Frauen – die besseren Umweltschützerinnen?

Weltweit stehen Frauen in den ersten Reihen, wenn es um Kämpfe zur Rettung der natürlich Umwelt vor der Profitwirtschaft geht: Die US-amerikanische Aktivistin Diane Wilson prangert nach der verheerenden Havarie der BP-Ölplattform im Golf von Mexiko die Verantwortlichen an. In Tokio demonstrieren Atomkraftgegnerinnen. In Peru sind es indigene Frauen, die mit Bergarbeitern und Umweltschützern gegen gigantische Goldbergbaukonzepte anrennen. Das ist kein Zufall: Frauen und Kinder sind rund um den Globus besonders betroffen von der mörderischen Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen in der Natur.

Nicht nur der Raubbau an den Rohstoffen und die Arbeit in Industrie und Verkehr passieren heute unter dem Diktat rücksichtsloser Umweltzerstörung. Auch die unmittelbaren Lebensverhältnisse sind davon mehr und mehr betroffen. Ob Ernährung, Gesundheitsfürsorge, Kinderbetreuung und Bildung – sie wurden zu Quellen des Maximalprofits, auch wenn die Versorgung damit private Angelegenheit der Einzelfamilie bleibt – und damit der Masse der Frauen. Immer mehr sind sie selber von der Umweltvergiftung betroffen. Ihre Kinder leiden an Allergien, Asthma oder Neurodermitis, sie selber oder Nahestehende erkranken an Krebs oder auch Depressionen.

Es ist unübersehbar, dass das Umweltbewusstsein gerade unter Frauen stark gewachsen ist und solche Fragen auch zunehmend zum Thema in der kämpferischen Frauenbewegung werden. Heute droht eine umfassende Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen – diese Dimension wird vielfach noch geringgeschätzt – und damit auch, wie weit die Selbstveränderung der internationalen Frauenbewegung gehen muss, um eine machtvolle Gegenkraft entwickeln zu können.

Sehr häufig beschränken sich Kämpfe auf die unmittelbar naheliegenden Probleme. Hemmend wirken Pragmatismus, Kleinmut und ein kleinbürgerlicher Familiendünkel, der den Blick auf die großen Herausforderungen verstellt. „Die da oben sind so mächtig, gegen die kommst du nicht an“, heißt es da. „Wenigstens für meine Kinder, für meine Familie kümmere ich mich um ein gesundes Essen, um bessere Lebensverhältnisse.“ „Klar sollte mehr passieren – aber dauerhaft, verbindlich und organisiert zu kämpfen, dazu fehlt mir die Zeit …“. Wann aber soll diese Zeit kommen und wer soll sie sich frei kämpfen? Auch das beste Essen kann die Kinder nicht vor verseuchter Luft oder mit Gift belastetem Wasser schützen. Der beste „Schutz“ auch für sie ist es, sie möglichst früh entsprechend ihrem Entwicklungsstand und Verständnis in den Kampf einzubeziehen.

Kleinbürgerliche Feministinnen verdrehen diese berechtigte Sorge vieler Frauen um die Zukunft der natürlichen Lebens­grundlagen in regelrecht reaktionäre Konzepte. Unter dem Schlagwort des „Ökofeminismus“ wird behauptet, Frauen seien „von Natur aus“ gegenüber Männern die besseren Umweltschützerinnen. Ausgehend von Forschungen zur menschlichen Frühgeschichte werden matriarchale Gesellschaftsformationen zum Vorbild für die Lösung heutiger Menschheitsprobleme herangezogen. Diese nach dem „Mutterrecht“ organisierten Gemeinschaften betrieben eine sogenannte Subsistenzwirtschaft. Das heißt, sie produzierten mit einfachsten handwerklichen Mitteln gerade so viel, wie zum Selbsterhalt der Gruppe nötig war. Vereinzelte kleine Gruppen existieren davon heute noch in abgelegenen Gegenden. Die Matriarchate gingen aber auch deshalb unter, weil sie nur kleine Menschengruppen ernähren konnten. Ihre Lebensweise kann den heute lebenden sieben Milliarden Menschen weder Nahrung noch Zukunft bieten. Daran ändert auch nichts, wenn ein paar Städter sich mit „urban gardening“ in der Freizeit vergnügen.

Verbrämt mit viel Esoterik, Mystik und Mütterkult wollen unsere Theoretikerinnen der Matriarchatsforschung die Gesellschaft auf „mütterlichen Werten“ aufbauen: „Pflegen, Nähren, Fürsorge, Friedenssicherung, d. h. Mütterlichkeit im weitesten Sinne … auf diese Weise wird ,mothering‘ (Muttersein und mütterliche Haltung) von einer biologischen Tatsache in ein kulturelles Modell umgewandelt“, heißt es bei Heide Göttner-Abendroth.1

Die Masse der Mädchen und Frauen wird sich zu Recht entschieden verwahren, aufs „Gebären und Kinderaufziehen“ festgelegt und eingeengt zu werden. In der Konsequenz entpuppt sich diese kleinbürgerlich-feministische „Subsistenzperspektive“ als antikommunistisches und klassenversöhnendes Konzept: „Im Gegensatz zur sozialistischen und zur kapitalistischen Utopie ist die Subsistenzperspektive keine Utopie, kein Modell und auch kein Traum vom goldenen Zeitalter, sondern ein Handlungskonzept, das andere neue Prozesse in Gang setzt. (Sie) kann der WTO-Unterhändler genauso anwenden wie der Baudezernent, das Stadt­ratsmitglied, Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller“, verspricht Veronika Benholdt-Thomsen.2

Lieschen Müller also Seite an Seite mit den WTO-Unterhändlern aus den Chefetagen der Konzerne für die Rettung des Planeten – ist das nur naiv oder schon zynisch?

Nur eine internationale so­zia­listische Revolution, für die Männer wie Frauen gewonnen werden müssen, kann die so­zia­le und die ökologische Frage lösen. Dabei ist der Sozialismus längst keine Utopie mehr und verspricht auch kein „goldenes Zeitalter“. Das beweisen Jahrzehnte des Aufbaus sozialistischer Gesellschaften – auch wenn diese durch Verrat schließlich wieder zugrunde gerichtet wurden. Ein neuer Anlauf für den Sozialismus wird Schluss machen mit dem Raubbau an der Natur und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, damit in Einheit von Mensch und Natur produziert und gelebt werden kann.

Ohne den entschiedenen Kampf zum Sturz der Hauptverantwortlichen für Umweltzerstörung, Hunger und Not kann die menschheitsbedrohende Entwicklung nicht gestoppt werden – das wird auch die kämpferische Frauenbewegung zu ihrer Sache machen.

Anna Bartholomé

 

1 ww.hagia.de/matriarchat vom 27. 2. 2014

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