Vor 40 Jahren: Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich

Ein Stahlarbeiter von damals erinnert sich:

Hamburg (Korrespondenz): In seinem 1. Mai-Aufruf 1974 stellte der KABD, die Vorläuferorganisation der MLPD, als erste und einzige Organisation die Forderung nach Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich auf. Die zunehmende Massenarbeitslosigkeit hatte diese Forderung vor allem zur Umverteilung der Arbeit auf mehr Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Tagesordnung gestellt. Darüber diskutierten wir im Frühjahr 1974 intensiv und zum Teil sehr heftig mit unseren Kollegen auf der Arbeit und auch unter uns Genossen in der Betriebsgruppe. Es gab starken Gegenwind: SPD, DKP, „linke“ Gruppen und vor allem rechte Gewerkschaftsfunktionäre wetterten nicht nur in Duisburg gegen uns. Wir wurden regelrecht verlacht. Doch die Entwicklung gab uns recht: Nur drei Jahre später stellte auch der 12. Gewerkschaftstag der IG Metall diese Forderung auf.

Angeführt von Kollegen der Stranggießanlage – ich selbst darunter mit dem Ausrufungszeichen – traten wir im November 1978 in einer selbständigen Demonstration für Vollstreik ein (siehe Foto). 98 Prozent meiner Kollegen stimmten dafür. Im eiskalten Dezember/Januar organisierten wir IGM-Vertrauensleute, unterstützt von fortschrittlichen Betriebsräten, einen sechswöchigen Streik mit hoher Kampfmoral. Gegen unseren Willen setzte der IGM-Hauptvorstand schließlich einen faulen Kompromiss durch, der auf eine rechnerische 38-Stunden-Woche hinauslief. Und doch hatten wir ein Signal für viele Belegschaften gesetzt. Auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen mit Massenentlassungen wuchs deren Kampfbereitschaft.

Im Jahr 1984 – also vor rund 30 Jahren – traten 500.000 Metaller und Drucker in den größten und bis dahin auch härtesten Massenstreik der Nachkriegsgeschichte. Die Monopole reagierten sofort mit Aussperrung, um der Arbeiterklasse eine beispielhafte Niederlage beizubringen. Zwar wurde mithilfe der Gewerkschaftsführung erneut ein fauler Kompromiss – 38,5 Stunden flexibel zwischen 37 und 40 Stunden – durchgesetzt, das Klassenbewusstsein aber nicht nachhaltig beschädigt. Im Gegenteil. Es brodelte weiter in den Betrieben. Der Arbeitsdruck stieg. Von 1978 bis 1988 verdoppelte sich die Arbeitsproduktivität von jedem von uns „Mannesmännern“ von 380 auf 770 Tonnen Stahl pro Jahr.

Und dann gingen wenig später (1987) die Kämpfe der Kruppianer in Duisburg-Rheinhausen los. Die Arbeiteroffensive kam in Schwung, immer auch in Verbindung mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung. Nach der Wiedervereinigung streikten unsere Stahlkumpel in Ostdeutschland für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Aus Angst vor einer ähnlichen Entwicklung wie 1984 wurde der Streik von der rechten IG-Metall-Führung ohne jedes Ergebnis abgewürgt.

Der Druck in den Betrieben, Stilllegungen und Massenentlassungen, aber auch die Kämpfe der Arbeiter wuchsen weiter an. 1995 war es wieder meine Partei, die MLPD, die erstmals die Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aufstellte; eine Forderung, die inzwischen auch öffentlichkeitswirksam von über 100 namhaften Professoren, Gewerkschaftern und Politikern unterstützt wird; eine Forderung gegen die Auswirkungen der mit der Internationalisierung der Produktion in den 1990er Jahren beschleunigten Überausbeutung der Arbeitskraft. Die deutschen Monopolkapitalisten tun sich dabei besonders hervor: Heute liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit hierzulande mit 41,2 Stunden sogar über dem Durchschnitt der EU von 39,6 Stunden.

40 Jahre bewegter Kampf für die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35, dann auf 30 Stunden lassen viele unserer Kolleginnen und Kollegen nachdenken: Statt sich immer wieder mit dem Zurücknehmen des Erkämpften, mit der Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, ja überhaupt mit der zunehmenden Ausbeutung und Unterdrückung abzufinden, gilt es mit uns Marxisten-Leninisten für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und für den echten Sozialismus einzutreten.

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