess!

In diesem Sinne einen kämpferischen 8. März 2013!

Gabi Gärtner, Frauenpolitische Sprecherin der MLPD

 

1 Studie der Hans-Böckler-Stiftung „tageszeitung“, 4. 3.13

2 www.lohnspiegel.de

3 Europäischer Sozialfonds

4 „Armut und Armutsrisiko von Frauen und Männern“, Berlin 2012

5 www.aliceschwarzer.de, Editorial „Wieder mal zurück auf Null?“, Januar 2013

6 Emnid-Umfrage, Ende Januar 2013

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