Eine Schlappe für den Verfassungsschutz und seinen bizarren Spitzel
MLPD erfolgreich gegen Verfassungsschutz
Eiskalter Wind pfiff den Demonstranten um 8 Uhr morgens vor dem Landgerichts Essen um die Ohren. Mitglieder und Freunde der MLPD, Montagsdemonstranten, Frauen vom Frauenverband Courage und andere bekundeten ihre Solidarität mit der Klage der MLPD gegen führende Verfassungsschützer. In deren Buch „Linksextremismus – Deutschlands unterschätzte Gefahr“ verleumden sie die MLPD als „politische Sekte“ und dichteten ihr einen Personenkult um ihren Vorsitzenden Stefan Engel an. Es stand der zweite Verhandlungstermin an, nachdem bereits der erste am 4. Oktober 2012 für die Autoren und den Schöningh-Verlag eine Niederlage wurde. Harald Bergsdorf, bis 2005 Referent im Thüringer Innenministerium und Rudolf van Hüllen, bis 2006 Refereratsleiter im Bundesamt für Verfassungsschutz hatten als Quellen ihre eigenen Verfassungsschutzberichte angegeben. Die verhandlungsführende Richterin Dr. Jutta Lashöfer bezweifelt die Seriosität dieser Berichte und akzeptierte sie schon gar nicht als Beleg. Sie forderte „Belegtatsachen“ bzw. Beweise ein.
Beginn einer Realsatire
Beim zweiten Termin fehlten schon mal ein Vertreter des Verlags und Bergsdorf. Nur van Hüllen mit zwei Anwälten waren da. Als sich der Saal füllte, waren neben den Beklagten und den Klägern, vertreten durch Stefan Engel, die stellvertretende Parteivorsitzende Monika Gärtner-Engel und die Anwälte Peter Weispfenning und Frank Stierlin 55 Besucherinnen und Besucher im Raum. Darunter Vertreter der „Süddeutschen Zeitung“, der „Taz“, „WAZ“ und der „Roten Fahne.“ Sie alle sollten eine wahre Realsatire erleben.
Die Beklagten präsentierten ihren lange geheim gehaltenen „No-Name-Zeugen“. Es ist der 57-jährigen Arbeitslose Ulrich Baursch aus Köln. Er war 2010/11 knapp 1,5 Jahre Mitglied der MLPD. Es ist der einzige „Zeuge“, den der „Verfassungsschutz“ nach monatelanger Recherche für seine seit Jahrzehnten verbreiteten Behauptungen, auftreiben konnte! Nach eigener Aussage habe sich der „Zeuge“ aber auch erst nach Erscheinen des Buches gemeldet. Ein weiterer Beleg für die Haltlosigkeit der darin erfundenen Behauptungen über die MLPD.
Schritt für Schritt arbeitete sich das Gericht drei Stunden durch die Befragung, die sich mit drei antikommunistischen Behauptungen auseinandersetzte: nämlich, dass es bei den Mitgliedern der MLPD angeblich unangekündigte Kontrollbesuche durch Funktionäre gebe, dass sie einem Zwang zu Spenden ausgesetzt seien und dass den Mitgliedern der MLPD eine sektenartigen Selbstisolierung aufgezwungen werde und Kontakte außerhalb der Partei unterbunden würden.
Sachlich berichtete die „TAZ“ über den Auftritt des „Zeugen“ bzw. Spitzel: „Ulrich B. soll belegen, dass Neumitglieder, wie in dem Buch behauptet, ,mit unangekündigten Kontrollbesuchen durch Funktionäre überzogen werden, um ihre Lebensverhältnisse auf Einflussmöglichkeiten des Klassenfeindes zu untersuchen und auch Lebensgefährten und Freunde entweder in die MLPD zu ziehen oder sozial zu isolieren‘. Doch die Beweisführung klappt nicht: Er muss einräumen, nur davon gehört zu haben. Persönlich erlebt hat der ganz in schwarz gekleidete Mann mit dem geröteten Gesicht einen solchen Kontrollbesuch nicht: … Das einzige, was Ulrich B. konkret zu berichten weiß, dass er selbst potenzielle MLPD-Interessenten in ihren Wohnungen aufgesucht hatte: ,Das nennt sich Parteiaufbauarbeit‘. Richterin Lashöfer ist irritiert: ,Was hat das mit Kontrolle zu tun?‘“
Drei Vorurteile – drei Hirngespinste
Aus den „unangekündigten Kontrollbesuchen von Funktionären“ wurden so – bei näherer Betrachtung – ganz normale und für jede Partei übliche Betreuungsbesuche von Parteiinteressenten.
Die angeblich mit moralischem Druck beigebrachten Spenden erwiesen sich als selbstverständliche Spendensammlungen einer Partei, die bewusst keine Finanzierung aus Steuergeldern, sondern freiwillige Eigenfinanzierung praktiziert. Und die zudem von Banken aus antikommunistischen Motiven boykottiert wird.
Die Anwälte der MLPD stellten den Antrag, dass der MLPD-Vorsitzende persönlich zu den Behauptungen über interne Vorgänge antworten kann. Das leuchtete nach einigem Hin und Her auch der Richterin ein. Stefan Engel widerlegte sämtliche Verdrehungen des Spitzels und des Anwalts des „Verfassungsschutzes“. Ein Anwalt, der übrigens auch Ex-Bundespräsident Christian Wulff vertritt. Dass so jemand Ahnung von Bestechung und Vetternwirtschaft hat, sei unterstellt. Was er über die proletarische Finanzpolitik der MLPD von sich gab, war allerdings durch völlige Ahnungslosigkeit bzw. böswillige Verdrehung geprägt.
So seine Unterstellung, dass in der MLPD Dauerspenden angesagt seien. Der Begriff „Dauerspender“ bezieht sich, wie Stefan Engel erklärte, auf Menschen, die sich mit der MLPD verbunden fühlen, ohne Mitglied zu sein. Ihnen bietet die MLPD an, einen monatlichen Beitrag zu spenden. Die Höhe legen die Dauerspender selbst und natürlich aus eigener Überzeugung fest.
Zuletzt entpuppte sich die angebliche soziale Isolierung, in die die MLPD ihre Mitglieder treiben würde, als reines Hirngespinst, bestenfalls persönliches Problem des Spitzels selbst. Er bestätigte sogar, dass viele Parteimitglieder in vielen (Selbst-)Organisationen bis hin zum DGB aktiv sind. Zum absurden Vorwurf der Selbstisolierung sagte Stefan: „Eine Partei, die sich isoliert, macht sich doch selbst kaputt“.
Der Rechtsanwalt der MLPD, Peter Weispfenning, brachte die antikommunistische Taktik der Gegenseite so auf den Punkt: „Völlig normale Vorgänge des täglichen Lebens in jeder Partei auf der Welt werden verdreht und so mit einem neuen antikommunistischen Inhalt und negativem Beigeschmack versehen. Das soll auf Unkundige abschreckende Wirkung haben.“
Fragen über den angeblichen „Zeugen“ blieben offen
Immer, wenn der Spitzel Aussagen belegen sollte, zog er sich auf die Behauptung zurück, dass es „auf ihn so wirkte“, aber dass er das nicht von anderen Mitgliedern sagen könne. Wie Ulrich Baursch eigentlich Kontakt zum „Verfassungsschutz“ bekam, welche eventuell auch finanziellen Motive ihn bewogen haben und ob er ein Agent des „Verfassungsschutzes“ sei, blieben unbeantwortet.
Auch die Frage seiner angeblichen Bedrohung durch die MLPD blieb offen. Dabei wäre interessant gewesen zu erfahren, wie die MLPD jemand bedrohen sollte, dessen Identität sie erst Wochen nach dem angeblichen Drohanruf erfahren durfte. Der Spitzel unterstrich seine Glaubwürdigkeit noch mit der Räuberpistole, er habe sich nach Kenntnisnahme der Klageschrift im Internet das Buch besorgt, gelesen und dann am 1. August 2012 an den Schöningh-Verlag gewandt. Der Haken: die Klage wurde erst am 31. Juli 2012 um 18.18 Uhr im Netz veröffentlicht. Der Mann ist blitzschnell!
Richterin Jutta Lashöfer gab für den 11. April die Verkündung des Gerichts bekannt.
In einer anschließenden Kundgebung werteten rund 60 Versammelte zusammen mit Stefan Engel und den Anwälten den Tag aus. Es war eine kämpferisch-optimistische Stimmung. Hatte der Prozess doch einmal mehr demonstriert, wie kläglich die Beschuldigungen des modernen Antikommunismus sind. Eine Teilnehmerin meinte gegenüber der „Roten Fahne“: „Mehr als diesen einen merkwürdigen Zeugen konnten die Staatsschützer nicht bringen. Wenn das alles ist, was die auf der Pfanne haben, dann ist es um diesen Staat wahrlich schlecht bestellt …“
Sollte nach diesem eindeutigen Prozessverlauf das Urteil gegen die MLPD ausfallen, dann kann dies nur politische Gründe haben.