Er feierte das Leben

Vor 700 Jahren wurde Giovanni Boccaccio geboren

Im Jahr 1313, also vor 700 Jahren, wurde Giovanni Boccaccio geboren. Der Italiener Boccaccio ist einer der größten europäischen Schriftsteller – die 700 Jahre merkt man kaum, wenn man zu lesen beginnt.
Sein Hauptwerk ist „Decamerone“ ( von griechisch deka hemera = Zehn Tage). Das „Decamerone“ hat eine Rahmenhandlung: Zehn junge Leute fliehen vor der Pest, die in Florenz wütet, auf ein Landgut außerhalb der Stadt und verbringen zehn Tage damit, sich mit Geschichtenerzählen zu unterhalten. Damit ist ein Grundmotiv des Künstlers angeschlagen: Boccaccio ist ein Dichter des Lebens und der Lebensfreude. Er setzte das „Decamerone“ aus kurzen Erzählungen zusammen, die immer auf einen dramatischen Höhepunkt hinzielen. Dafür hat er die Form der Novelle (übersetzt „Neuigkeit“) entwickelt als spezielle Kurzform des Erzählens.

Die Wirkung der Form war ungeheuer
Die Wirkung allein dieser Form war ungeheuer: Sie wurde schon zu Lebzeiten in den Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer oder auch von Miguel de Cervantes, dem Dichter des „Don Quijote“, aufgegriffen – ganz zu schweigen von der großen deutschen, russischen oder französischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Er ist in der Form sehr vielfältig: Satire, Schwank, Parodie, lehrhafte Gleichniserzählung. Boccaccio feierte das Leben als Gottesgabe im Sinne eines Geschenks, zu dem auch die Freude an der Liebe, die Erotik, gehört.
Von dieser Grundauffassung her ist er ein scharfer Kirchenkritiker. Er kritisierte ihren Machtanspruch, ihren Reichtum und ihre Heuchelei. Die Helden sind vielfach einfache Menschen, vor allem auch einfallsreiche und kluge Frauen. Er würdigte und verstand sie – von den zehn jungen Leuten der Rahmenerzählung sind sieben junge Mädchen.
Die dritte Geschichte im ersten Buch ist die sogenannte „Ringparabel“ von der Gleichwertigkeit aller Religionen und gegen religiösen Fanatismus. Gotthold Ephraim Lessing hat sie wieder aufgegriffen in seinem bekannten Hauptwerk „Nathan der Weise“, was für die bürgerliche Aufklärung stritt.1
Boccaccio ist also Humanist und Aufklärer. All dies war in der damaligen Zeit sehr kühn. Er hat dazu mit Dante Alighieri und Francesco Petrarca die von da an verbindliche italienische Hochsprache entwickelt. Und das Schönste: Boccaccio ist leicht und vergnüglich zu lesen, kurze Stücke – und das Gegenteil von angestaubt.


1 Die Vorlage ist älter als Boccaccio (Gesta Romanorum von 1300) – aber Boccaccio hat sie bekannt gemacht. Lessing bezieht sich ausdrücklich auf ihn als Anreger. („Nathan der Weise“, Hamburg)

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