Stalins Kampf gegen den Personenkult , Teil 1

Zu den Grundpfeilern der antikommunistischen Dif­­fa­mierung der sozialistischen Sowjetunion gehört der Vorwurf, Josef Stalin habe einen Personenkult um sich inszeniert. Diese Behauptung wird als unbestreitbare Tatsache in allen Medien und Schulen verbreitet. Doch sie ist so wenig Tatsache wie alle anderen Schauermärchen des Antikommunismus.

Tatsächlich genoss Stalin zu Lebzeiten ein enormes Ansehen unter den Massen. Das war vor allem Ausdruck einer ehrlichen Begeisterung über den Sieg im II. Weltkrieg und den erfolgreichen sozialistischen Aufbau unter seiner politischen Leitung. Falsche Formen einer Verehrung wurden von ihm selbst aber ganz offen auf eine noch vorhandene kulturelle Rückständigkeit zurückgeführt.

Es gab jedoch auch einen von Bürokraten und Karrieristen organisierten Kult, der hinter­hältige und dem Sozialismus feindliche Ziele verfolgte.

Im Interview mit dem Schrift­steller E. Ludwig sagte Stalin 1931 zu seiner eigenen Rolle: „Was mich betrifft, so bin ich nur ein Schüler Lenins, und das Ziel meines Lebens ist es, ein würdiger Schüler Lenins zu sein. Die Aufgabe, der ich mein Leben widme, besteht darin, den Aufstieg einer … Klasse zu fördern, nämlich der Arbeiterklasse.“ (1)

Das war keine Tiefstapelei, sondern entsprach seinem Selbstverständnis. Wie wenig Aufhebens Stalin um seine Person machte, dafür gibt es viele Berichte.

 

Stalin war bescheiden

Stalin führte ein bescheidenes Leben. Henri Barbusse besuchte ihn 1935 in der kleinen Drei-Zimmer-Wohnung, die er im Kreml bewohnte. „Dieses Häuschen, das man kaum beachtet, wenn es einem niemand zeigt, gehörte einst zu den Nebengebäuden des großen Schlosses. Irgendein Zarendiener wohnte darin. … In den kapitalistischen Ländern würde ein mittlerer Angestellter diese Zimmer schief ansehen … Am Fens­ter sitzt auf einem gewöhnlichen Stuhl der Mann und raucht seine Pfeife. Er ist immer gleich gekleidet. … Es ist … eine Art vereinfachter Soldatenanzug: hohe Stiefel, Kniehosen und eine hochgeschlossene Khaki-Litewka. … Er verdient die paar hundert Rubel im Monat, die das magere Maximaleinkommen der Angestellten der Kommunistischen Partei ausmachen …“ (2)

Der 1989 verstorbene Luftfahrttechniker Alexander Jakowlew bestätigt die Ausführungen über Stalins Äußeres.(3) Auch in Stalins Datsche, die in der Nähe Moskaus lag, gab es keinerlei Luxus. Sie war zweckmäßig für die politische Tätigkeit und einfach für das persönliche Leben eingerichtet.

Der britische Premier Churchill traf Mitte August 1942 in Moskau zum ersten Mal mit Stalin zusammen. In seiner Begleitung war Colonel Ian Jacob, der seine Eindrücke folgendermaßen beschrieb: „Es war sonderbar, diesen kleinen Bauern zu sehen, der still beim Festmahl in diesen prachtvollen Sälen saß, der mit einer Spitzhacke über seiner Schulter auf einer Landstraße überhaupt nicht aufgefallen wäre.“(4)

Stalins Auftreten passte offensichtlich nicht in das Bild, das britische Diplomaten von einem Staatsoberhaupt hatten. Ein Teil der britischen Delegation und auch Churchill sahen in Stalin einen „einfältigen Bauern“. Churchill hat seine Ansichten über Stalin nach dem ersten Treffen allerdings grundlegend korrigiert.

Joseph E. Davies, amerikanischer Botschafter, wurde anlässlich der Beendigung seiner Tätigkeit in der Sowjetunion 1938 von Stalin empfangen. Er sagte, es sei ihm eine Ehre, dem Manne zu begegnen, dessen Bautätigkeit dem praktischen Nutzen der einfachen Menschen diene. „Hiergegen wandte Stalin ein, es sei nicht sein Verdienst. Lenin habe den Plan gefasst und entworfen, ihm sei auch das ursprüngliche Projekt des Kraftwerks von Dnjeperstroges zuzuschreiben. Ebenso wenig sei der Zehnjahresplan sein Werk, diesen hätten vielmehr dreitausend fähige Köpfe aufgestellt, denen, zusammen mit andern seiner Mitarbeiter, dieser Plan zu danken sei. Und vor allem sei das ‚russische Volk‘ dafür verantwortlich und er lehne jedes persönliche Verdienst daran ab. Seine Bescheidenheit machte mir einen aufrichtigen Eindruck.“(5)

 

Lobeshymnen waren ihm ein Gräuel

Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass Stalin Lobeshymnen – vor allem auf seine Person – entschieden abgelehnt hat.

Alexander Jakowlew berichtet über Stalins Reaktion auf offizielle Schreiben: „Na, und hier kommt, wie es sich gehört: ,Hurra! Hurra! Es lebe die KPdSU(B) und ihr Führer, der große Stalin!‘ Und verschmitzt die Augen zukneifend, fügte er hinzu: ,Der denkt, mich so kaufen zu können, sich so meiner Unterstützung zu versichern.‘“ (6)

In seinem Antwortschreiben an Oberst Professor Dr. Rasin auf dessen Brief über Militärfragen schreibt Stalin unter anderem: „Das Ohr verletzen auch die Lobeshymnen auf Stalin – es ist einfach peinlich, sie zu lesen.“ (7)

Generaloberst Schtemenko hatte als Mitglied des Generalstabs viel mit Stalin zu tun. Eines Tages traf er im Vorzimmer Stalins im Kreml den Chefintendanten der Roten Armee, Generaloberst Dratschew. Der wollte Stalin eine „operettenhafte“ Uniform für ihn vorstellen. „Dratschew trat ein. Stalin musterte ihn flüchtig, und sein Gesicht verfinsterte sich; er ahnte, für wen die Uniform bestimmt war. ,Wer soll sie tragen?‘ fragte er … ,Das ist die Uniform für
den Generalissimus‘, antwortete Chruljow. ,Für wen?‘ fragte Stalin. ,Für Sie, Genosse Stalin …‘ Stalin befahl Dratschew, das Zimmer zu verlassen. Er verwahrte sich gegen die Verherrlichung seiner Person, bezeichnete sie als unklug …“
(8)

Antikommunisten wie der Schriftsteller Wolfgang Leonhard oder die in Guido Knopps „Dokumentationen“ oft auftretenden russischen „Zeitzeugen“ verschweigen und leugnen Stalins persönlichen Kampf gegen die vielfältigen Formen von Huldigungen und Lobhudeleien. Sie versuchen so, das Bild des selbstlosen Revolutionärs zu zerstören. Zumindest in der ehemaligen Sowjetunion ist das nicht wirklich gelungen. Bei Umfragen gilt Stalin nach wie vor regelmäßig als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Geschichte.

Die Bevölkerung in der BRD war dagegen nach Ende des Krieges jahrzehntelang einem Trommelfeuer antikommunistischer Hetze ausgesetzt. Das hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun, hat aber dazu geführt, dass heute Antikommunismus und besonders die Ablehnung Stalin zur Staatsräson und bis in die kleinbürgerliche Linke „zum guten Ton“ gehört. Wer von Stalins Verdiensten redet, den trifft der Bannstrahl des Antikommunismus. Der so­genannte „Anti-Stalinismus“, besser gesagt die Stalin-Hetze, ist eine bürgerliche Strömung, deren Träger über Stalin alles behaupten können, ohne fundierte Beweise anführen zu müssen. Sie will den Menschen einreden, dass eine Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung nicht möglich sei.

Der zweite Teil des Artikels erscheint in der „Roten Fahne“ 8/2014. Er befasst sich mit der damals unbestrittenen weltweiten Popularität Josef Stalins, einer Unterschätzung des Problems des Personenkults und der ungeheuerlichen Verleumdung nach Stalins Tod durch Chruschtschow.

 

Quellen:

(1) Stalin, Werke, Bd. 13, Dietz-Verlag Berlin 1955, S. 66

(2) Henri Barbusse, Stalin eine neue Welt, Nach dem Rotfront Reprint, Berlin 1996, S. 6/7

(3) A. Jakowlew, Ziel des Lebens, Verlag Progress Moskau, 2. Auflage Moskau 1982, S. 493

(4) http://ww2history.com/key_moments/Eastern/Churchill_meets_Stalin_in_Moscow

(5) Joseph E. Davies, Als USA-Botschafter in Moskau, Steinberg Verlag Zürich 1943, S. 266

(6) A. Jakowlew a.a .O., S. 498

(7) Stalin, Werke, Bd. 15, Dortmund 1979, S. 43

(8) S. M. Schtemenko, Im Generalstab, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 3. Auflage 1985, Bd. 2, S. 433/434

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