Euro-Krise im Griff?

Aus Rote Fahne 18/2014: Neues aus der Weltwirtschafts- und Finanzkrise - Euphorisch verkünden die führenden Wirtschaftsinstitute das Ende der Weltwirtschafts- und Finanzkrise. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verspricht sogar einen „soliden Aufschwung“. Die seit Jahren anhaltende Euro-Krise scheint so kurz vor den Europawahlen Schnee von gestern zu sein.

Heute verlassen Länder wie Irland und Spanien den Europäischen Rettungsschirm, Portugal hat diesen Schritt angekündigt. Griechenland konnte wieder Staatsanleihen aufnehmen. Das europäische Finanzkapital reagierte euphorisch. Kassieren die Banken doch für neu gezeichnete Griechenland-Anleihen einen Zinssatz von 4,75 Prozent für Gelder, die sie sich für 0,5 Prozent Zinsen bei der Europäischen Zentralbank besorgt haben. Haben die EU-Staaten die Euro-Krise jetzt also im Griff?

Ein Blick auf die Schulden gerade der „Hoffnungsträger“ für das internationale Finanzkapital zeigt eine zum Teil rasante Zunahme auf mehr als das Doppelte in Spanien, mehr als das Vierfache in Irland, und ein Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, das die Wirtschaftsleistung dieser Staaten immer mehr überfordert. (Siehe Tabelle.) Vor allem angesichts ihres bis heute nicht eingeholten tiefen Rückfalls unter den Vorkrisenstand und einer weiter abwärts gerichteten Bewegung in Irland, Italien und Griechenland. Gelöst ist die Euro-Krise daher nicht, sondern die führenden EU-Staaten haben sich nur eine gewisse Atempause erkauft. Denn es gibt überhaupt keinerlei realistische Pläne, wie diese Staatsschulden überhaupt wieder abgetragen werden sollen.

Um die pünktliche Bezahlung der Zinsen und des Schuldendienstes aus der Masse der Bevölkerung herauszupressen, wurden und werden die Krisenlasten in allen diesen Staaten in einem bisher nie gekannten Umfang und Tempo auf die Massen abgewälzt.

Allein in Irland wurden die Rentenkassen um 17,5 Milliarden Euro geplündert, das Kindergeld gekürzt, die Studiengebühren verdreifacht und die Steuern massiv erhöht. Das Arbeitslosengeld für junge Menschen wurde halbiert, so dass sie sich oft zur Auswanderung gezwungen sehen. Ein Drittel der Bevölkerung ist von Armut bedroht, ein Zehntel leidet unter Hunger. Das verfügbare Einkommen des schwächsten Zehntels der Bevölkerung ist in nur einem Jahr um 26 Prozent gesunken. Die an die Banken überwiesenen Gelder, die aus den Massen herausgepresst oder über Kredite der EU finanziert wurden, belaufen sich allein für Irland auf 166 Milliarden Euro.1 Das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt des kleinen Landes im Jahr 2012 von 159 Milliarden Euro.

Um die Euro-Krise einzudämmen, hatten die führenden Staaten schweres Geschütz aufgefahren. Die zwei Euro-Rettungsfonds haben ein Volumen von 440 bzw. 700 Milliarden Euro, dazu kommen vom IWF in Aussicht gestellte Kredite von über 250 Milliarden Euro und weitere Kreditzusagen. Die Europäische Zentralbank befreite die Banken und andere Investoren von hoch riskanten Staatsanleihen und kaufte ihnen von Mai 2010 bis September 2012 Papiere im Umfang von 211 Milliarden Euro ab.

Mit Recht halten 80 Prozent der Deutschen nach einer repräsentativen Umfrage des Insa-Instituts die Eurokrise nicht für beendet.2 Gefragt, ob die gegenwärtige Situation nicht eine tatsächliche Entspannung ausdrückt, antwortete der MLPD-Vorsitzende Stefan Engel im „Rote-Fahne“-Interview im März diesen Jahres: „Zeitweilig schon. In ihrem längerfristigen Ergebnis sicherlich nicht! Denn all die Mechanismen zur Bewältigung der Krisen sind bereits auch Hypotheken auf die Zukunft. So hat sich die Staatsverschuldung im Lauf der Weltwirtschafts- und Finanzkrise weltweit sprunghaft erhöht und damit den Spielraum künftiger Krisenregulierung erheblich eingeengt.“3

(dg)

 

1  www.heise.de, 29.12.2013, laut attac Österreich

2 www.wiwo.de, 24.4.2014

3 „Rote Fahne“ vom 19.3.2014

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