Extreme Winter – Ausdruck weitreichender Änderungen im Weltklima
Ein Winter der Extreme ist auf der Nordhalbkugel zu Ende gegangen. Über mehr als zwei Monate erlitt der Nordosten der USA Kälterekorde, mit Temperaturen von –30 Grad Celsius. Dort war es der kälteste Winter seit 20 Jahren. In Deutschland war dieser Winter der viertwärmste, der auch ungewöhnlich trocken war. In der Schweiz war es der drittwärmste Winter seit 120 Jahren. Osteuropa und West-Russland erlebten Temperaturrekorde von mehr als +11 Grad Celsius über den langjährigen Durchschnittswerten.
Gewaltige Schneestürme und Unwetter brachten große Mengen an Schnee und legten das öffentliche Leben im Nordosten der USA über Wochen weitgehend lahm. Gleichzeitig herrschte eine Rekordwärme im Westen der USA. Kalifornien erlebt die schlimmste Dürre seit mehr als 100 Jahren. Die Landwirtschaft leidet besonders unter dem Wassermangel; so ist beispielsweise die Mandelernte weitgehend ausgefallen1. Verstärkt wurde die Dürre durch die profitorientierte Intensivlandwirtschaft mit einer Übernutzung der Wasserreserven. Weltweit betrachtet war dieser Winter der viertwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880 mit 1,17 Grad Celsius über dem Mittel der letzten 20 Jahre. Nur die Jahre 2002, 2003 und 2007 waren bisher wärmer.
Extreme Winter häufen sich in den letzten Jahren. Im Winter 2012 gab es in den USA den wärmsten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Dagegen kam es zu einer Häufung von längeren und schneereichen kalten Wintern in Europa und Russland (2011, 2012, 2013). Auch in China kommt es zur Häufung von Winterextremen. Ein Rekordwinter im Jahr 2008 mit gewaltigen Schneestürmen schloss Millionen von Chinesen von der Außenwelt ab. Im Jahr 2013 erlebte China den kältesten Winter seit 30 Jahren, mit Temperaturen bis –40 Grad Celsius im Norden.
Zirkulationssysteme der Atmosphäre ändern sich
Die Häufung dieser Extremwinter ist Ausdruck tiefgreifender Veränderungen in den globalen Strömungssystemen der Luft auf der Nordhalbkugel im Prozess des Umschlags in eine Weltklimakatastrophe. Im letzten Jahr veröffentlichten die Klimaforscher Petoukhov, Rahmstorf, Petria, und Schellnhuber Erkenntnisse2, dass die starke Erwärmung des Nordpolargebietes in den letzten 20 Jahren den polaren Jetwindgürtel destabilisiert hat. In der Ausgabe der „Roten Fahne“ 36/2013 wurde darüber berichtet. Das Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ von Stefan Engel fasst diese Erkenntnisse wie folgt zusammen: „Eine wesentliche Ursache dieser Extremwetterereignisse liegt in Veränderungen globaler Strömungssysteme der Luft. Die überdurchschnittliche und rasche Erwärmung der Arktis um 2 Grad Celsius seit 1980 beginnt den Jetwindgürtel auf der Nordhalbkugel zu destabilisieren. Dadurch verändern sich die Wege polarer Tiefdruck- und subtropischer Hochdrucksysteme. Als Folge werden Regionen für längere Zeit in eine Kältefalle eingeschlossen, während dicht daneben subtropische feuchte und warme Luftmassen nach Norden vorstoßen können. Dieses Phänomen (Rossby-Wellen) tritt häufiger, intensiver und länger auf als früher. Extreme Niederschläge, Hitzeperioden und auch lange Kälteperioden bis in den Mai, weil arktische Luftmassen in den Süden vordringen, sind die Folge in Europa, Nordamerika und Asien.“ (S. 128).
Dieser Zusammenhang wurde auch in diesem Winter weiter bestätigt. Neue Erkenntnisse von Wissenschaftlern der NOAA3 vertiefen dabei auch den Zusammenhang zwischen der Erwärmung der Arktis und Extremwintern: Auf Grund der tiefen Temperaturen bildet sich in der Stratosphäre des arktischen Raumes der polare Wirbel aus, der bis vor wenigen Jahren die kalten Luftmassen der Arktis weitgehend im Polargebiet eingeschlossen hatte. Die überdurchschnittliche Erwärmung der Luft in der Arktis hat den polaren Wirbel stark geschwächt, so dass kalte polare Luftmassen leichter in den Süden vordringen können (siehe Abbildung 1). Es hat sich eine Übergangssituation der beginnenden Auflösung bestehender stabiler Klimazonen entwickelt, ohne dass schon klar ist, wie der Prozess des Umschlags in eine Weltklimakatastrophe konkret voranschreiten wird. Sicher ist nur, dass sich die Erde im Mittel weiter erwärmt und die Änderungen in den Polargebieten weitreichende Auswirkungen auf das Leben haben werden.
Eine neue Phase im Umschlag in eine globale Umweltkatastrophe
Aktuelle Messungen der Eisbedeckung des Nordpolarmeeres zeigen ein Rekordminimum selbst im Februar, mit einem Rückgang der Fläche der Eisbedeckung um 6 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel 1970–2000. Im Sommer 2012 wurde ein Rekordminimum erreicht mit einem Rückgang um 50 Prozent zum gleichen Vergleichszeitraum. Zusätzlich nimmt auch die Dicke der Eisschicht stark ab. Die Erwärmung der Meeresoberfläche ist im Nordpolargebiet mit bis zu +5 Grad Celsius in einigen Regionen besonders ausgeprägt. Derzeit geht weltweit mehr als 90 Prozent der Zusatzwärme durch den anthropogenen Treibhauseffekt in die Erwärmung der Weltmeere. Entgegen den Behauptungen der Klimaskeptiker einer „Erwärmungspause“ des vergangenen Jahrzehnts hat sich die aufgenommene Wärmemenge der Luft und der Meere als Ganzes in den Jahren von 2000 bis 2013 um mehr 30 Prozent gesteigert. Bei zeitweiser Verlangsamung der Erwärmung der Erdatmosphäre im weltweiten Mittel schreitet die Erwärmung der Meere und der Luftmassen des Nordpolargebietes umso bedrohlicher voran.
In dem Buch „Katastrophenalarm!…“ von Stefan Engel wird herausgeschält: „Der Prozess des Umschlagens der globalen Umweltkrise in eine globale Umweltkatastrophe ist in eine neue Phase getreten. Die Menschheit befindet sich längst nicht mehr am Beginn eines qualitativen Sprungs, sondern bereits mitten in dem selbstzerstörerischen Prozess der allseitigen Auflösung der Einheit von Mensch und Natur. Die Welt treibt beschleunigt auf eine globale Umweltkatastrophe zu. Nach aktuellem Kenntnisstand irreversible Schäden setzen die Menschheit bereits heute dauerhaften, zum Teil existenziellen Gefährdungen aus und bürden künftigen Generationen schwere Hypotheken auf.“ (S. 228)
Maßgeblich für diese Entwicklung ist, dass die verschiedenen Faktoren der globalen Umweltkrise nicht isoliert auftreten, im Gegensatz zur Betrachtungsweise in weiten Teilen der bürgerlichen Naturwissenschaft. Neue Faktoren und ihre Wechselwirkung beschleunigen den Umschlag in eine globale Umweltkatastrophe. So wird die Erwärmung der Meere zu einem Faktor der Herausbildung einer neuen Phase im beschleunigten Umschlags in eine globale Umweltkatastrophe, mit vielfältigen Wirkungen: Der Rückgang der Albedo durch Schmelzen des Seeeises hat zu einer verstärkenden Rückkopplung in der Erwärmung geführt. Wie eine schwedisch-russisch-US-amerikanische Forschergruppe im Dezember 2013 veröffentlichte, werden alleine als Ergebnis der Erwärmung des Meeres nördlich von Sibirien 17 Millionen Tonnen Methan jährlich frei gesetzt, ein Mehrfaches als bisher angenommen. Da Methan die 21-fache Treibhauswirkung des Treibhausgases Kohlendioxid hat, wird mit seiner massenhaften Freisetzung der Übergang in die Weltklimakatastrophe beschleunigt. Der Rückgang des Photosynthese betreibenden Planktons um 40 Prozent weltweit und besonders in den Polarmeeren, ist Ausdruck der Gefahr des Umkippens der Weltmeere.
Gründliche Aufklärungsarbeit notwendig
Weltweit ist eine breite Kritikbewegung an einer von internationalen Energiemonopolen gesponserten klimaskeptischen Richtung entstanden. Eine wachsende Masse von Menschen setzt sich mit der bedrohlichen Klimaentwicklung auseinander. Trotzdem kommen angesichts des Wechsels von milden und schneereichen kalten Wintern auch Zweifel auf. Diese Entwicklung muss daher zum Anlass genommen werden, die breite Masse der Bevölkerung über die Zusammenhänge in den weitreichenden Veränderungen der natürlichen Umwelt aufzuklären. Es ist erforderlich, rasche und umfassende Klima- und Umweltschutzmaßnahmen durchzusetzen, um der bedrohlichen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Das allein herrschende internationale Finanzkapital ist dazu weder willens noch in der Lage. Die Massen wollen jedoch nicht in einer globalen Umweltkatastrophe untergehen. Auf der Grundlage eines höheren Umweltbewusstseins und einer höheren Organisiertheit werden sie sich dagegen zur Wehr setzen und früher oder später den notwendigen gesellschaftsverändernden Kampf aufnehmen.
Quellen:
1 „Kalifornien trocknet aus“, Süddeutsche Zeitung, 18.3.2014
2 Proceedings of the National Academy of Science 2013, Band 110, Seite 5.336
3 National Oceanic and Atmospheric Administration, http://www.arctic.noaa.gov/future/warm_arctic_cold_continent.html
4 http://www.science.su.se/english/about-us/news/methane-bubbling-from-thawing-seabed-in-arctic-siberia-1.158945