Athener Putzfrauen trotzen Regierung und EU-Troika
Es gab zahlreiche Verletzte, unter ihnen auch Journalisten und Fotografen. Das von der Regierung gestreute Gerücht, die Putzfrauen hätten die Polizisten mit Knüppeln und Steinen attackiert, konnte mittels der Fotos und Videos schnell entkräftet werden. Wenige Stunden nach dem Polizeieinsatz waren die mutigen Frauen, begleitet von zahlreichen Solidaritätsdemonstrantinnen und -demonstranten, wieder zur Stelle. „Einige von ihnen zierte lediglich ein Gipsbein oder eine bandagierte Hand“, schreibt der Journalist Wassilis Aswestopoulos am 18. Juni 2014.
Das Protestcamp in Athen ist zu einem Symbol des Widerstands gegen die brutale Abwälzung der Krisenlasten auf die griechische Bevölkerung unter dem Diktat der Troika geworden. Es genießt internationale Anerkennung und Solidarität. Die Troika besteht aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB). Ihre Aufgabe ist es, den Kurs des europäischen, allein herrschenden internationalen Finanzkapital durchzusetzen.
Der zuständige Minister Kyriakos Mitsotakis hatte der Troika Zahlen über „Einsparungen“ im öffentlichen Dienst zu liefern. Im Herbst 2013 entließ das Athener Finanzministerium 595 Reinigungskräfte. Außerdem traf es Schul-Hausmeister, Lehrer, Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Bereits im Jahr 2008 hatte eine griechische Putzfrau durch ihren erbitterten Kampf gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen von sich reden gemacht: Konstantina Kouneva, gebürtige Bulgarin, die inzwischen über das linke Bündnis SYRIZA einen Sitz im Europaparlament inne hat. Konstantina Kouneva wurde bei einem Säureattentat schwer verletzt, bis heute wurde der Täter nicht gefasst.
Die griechische Regierung hat die entlassenen Putzfrauen gewaltig unterschätzt. Monatelang kämpften sie um ihre Wiedereinstellung, sowohl juristisch wie auf der Straße. Sie lassen sich nicht spalten. Eine Besonderheit ihres Protestes ist, dass sie auch andere Streiks und Kämpfe unterstützen, so die entlassenen Schülerlotsen und Berufsschullehrer sowie protestierende Bauern. Vor Gericht bekamen die Frauen vor kurzem zunächst Recht: Es ordnete ihre sofortige Wiedereinstellung an. Der oberste Gerichtshof Areopag, bei dem das Finanzministerium in Berufung ging, setzte dieses erstinstanzliche Urteil jetzt aus. Das Interesse von Einzelnen könne nicht „unabhängig von den Folgen für die Wirksamkeit der Finanzpolitik der Regierung gesehen werden“ begründeten die Richter ihren Urteilsspruch, Ausdruck der Klassenjustiz gegen die Putzfrauen. Ähnliche Urteile gegen kämpferische und klassenkämpferische Kräfte häufen sich in Griechenland. Erst vor wenigen Wochen wurden Aktivisten des 272 Tage dauernden Streiks der Stahlarbeiter von Aspropirgos/Griechenland pauschal abgeurteilt. Dieses Urteil nannte die Richterin Kostandina Polizogopulu als ein Urteil für Ordnung gegen „ungesetzliche Gewalt“. Ein selbständiger Streik, ein Kampf für Brot und Arbeit ist für sie ungesetzlich. Die griechischen Werktätigen lassen sich nicht entmutigen und verdienen internationale Solidarität.
(gis)