Mit fremden Federn …

… schmückt sich die SPD bei Feierlichkeiten zum 100. Todestag von August Bebel. Der Gründervater der SPD, der am 13. August 1913 im Alter von 73 Jahren starb, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen könnte, was aus dieser Partei geworden ist.

August Bebel kam aus sehr armen Verhältnissen, erlernte das Drechsler-Handwerk und erwarb sich in zähem Selbststudium ein umfangreiches Wissen. Dazu nutzte er auch die langen Gefängnisaufenthalte, zu denen ihn das Kaiserreich unter seinem glühend antikommunistischen Kanzler Bismarck immer wieder verurteilte.

Schon früh fand er den Weg zur revolutionären Arbeiterbewegung und orientierte sich dabei besonders an Karl Marx und Friedrich Engels, was zahlreiche Besuche und ein intensiver Briefwechsel belegen.
Solche revolutionären, marxistischen Wurzeln hat die SPD längst ausgerissen – Arbeiter kann man in ihren Führungsriegen inzwischen sowieso mit der Lupe suchen.

August Bebels berühmtestes Buch wurde „Die Frau und der Sozialismus“. Darin prangerte er faktenreich die besondere Unterdrückung der Frau in der Klassengesellschaft an und machte sich für die Befreiung der Frau im Sozialismus stark. Dabei stellte er auch den Zusammenhang zur sozialistischen Revolution her und schrieb: „Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit und Gleichstellung der Geschlechter.“

Sein späterer Nachfolger im SPD-Vorsitz, Gerhard Schröder, befand derlei Fragen als „Gedöns“. August Bebel war auch einer der allerersten, der sich gegen die Diskriminierung Homosexueller einsetzte und die Abschaffung des § 175, (1), forderte.

Viele Jahre trat er als glänzender Redner im Parlament entschieden gegen die imperialistische Politik des deutschen Reiches auf, prangerte dessen Verbrechen in den Kolonien an – ob in Südwest-Afrika (dem heutigen Namibia) oder in China. Er verweigerte Kriegskredite schon für Flottenaufrüstung und den deutsch-französischen Krieg 1870 und lehnte die Annexion Elsass-Lothringens ab. Dafür wurde er als „Vaterlandsverräter“ beschimpft und verurteilt. Entschieden verteidigte er aber die revolutionäre Gewalt, die die französische Arbeiterklasse in der Pariser Kommune verwirklichte. Nachdem diese in einem brutalen Gemeinschaftswerk Bismarcks mit dem französischen Kaiserreich im Blut erstickt wurde, rief er im Parlament: „Wenn auch im Augenblick Paris unterdrückt ist, dann erinnere ich Sie, dass der Kampf nur ein kleines Vorpostengefecht ist … und dass der Schlachtruf des Pariser Proletariats: Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Tod und Not dem Müßiggang der Schlachtruf des gesamten Proletariats sein wird!“

Die Pariser Kommunarden wären für die heutige SPD allesamt „internationale Terroristen“. Dagegen kann sich der deutsche Imperialismus bei Rüstungsexporten, Kriegen auf dem Balkan, in Afghanistan oder Mali auf die SPD jederzeit verlassen.

Auseinandersetzungen zwischen dem Festhalten an einer revolutionären Perspektive und dem Weg zu einer reformistischen Partei gab es in der SPD schon zu Bebels Zeiten. Als sich die von ihm mit gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei 1875 mit dem von Ferdinand Lassalle reformistisch geprägten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein beim Gothaer Parteitag zusammenschloss, war August Bebel wieder einmal inhaftiert. Und so erfuhr er erst im Nachhinein von der prinzipiellen Kritik von Marx und Engels am Gothaer Programm, das von Wilhelm Liebknecht verantwortet wurde. Aber obwohl Bebel die marxistische Kritik daran richtig fand, ließ er sich von Wilhelm Liebknecht überreden, auf eine Veröffentlichung zu verzichten. Auch in anderen Fragen war er gelegentlich im vermeintlichen Interesse der Einheit der Partei zu prinzipienlosen Zugeständnissen bereit.

Eine grundsätzliche Abwendung der SPD von ihrem revolutionären Kurs aber gab es erst ein Jahr nach Bebels  Tod. Die SPD-Reichstagsfraktion stimmte 1914 zu Beginn des I. Weltkriegs den Kriegskrediten zugunsten des deutschen Kaiserreichs zu. Als einziger Parlamentsabgeordneter machte Karl Liebknecht, Wilhelm Liebknechts Sohn, bei diesem Verrat nicht mit.

Bebels Nachfolger als SPD-Vorsitzender, Friedrich Ebert, besudelte seine Hände bei der Ermordung seiner beiden früheren Genossen Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, nur wenige Wochen nachdem diese die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet hatten.
Die SPD verkam in den folgenden Jahrzehnten von einer opportunistischen Arbeiterpartei zu einer Monopolpartei, die ohne Skrupel die Interessen des internationalen Finanzkapitals durchboxt. Wenn sie sich dennoch dreist mit dem ungebrochenen Ansehen ihres revolutionären Mitgründers zu schmücken versucht, sollte ihr dieses Federkleid gründlich zerrupft werden.

Anna Bartholomé

(1) Gesetz, dass Homosexualität unter Strafe stellte

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