Merkels Märchen von der gesunkenen Arbeitslosigkeit

Mit der Behauptung, die Arbeitslosigkeit sei in Deutschland auf einem Tiefststand angelangt, ging Angela Merkel im Wahlkampf auf Stimmenfang.

Überall verkündete sie dies als Erfolg der Arbeitsmarktpolitik ihrer Regierung. Die MLPD hat dies schon während des Wahlkampfs als Propagandatrick mit kurzer Halbwertzeit entlarvt. Kaum sind die Wahlen vorbei, beginnt die Seifenblase zu platzen. Der angeblich „kräftige Schub auf dem deutschen Arbeitsmarkt“ im September ist selbst laut dem offiziellen Bericht der Bundesagentur für Arbeit in Wirklichkeit ein Schub des weiteren Anstiegs der Arbeitslosigkeit. „Saisonbereinigt“ sei sie „im Vergleich zum Vormonat … um 25.000 angestiegen“ und gegenüber dem Vorjahr waren sogar „61.000 Menschen mehr arbeitslos gemeldet“. Das ist die Folge einer deutlichen Zunahme der Arbeitsplatzvernichtung in den Betrieben, die schon in den letzten Monaten begonnen hat, sich nach dem Wahltag aber weiter verschärft.

Oft wurde die Bekanntgabe solcher Pläne bewusst bis zum 22. September hinausgeschoben. 80 Unternehmen und Einrichtungen haben mittlerweile die Vernichtung von rund 80.000 Arbeitsplätzen angekündigt (siehe auch S. 6). Dabei schrecken die meisten noch vor  offenen Massenentlassungen zurück, weil diese den Kampf der Arbeiter herausfordern. Daimler plant die Fremdvergabe oder Verlagerung von Teilen der Produktion und versucht, die Konzernbelegschaften gegenseitig auszuspielen. Opel stellt den Bochumer Beschäftigten jetzt in Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum „Ersatzarbeitsplätze“ in Aussicht. Das ist nichts als ein weiterer Versuch, die Belegschaft zur Kapitulation vor der Werksschließung zu bewegen. Gegenüber den Plänen des finnischen Stahlkonzerns Outokumpu, das Bochumer Stahlwerk zu schließen und bundesweit 900 Arbeitsplätze zu streichen, orientieren IGM- und Betriebsratsspitze auf die „Einhaltung des ausgehandelten Tarifvertrags“. Dieser Vertrag verzögert die Arbeitsplatzvernichtungspläne lediglich.

Auch wenn damit versucht wird, die Krisendämpfungspolitik zeitweilig fortzuführen, lässt sich das verstärkte Aufbrechen der vor allem aus politischen Gründen aufgestauten Widersprüche immer schwerer verhindern.

Mit „fremden Federn“ geschmückt
Damit bricht auch der Mythos auf, es sei in erster Linie das Verdienst der Merkel-Regierung, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen in den letzten Jahren gesunken sind. Tatsächlich hat sie in erster Linie von Veränderungen der demografischen Struktur der Bevölkerung, zeitweilig verstärkten Auswanderungen und einer starken Zunahme der Studierendenzahlen profitiert:
• Die geburtenschwachen Jahrgänge treten jetzt ins Berufsleben ein, die Zahl der Schulabgänger und Schulabgängerinnen geht dadurch zurück. Im Jahr 2012 gab es 169.000 Schulabgänger weniger als 2005.    
• Seit 2005 sind rund 200.000 Menschen mehr in Rente gegangen als neue Erwerbstätige nachfolgten. Es scheiden auch immer mehr Rentner vorzeitig aus dem Berufsleben aus. Gerade Ältere können den Stress im Arbeitsleben oft nicht mehr durchhalten. Die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen ist unter 30 Prozent gesunken.  
• Die Verschärfung der chronischen Krise der bürgerlichen Familienordnung hat dazu geführt, dass in Deutschland 2011 rund 190.000 Menschen mehr gestorben sind als geboren wurden. 1970 gab es noch einen Geburtenüberschuss von knapp 70.000 Menschen. Seit 1972 hat sich dieses Verhältnis umgekehrt.
• Zwischen 2005 und 2010 sind über 200.000 Menschen mehr aus Deutschland ausgewandert als eingewandert.
• Hinzu kommt, dass die Zahl der Studierenden seit 2001 bis zum Wintersemester 2012/
2013 von 1,9 auf 2,5 Millionen gestiegen sind. Allein seit 2011/12 nahm sie um zirka 30.000 Jugendliche zu.

Das tatsächliche „Verdienst“ der Merkel-Regierung wie auch ihrer Vorgänger-Regierungen besteht vor allem in der Verschiebung von hunderttausenden Arbeitslosen in die Unterbeschäftigung sowie der Erfindung von immer neuen Tricks zu Beschönigung der offiziellen Arbeitslosen-Statistik.

„Arbeitsmarkt in guter Grundverfassung …“
… nennt es die Bundesagentur für Arbeit, wenn immer mehr Vollzeitstellen abgebaut und durch Teilzeitbeschäftigte und Niedriglöhner ersetzt werden. Gab es 1999 erst 3,7 Millionen Teilzeitbeschäftigte und noch 23,8 Millionen Vollzeitbeschäftigte, waren es 2011 schon 5,6 Millionen Teilzeitbeschäftigte und nur noch 22,7 Millionen Vollzeitbeschäftigte. Der Anteil der Teilzeitstellen an der Zahl aller Erwerbstätigen stieg in dieser Zeit von 13,4 auf 20,0 Prozent. Jede dritte erwerbstätige Frau war im Jahr 2011 teilzeitbeschäftigt.

Die Zunahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 410.000 Personen bis 2012 entpuppt sich damit als Zunahme der Unterbeschäftigung in großem Umfang. Die Zahl der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden lag dagegen nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 2012 sogar um über drei Milliarden unter dem Niveau von 1991.

Immer weniger Menschen können von ihrem Lohn noch leben: Vier Millionen Beschäftigte arbeiten für einen Lohn unter sieben Euro. Jede(r) Vierte ist heute mit einem befristeten Arbeitsvertrag oder als Minijobber, Leiharbeiter sowie in Teilzeit beschäftigt. Im Juni 2012 gab es bereits 7,4 Millionen Minijobber, das waren 120.000 mehr als im März 2012, Tendenz steigend. Zu 63 Prozent sind Frauen in solchen Jobs beschäftigt. Mindestens 150.000 Menschen sind in sogenannten Ein-Euro-Jobs tätig – als Folge der Hartz-Gesetze.

Rechnet man die verdeckten Arbeitslosen und die „stille Reserve“ – die durch zahlreiche Manipulationen aus der Arbeitslosen-Statistik „verschwinden“ – dazu, waren 2012 nicht 2,9 Millionen Menschen arbeitslos, wie die Arbeitsagentur meldet, sondern 4,7 Millionen.

Ein kräftiger Schub …
… um tatsächlich Millionen wieder in Arbeit zu bringen, ist mit einer drastischen Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden in der Woche möglich – bei vollem Lohnausgleich und damit auf Kosten der Profite. Allein die 500 größten internationalen Übermonopole steigerten ihre Profite seit 1990 um 900 Prozent. Ein vollständiger Lohnausgleich für die 30-Stunden-Woche ließe die Lohnsumme im Vergleich dazu lediglich um 16,5 Prozent steigen (ausgehend von einer heutigen tariflichen 35-Stunden-Woche).  Auch viel mehr Jugendliche müssten ausgebildet werden. Das allerdings wollen weder das Finanzkapital noch seine Auftrags-Lügner. Die MLPD fordert die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich seit Jahren und hat diese Forderung in ihrem Wahlkampf mit ins Zentrum gerückt. Auch die Linkspartei hat sie in ihr Wahlprogramm übernommen – zumindest als „längerfristiges“ Ziel.

Im Sozialismus wird jede Arbeitskraft gebraucht
Warum sollten sich die Arbeiter und Angestellten aber darauf beschränken, „längerfristig“ nur die gröbsten Auswüchse der zunehmenden Ausbeutung und Arbeitsplatzvernichtung zu lindern? Angesichts wachsender Krisenhaftigkeit des Kapitalismus und der rasanten Zunahme von Armut und Massenarbeitslosigkeit im internationalen Maßstab ist das kein Ausweg. Deshalb tritt die MLPD im Unterschied zur Linkspartei für die revolutionäre Perspektive einer von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung befreiten sozialistischen Gesellschaft ein. Für deren Aufbau wird die Arbeits- und Schöpferkraft jedes Menschen dringend benötigt.

 

MLPD muss stärker werden

Die Belegschaften in den Konzernbetrieben sind am stärksten mit dem Platzen der Merkel-Seifenblasen konfrontiert. Als die vorgezogene Schließung des Outokumpu-Werks in Bochum bekannt wurde, sagten Bochumer Opelaner: „Klar, jetzt sind die Wahlen vorbei!“ Die Verarbeitung des Wahlkampf-Betrugs spielt eine wichtige Rolle, damit sich die Industriearbeiter und breiten Massen von Anfang an kämpferisch gegenüber der neuen Regierung positionieren und gegen die beginnende Verschärfung der Angriffe und Monopolen und Regierung in die Offensive gehen.Eine zentrale Rolle spielt dabei die Haltung zur MLPD. Auch bei Outokumpu in Bochum wurden wieder antikommunistische Vorbehalte geschürt, die MLPD würde nur „ihr Süppchen kochen“ usw. Das sagen aber genau diejenigen, die mit aller Macht den Kurs der Kapitulation vor den Arbeitsplatzvernichtungs- und Lohnkürzungsplänen durchsetzen wollen. Angesichts der massiven Unterdrückung und Beeinflussung durch Werksleitungen und rechte Gewerkschaftsführer ist die Auslösung selbständiger Kämpfe in den Konzernbetrieben heute kaum noch möglich, ohne dass ein wachsender Teil der Belegschaften mit solchen Vorbehalten fertig wird und bewusst die Zusammenarbeit mit der MLPD sucht.

Ein wichtiges Signal dafür setzt die Herbstdemo am 19. Oktober in Berlin, für die jetzt bundesweit intensiv mobilisiert wird. Die wichtigste Schlussfolgerung ist, in der Partei Mitglied zu werden, die für kompromisslose arbeitsmarktpolitische Forderungen und die Perspektive der Abschaffung der Arbeitslosigkeit im echten Sozialismus steht.

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