Wer ist die Christliche „Gewerkschaft“ Bergbau?

Seit einigen Wochen versuchen Funktionäre der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (CGBCE) auf den Zechen im Ruhrgebiet unter kritischen Kumpels Mitglieder für ihre Organisation zu gewinnen. Aber die kämpferische Richtung in der zum DGB gehörigen Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE) muss dringend gestärkt werden, statt sie durch Aus- oder Übertritt noch zu schwächen. Grund genug für die „Rote Fahne“ einmal nachzuforschen, was diese CGBCE eigentlich ist.

Die CGBCE gehört zum Dachverband Christlicher Gewerkschaftsbund (CGB). 2008 gab die CGBCE an, 22.500 Mitglieder zu haben. Laut IG BCE sind es aber nur 15.000 – die Masse dürfte aus dem Chemie- und Energiebereich sein. Die IG BCE hat derzeit 661.000 Mitglieder, also 30- bis 45-mal so viele wie die CGBCE.

Sehr rührig scheint die CGBCE nicht zu sein. Bei einem Anruf am 31. Januar in ihrer „Bundesgeschäftsstelle“ in Saarbrücken wurde man auf die nächste Woche vertröstet: „Heute ist niemand da!“ Die Home­page www.cgbce.org wurde zuletzt im Mai 2010 aktualisiert.

Auf ihrer Homepage behauptet die CGBCE, sie sei „anerkannter Tarifpartner und gewähre volle Sicherheit für ihre Mitglieder in allen Bereichen des Tarif-, Arbeits- und Sozialrechts.“ Das scheint glatt gelogen. Laut Auskunft des IG-BCE-Bezirksleiters Dortmund-Hagen, Adolf Siethoff, vom 31. Januar gibt es im Bereich Bergbau keinen einzigen Tarifvertrag, der mit der CGBCE abgeschlossen ist. Siethoff war früher selbst in der IG-BCE-Tarifkommission Bergbau tätig. Es war nicht herauszufinden, welchen Tarifvertrag die CGBCE jemals abgeschlossen haben will.

In einem CGBCE-Flyer ist abweichend von der oben zitierten Schaumschlägerei keine Rede mehr vom „anerkannter Tarifpartner“. Dort heißt es nur noch: „Die CGBCE gewährt Tarifschutz für ihre Mitglieder und Rechtsschutz in allen Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts.“

Ein Glück für die Bergleute, dass diese Organisation nicht tariffähig ist. Bekannt und berüchtigt ist ihre Schwesterorganisation, die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) – darin arbeiten die Christliche Gewerkschaft Metall und andere christliche Gewerkschaften zusammen. Sie hat eine Reihe von Tarifverträgen mit Zeitarbeits- und Leiharbeitsfirmen abgeschlossen. Der CGZP wurde vom Bundesarbeitsgericht 2010 abgesprochen, tariffähig zu sein. Im Mai 2012 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass diese Tariffähigkeit bereits seit ihrer Gründung nicht gegeben war. Alle ihre Tarifverträge wurden nachträglich für ungültig erklärt. Und alle diese Tarifverträge waren unter dem Niveau der DGB-Tarifverträge.

Der CGBCE-Vorsitzende heißt Werner Benedix. Benedix ist seit Jahrzehnten Gemeinderat für die CDU in Otterstadt (Rheinland-Pfalz) und hat 20 Jahre die CDU dort geführt. Also die Partei, die seit Jahrzehnten daran arbeitet, den Steinkohle-Bergbau platt zu machen. Er ist auch im Bun-
desvorstand des CGB und heute Rentner. Auf ihrem Flyer lehnt die CGBCE werbewirksam „Funktionärsherrschaft“ ab. Damit wollen sie sich vom zum Teil selbstherrlichen und abgehobenen Gehabe rechter IG-BCE-Spitzenfunktionäre abgrenzen. Interessant ist dabei allerdings Bendix’ eigener Werdegang. Nach eigener telefonischer Auskunft vom 31. Januar verbrachte er die letzten 20 Jahre seines Berufslebens als freigestellter Betriebsrat bei BASF.

Die CGBCE bekennt sich zum Kapitalismus und zur Klassenzusammenarbeitspolitik mit den Kapitalisten bzw. Unternehmen. Dazu heißt es auf ihrem Flyer: „Die CGBCE bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft und Sozialpartnerschaft.“ Politische Einflussnahme will die CGBCE ausschließlich über „Anhörung und Stellungnahme bei den Länderparlamenten, dem Bundestag sowie über die politischen Parteien“ nehmen. Von Demonstrationen oder gar Streiks also keine Rede. Sie möchte die Arbeiter an den unmittelbaren Erfolg der Kapitalisten anbinden, mit den Stichworten „Investivlohn“, „Beteiligungslohn“.

Während auf der IG-BCE-Home­page wenigstens darauf hingewiesen wird, dass die Schließung der deutschen Stein­kohlezechen gegen den Willen der IG BCE erfolgt sei, sucht man ein solches Statement der CGBCE vergeblich. Dort hat man sich vollständig aufs Jammern verlegt und bereits auf dem „Gewerkschaftstag“ im Oktober 2009 den Bergbau totgesagt: „Für die CGBCE und ihre Mitglieder sehr schmerzlich verlief die Entwicklung im Steinkohlebergbau, der politisch noch als ,Auslaufbergbau‘ bis 2018 verstanden wird und im Saarland aufgrund der starken Erschütterungen vor allem im Februar 2008 bis Ende 2012 beendet wird“ – eine aktuellere Stellungnahme der CGBCE zum Thema Steinkohle gibt es nicht. Mit der CGBCE kommen die Kumpels vom Regen ins Tal der Tränen.

Fazit: Die CGBCE vertritt keine Arbeiterinteressen. Sie versucht aus der Unzufriedenheit der IG-BCE-Mitglieder Kapital in Form von neuen Mitgliedern zu ziehen. Sie hat sich noch nicht einmal gegen die Schließung der Zechen erklärt. Ein Wechsel von der IG BCE in die CGBCE bringt dem Kumpel keinen einzigen Vorteil, aber viele Nachteile und schwächt die Gewerkschaftsbewegung. Die CGBCE ist eine Spalterorganisation. Eine gemeinsame Gewerkschaft für alle Bergarbeiter, egal ob Kommunisten, Sozialdemokraten oder Christen, ist ein Trumpf, der verteidigt werden muss.

Jörg Weidemann

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