Wohnen immer teuerer – warum eigentlich?

Wohnen immer teuerer

Die oft verzweifelte Suche nach einer bezahlbaren Wohnung nimmt zu. Eine 70 qm große Wohnung kostet z. B. in der teuersten deutschen Stadt München laut Mietspiegel 852,60 Euro Kaltmiete. Dazu kommen nochmals durchschnittlich 2,20 Euro Nebenkosten pro Quadratmeter. Damit liegt die Warmmiete dieser 70 qm-Wohnung in München über 1.000 Euro. In Bremerhaven mit der bundesweit niedrigsten Miete von 4,83 Euro pro qm müssen immer noch fast 500 Euro Warmmiete für 70 qm aufgebracht werden.

In den letzten zehn Jahren sank zudem der Bestand an Sozialwohnungen bundesweit von 2,5 auf 1,7 Millionen. Mittlerweile sind auch Mieter von Sozialwohnungen von horrenden Mietpreiserhöhungen betroffen. Wie ARD-Report Mainz aufdeckte, gibt es unter anderem in Hamburg, Freiburg und Berlin Mietsprünge von bis zu 100 Prozent.

Für die Masse der Arbeiter und ihrer Familien sind die Real­einkommen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, bei gleichzeitig gestiegenen Kosten für den Lebensun­terhalt. (Grafik S. 6) „Wegen hoher Mieten rutschen viele einkommensschwache Familien unter Hartz-IV-Niveau. In 60 von 100 Städten haben sie nach Abzug der Miete weniger Geld zur Verfügung als den Hartz-IV-Regelsatz …“ („Wirtschaftswoche“, 22. 7. 13).

Fachleute vermuten, dass Familien mit kleineren und mittleren Einkommen heute schon bis zu 40 Prozent und mehr ihres Einkommens nur für Miete ausgeben müssen. Wer ab 2015 den viel gepriesenen Mindestlohn von 8,50 Euro erhält (900 bis 1.000 Euro monatlich netto), müsste in München über 100 Prozent und in Bremerhaven zirka 50 Prozent seines Lohnes für Miete und Nebenkosten ausgeben. Sollen wir jetzt alle nach Bremerhaven umziehen?

Was sind die Ursachen?

Die Verschlechterung der Mietsituation und die Verteuerung der Mieten sind zwei Tendenzen einer Ursache. Immer größere Immobilienkonzerne wollen so schnell wie möglich Maximalprofite erzielen und steigern. Die internationalen Übermonopole suchen fieberhaft nach Maximalprofit bringenden Anlagemöglichkeiten für ihr überschüssiges Kapital, das sie aus den immer produktiver arbeitenden Werktätigen rund um den Globus gepresst haben. Um ihr Kapital anlegen zu können greifen sie gierig nach den Lebensverhältnissen der Massen. „Inzwischen dominiert das spekulative Kapital mehr und mehr auch alle Bereiche der Daseinsfürsorge und der Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens“, hat die MLPD bereits 2009 analysiert. „Güter des elementaren Lebens wie Weizen, Reis, Wasser, Gesundheit, Bildung, Energie, Sozialversicherung etc. wurden zum Gegenstand der Spekulation … .“ Und dazu gehören auch zunehmend die Wohnverhältnisse der Massen.

Dienstleister der Monopole

Die verschiedenen Regierungen der letzten Jahre bedienten die Kapitalanlagewünsche willfährig. Unter der Verantwortung von CSU-Chef Horst Seehofer und seinem Finanzminister Markus Söder wurden 2013 in Bayern 33.000 Immobilien der landeseigenen Wohnungsgesellschaft GBW für 1,4 Milliarden Euro an das Investorenkonsortium Patrizia verkauft. Danach wurden diese Wohnungen für 4.000 Euro pro Quadratmeter den Mietern zum Kauf angeboten. Hier leben viele Rentner und Geringverdiener, die das nicht aufbringen können. Jetzt fürchten die Mieter neben steigenden Mieten, dass sie aus ihrer Wohnung müssen. Auch die SPD ist für die Mietmisere mitverantwortlich. Als früherer SPD-Finanzminister hat Peer Steinbrück der Privatisierung von Hunderttausenden Mietwohnungen den Weg bereitet und Zehntausende bundeseigene Wohnungen verkauft.

Hier zeigt sich konkret die Rolle des Staats als Dienstleister der Monopole. Die Wohnungsbestände werden an riesige Immobiliengesellschaften wie Gagfah oder die Deutsche Annington verkauft. Die Deutsche Anning­ton ist der größte private Wohnungsverwalter in Deutschland mit 209.000 Wohn­einheiten. Die Deutsche Annington gehört zu 84,3 Prozent „Terra-Firma“ einem internationalen Investmentfond der in 51 Ländern aktiv ist, sowie der Citigroup. Während die Annington auf ihrer Homepage den Eindruck erweckt, dass die Mieter ihnen am wichtigsten sind, zeigen vielfältige Proteste ein ganz anderes Bild. In einem Protestbrief schreibt die Gelsenkirchen-Hasseler Annington-Mieterinitiative:

Nicht länger hinnehmen wollten und wollen die Mieterinnen und Mieter undichte Fenster, mangelhafte Wärmedämmung, Schimmel in zahlreichen Wohnungen, die explodierenden Neben- vor allem Heizkosten, die in einzelnen Fällen bereits höher sind als die Kaltmiete, ungepflegte Außenanlagen, Vertröstungszusagen unqualifizierten Personals sowie unverständliche, z. T. fehlerhafte Nebenkosten­abrechnungen. Das Desaster der Abschaffung des Vorortservices, die Einführung des Callcenters und das Erheben von Gartennutzungsgebühren bei nicht vorhandenen Gärten hatten die Probleme auf die Spitze getrieben.“ Was hier geschildert wird, ist das Ergebnis, wenn sich das internationale Finanzkapital die Wohnungsbestände unter den Nagel reißt und zu einem Spekulationsobjekt degradiert.

 

Die GroKo1 und die „Mietpreisbremse“

Eine „Mietpreisbremse“ hat SPD im Wahlkampf versprochen. Wie selbstverständlich wird damit zugleich den Monopolen überhaupt das Recht auf Mieterhöhungen und stets wachsender Bereicherung eingeräumt. Und das nicht zu knapp.

Zwar kann in Zukunft nach dem Koalitionsvertrag in ausgewählten Gebieten die Miet­erhöhung bei Neuvermietung auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden. Aber nur wenn das jeweilige Bundesland das festlegt. Davon ausgeschlossen sind in jedem Fall Erstvermietungen sowie Anschlussvermietungen nach umfassenden Modernisierungen.

Nicht verändert wird die bisherige Regelung, das Bestands­mieten (laufende Mietverhältnisse) in drei Jahren um maximal 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichs­miete steigen dürfen. Das gibt es aber auch nur in von den Ländern ausgewiesenen Gebieten. Ebenfalls ausgeschlossen von diesen Regelungen ist die Preissteigerung bei den Nebenkosten.

Damit steht fest, dass die Mieten auch weiterhin kräftig steigen werden. Mit einer solchen „Bremse“ würde jedes Auto an die Wand fahren.

 

Traum vom eigenen Heim?

Das Eigenheim ist wesentlicher Bestandteil der Förderung von kleinbürgerlichen Lebens­verhältnissen geworden. Wohneigentum wurde seit Mitte der 1950er Jahre auch unter Arbeitern bewusst breit gefördert. Wohnungseigentum ist oft mit dem Wunsch verbunden, unabhängig zu sein, als Altersvorsorge zu dienen oder, damit es den eigenen Kindern mal besser geht. Der Anteil der Haushalte, die in den eigenen vier Wänden wohnen, betrug 1950 noch 15 Prozent. Heute wohnen schon 45 Prozent im eigenen Haus oder der Eigentumswohnung. Dazu heißt es im Buch „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“: „Die Bildung von Wohneigentum wird systematisch von allen Regierungen durch staatliche Zuschüsse und Steuerabschreibungen unterstützt, was eine zusätzliche Bindung der Familien an die staatliche Ordnung bewirkt.“ (S. 79) Wer durch einen Hausbau auf Jahrzehnte an Kredite gefesselt ist, überlegt oft zweimal, ob er am Arbeitsplatz den Mund aufmacht oder gar streikt.

Aber diese Bindung wird durch die zunehmende krisenhafte Entwicklung des Imperia­lismus selbst unterhöhlt. So war 2008 der Auslöser der tiefs­ten Weltwirtschafts- und Finanzkrise des Kapitalismus das Platzen einer gigantischen Immobilienspekultionsblase: Hunderttausenden Amerikanern wurde nach der Jahrtausendwende mit billigen Krediten der Traum vom eigenen Haus aufgeschwatzt. Was blieb, war Verzweiflung und Rauswurf, weil viele die Hypotheken nicht mehr zurückzahlen konnten. Viele mussten ihr Haus zwangsversteigern lassen. Auch in Deutschland ist die Zahl der Zwangsversteigerungen von 47.900 im Jahr 1998 auf 73.038 im Jahr 2011 gestiegen.

 

Grundsätzliche Lösung?

Unter dem Motto „Schlaflos in Hamburg! Mietwahnsinn stoppen!“ zogen am 28. September 2.800 Menschen durch Hamburg. Aus Anlass eines bun­desweiten Aktionstages gab es weitere Demonstrationen in Berlin, Freiburg, Düsseldorf und Frankfurt/M. Das Bündnis entwickelt berechtigte Forderungen unter anderem: „Leerstand zu Wohnraum! Zwangsumzüge und -räumungen sofort stoppen! Gemeinsam gegen steigende Mieten!“

Die MLPD macht seit Jahrzehnten eine systematische Arbeit in Wohngebieten. Dabei führen die Genossen einen gemeinsamen Kampf mit den Anwohnern für eine lebenswerte Zukunft. Sie fordern die Schaffung von ausreichendem und preisgünstigem Wohnraum!

Aber die MLPD kritisiert und bekämpft auch grundsätzlich die Lebensverhältnisse, die den Massen im Kapitalismus aufgezwungen werden. Warum können die Wohnungen von Millionen das Bereicherungsobjekt einer Handvoll Monopole sein? Die revolutionäre Beseitigung dieser Verhältnisse macht den Weg erst frei für einen Wohnungs- und Städtebau auf der Grundlage der Bedürfnisse der Menschen und der Natur.

1 GroKo = Große Koalition

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