Die Fata Morgana vom sauberen Fracking

Am 30. Mai wurde bekannt, dass die Niederlande an ihrer Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen mit einer „Struk­tur­vision Schiefergas“ bis Anfang 2015 die Förderung von Gas aus tiefen Gesteinsschichten durch Fracking prü­fen wollen.

Gerade war es um das Thema in den Medien etwas ruhiger geworden. Hannelore Kraft, Minister­präsidentin von Nordrhein-Westfalen (SPD), hatte wiederholt erklärt: „Wir halten Fracking in NRW nicht für den richtigen Weg.“ Sie und ihr grüner Umweltminister Johan­nes Remmel halten jedoch schon im­mer das Hintertürchen offen, „solange Fracking nicht umwelt­verträglich ist.“ Wenn jetzt – wie von der nieder­ländischen Regierung ange­kündigt – in den Provinzen Limburg, Nord-Brabant und Gelder­land tat­sächlich durch Fracking Gas geförd­ert wird, machen die Folgen wie Ver­seuchung des Trink­wassers oder Erd­beben nicht an der Grenze halt. Auch die Bevölkerung am Niederrhein wäre betroffen.

Es gibt kein „umwelt­verträgliches Fracking“!

Die These eines angeblich möglichen umweltverträgli­chen Frackings ist bereits regierungsamtliche Augenwischerei. Denn was ist Fracking? „Beim Fracking werden Gesteinsschichten zertrümmert, um Öl oder Gas zugänglich zu machen, das in feinsten Klüften des Gesteins eingeschlossen ist. Hauptsächliches Ziel ist die Gewinnung des in Kohle- und Schieferformationen in bis zu 6.000 Metern Tiefe gebundenen Methans. … Das Frackwasser enthält giftige Chemikalien, die Mikroorganismen abtöten, damit diese nicht die aufgesprengten Klüfte wieder schließen. … Fracking bedeutet eine Zerstörung der teilweise nur zehn Kilometer dicken Erdkruste in Tiefen bis zu sechs Kilometern, wie sie die Geschichte der Menschheit bisher nicht kannte. Zusammenhängende Gesteinsschichten werden großflächig ihrer Stabilität beraubt. Deshalb treten in Fracking-Gebieten gehäuft Erdbeben auf.“ (1)

Die immer wieder ins Spiel gebrachte Variante ohne chemischen Giftcocktail gibt es nicht! Um die Mikroorganismen nach dem Aufsprengen des Gesteins daran zu hindern, die Spalten wieder zu schließen, müssen sie mit giftigen Bioziden abgetötet werden. Es gibt bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis für „umweltverträgliches Fracking“! Am 24./25. 6. 2013 fand dazu in Hannover eine Konferenz „Umweltverträgliches Fracking?“ von drei geo- und umweltwissenschaftlichen Institutionen statt (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie zwei Helmholtz-Zentren), die das bekräftigen muss­te.

Selbst wenn die Utopie eines chemiefreien Fracking Wirklichkeit würde, bliebe das Problem der Erdbeben und Zerstö­rung der Erdkruste. Zudem setzt das Fracking auch im Boden vorhandene natürliche Radioaktivität frei, die nach oben gespült wird.

Je mehr die dramatischen Folgen für die Gesundheit der Menschen und die natürliche Umwelt bekannt werden, umso größer wird die Ablehnung in der Bevölkerung und wächst der Widerstand. In Deutschland sind über 30 Bürgerinitiativen aktiv gegen Fracking-Pläne – von der Ostseeinsel Usedom bis zum Bodensee. Zahlreiche Stadträte haben Resolutionen gegen Fracking verabschiedet. Mit dem Global Frackdown Day arbeitet die Anti-Fracking-Bewegung seit 2012 auf einen weltweiten gemeinsamen Kampftag hin, dieses Jahr wird er am 11. Oktober sein.

Alles zum Schutz von Mensch und Natur?

Die Hauptakteure des Fracking zählen zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital: 89 der 500 größten Monopole der Welt sind an der Gewinnung und Verarbeitung fossiler Rohstoffe oder bei der Produktion der dazu eingesetzten Technologie beteiligt, z. B. die Öl-Multis ExxonMobile und BP. Doch sie haben zunehmend ein Problem: Wie können sie die Öffentlichkeit dafür gewinnen? Wie kann ver­hindert werden, dass sich die zunehmenden Proteste der Massen zu einem koordinierten aktiven und internationalen Widerstand höher entwickeln?

Dazu brüten sie zunehmend verfeinerte Methoden aus, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen: Regierungen und Institutionen wie die EU-Kommission würden angeblich alles zum Schutz der Gesundheit der Menschen und der Natur tun. Der FDP-„Energie-Experte“ Dietmar Brockes, fordert „unser Wissen über die Technologie zu erweitern und die Chance zu nutzen, ein ,Green Fracking‘ ohne Gefährdung von Mensch, Tier oder Umwelt zu entwickeln.“

Auf Biegen und Brechen will heißen: an der Plünderung der Ressourcen und Vergiftung der Umwelt festhalten und alles mit einem grünen Mäntelchen zu versehen. Auch die Umwelt­minister von Bund und Ländern verständigten sich bei ihrer Konferenz am 9. Mai auf ein Täuschungsmanöver: Sie erklärten, Wasser und Boden in Deutschland schützen und daher die umstrittene Gasfördermethode Fracking nicht zulassen zu wollen, solange sie nicht „umweltverträglich“ sei. Der Bun­desverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) entlarvt dies zu Recht „als durchsichtiges Manöver, um das Thema Fracking aus der politischen Debatte zu nehmen und die Bevölkerung zu beruhigen. Die geplante Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes wird die Wassergefährdung durch Fracking nicht verändern. Und die wieder aus der Schublade geholten Pläne der letzten Bundesregierung würden dazu führen, dass über 80 Prozent der Landesfläche für Fracking freigegeben würden. Die geplante Umweltverträglichkeits­prüfung für Frack-Vorhaben ist ein reines Placebo. Denn im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung kann nicht mehr verlangt werden, als bestehende Rechtsvorschriften sowieso schon vorschreiben. … So soll der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut werden.“

Das Land Niedersachsen hat eine Bundesratsinitiative gestartet: Künftig solle für Erdgasprojekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung samt Öffentlichkeitsbeteiligung Pflicht werden. Das klingt gut und soll der Bevölkerung vorspiegeln: bei uns ist alles in guten Händen. Das größte deutsche Öl-Gas-Unternehmen Wintershall, eine 100-prozentige BASF-Tochter, hat sich prompt für diese Initiative bedankt. Warum wohl?

Ganz im Interesse seiner Auftraggeber aus den Chefetagen der internationalen Übermonopole antwortet das Bundeswirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Grünen zu konventionellen und unkonventionellen Lagerstätten (darunter fällt Gas in Schiefergestein): „Für die Entscheidung, ob und falls ja, unter welchen Bedingungen aus einer Lagerstätte Erdgas gefördert werden kann, ist die Klassifizierung als konventionell oder unkonventionell zunehmend unerheblich. Hier gilt es … eine Abwägung bezüglich der Umweltverträglichkeit und der Wirtschaftlichkeit zu treffen.“ Im Klartext: egal, wie das Gas aus der Erde kommt – entschei­dend ist der maximale Profit, der dabei herausspringt! Auch wenn es nur für kurze Zeit ist: Fracking könnte in Deutschland – wenn überhaupt – nur zwölf bis 13 Jahre profitabel betrieben werden – Zerstörung des Grundwassers und des Bodens aber bleibt bestehen!

Frei„fracking“abkommen mit den USA

Die hinter verschlossenen Türen laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) waren ein heißes Eisen im Europawahlkampf. Sollte es wie vorgesehen durchkommen, könnten sich internationale Monopole vor geheim tagenden Schiedsgerichten die Erlaubnis zum Fracken erklagen. Denn – so ihre Logik – ist es ein Investitionshemmnis, wenn Konzerne in den Niederlanden fracken dürfen und in Deutschland nicht. „Das TTIP dürfte ein Fracking-Förderabkommen werden“ – zu diesem Schluss kommt selbst die wenig radikale Naturschutzorganisation BUND.

Greenfracking als Exportschlager?

Das „Greenfracking“ ist ein Musterbeispiel für den impe­ria­listischen Ökologismus: Umweltschutz wird nur dann und nur so weit berücksichtigt, wie die Maximalprofite der Monopole nicht darunter leiden und sogar noch gesteigert werden können! Obwohl „Greenfracking“ bis heute eine Fata Morgana ist, träumt das Ka­pital bereits von einem neuen deutschen Exportschlager. „Wenn wir zu einem grünen Fracking kommen, ist das auch etwas, was wir exportieren können“, schwärmt Michael Kosinowski von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Soll Deutschland also für 12 bis 13 Jahre zum Versuchslabor für einen Exportschlager der Monopole werden?

Widerstand nötig

Weltweit entfalten sich Proteste und wird das generelle Verbot von Fracking gefordert. Daher sind die Herrschenden von der Angst erfüllt, die Massen könnten zu einem koordinierten aktiven Widerstand übergehen, wenn Betrug und Spaltungsmanöver scheitern.

Am meisten fürchten sie revo­lutionäre Kräfte wie die MLPD, die für einen neuen Typ der sozialistischen Gesellschaft eintreten, wo ein Produzieren und Leben auf Grundlage der Einheit von Mensch und Natur oberstes Prinzip wird. Deshalb beginnen die Herrschenden damit, den Umweltkampf in die Nähe des „Terrorismus“ zu rücken. In einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums heißt es: „Diese Effekte (des Klimawandels) werden Stressfaktoren erhöhen wie: Armut, Umweltzerstörung, politische Instabilität, soziale Spannungen – Bedingungen, die terroristische Aktivitäten und andere Formen der Gewalt begünstigen.“ (2)

Die MLPD tritt entschieden für das vollständige Verbot von Fracking weltweit ein und setzt sich für eine Bündelung der Kräfte an einem gemeinsamen internationalen Umweltkampftag ein, um eine gemein­same starke Kampforganisation und eine Front des internationalen aktiven Widerstands aufzubauen.

 

 

(1) „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ S. 204/205)

(2) www.defense.gov/pubs/2014

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