100 Jahre I. Weltkrieg: Die Demagogie des Bundespräsidenten

100 Jahre I. Weltkrieg: Die Demagogie des Bundespräsidenten

Willi Dickhut, Krieg und Frieden und die sozialistische Revolution, 317 Seiten, ISBN: 978-3-88021-059-2, 11,50 Euro, Verlag Neuer Weg, www.people-to-people.de

Zum 100. Jahrestag des Beginns des I. Weltkriegs trafen sich der deutsche und der französische Präsident am Hartmannsweilerkopf im Elsass, einem der am härtesten umkämpften Schauplätze des Weltkriegs. Hier allein ließen 30.000 Menschen ihr Leben, im I. Weltkrieg insgesamt circa 17 Millionen. In demagogischer Weise täuschten Joachim Gauck und Francois Hollande in ihren Reden über die Ursachen und den Charakter dieses ersten imperialistischen Weltkriegs hinweg.

Nach Hollande war „eine verrückte Kette der Gewalt“ und eine „unheilvolle Verkettung der Ereignisse“ nach dem Mord an dem österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand die Ursachen des Kriegs. Bundespräsident Gauck machte „die Menschen“ als solche dafür verantwortlich: „Es war nicht der Berg, der tötete, es waren die Menschen selber. Es ist allein der Mensch, der unmenschlich handeln kann.“ („FAZ“, 4.8.14)

Diese Verschleierung hat Methode: die wahren Verantwortlichen auf beiden Seiten sollen verschwiegen werden. Denn der I. Weltkrieg entstand nicht aus einer schicksalhaften Verkettung von Umständen und auch nicht „die Menschen“ haben ihn ausgelöst. Es war ein mutwillig herbeigeführter Krieg zwischen verschiedenen imperialistischen Mächten – vorneweg der deutsche Imperialismus – zur Neuaufteilung der Welt in Machtsphären, Märkte und Rohstoffgebiete (siehe auch „Rote Fahne“ 31/2014, Seite 7). Unübertrefflich formuliert in einem US-Militärgeschichtsbuch: „Wie die großen Mächte sich in Friedenszeiten auf den Krieg vorbereiteten und wie der Krieg kam, weil alle so gut auf ihn vorbereitet waren.“

Zur Rolle des deutschen Impe­rialismus stellt das Programm der MLPD fest: „Konzentration und Zentralisation des Kapitals führten nach 1871 zur Bildung von Industrie- und Bankmonopolen und zu deren Verschmelzung zum herrschenden Finanzkapital. Das schuf die wirtschaftliche Grundlage für den aufstrebenden deutschen Imperialismus, der sich durch seine moderne Technik und bessere Organisation besonders schnell entwickelte. Aufgrund seiner späten Entwicklung drängte er auf eine Neuaufteilung der Welt zwischen den imperialistischen Großmäch­ten und entfesselte dazu zwei Weltkriege.“ (S. 8) Deutschland hatte schon vor dem eigentlichen Kriegsausbruch drei gefährliche Krisen ausgelöst, aggressiv aufgerüstet und das oben genannte Attentat zum willkommenen Anlass genommen, Russland am 1. 8. 1914 und Frankreich zwei Tage später den Krieg zu erklären. Wenn auch das Deutsche Reich besonders aggressiv auftrat, waren die anderen Großmächte ebenfalls darauf aus, den aus der Verschiebung der imperialistischen Kräfteverhältnisse entstandenen Konflikt militärisch auszutragen.

Nach dem II. Weltkrieg entzog der tiefe Friedenswillen der Massen in Europa einer erneuten offenen Kriegshetze den Boden. Vor allem veränderte sich aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung der kapitalistischen Produktion zeitweilig die hauptsächliche imperialistische Taktik. In den Vordergrund trat die ökonomische Durchdringungspolitik zur Eroberung neuer Märkte, Rohstoffressourcen und Einflussgebiete. Gaucks gestelzte Formulierung von der EU als „Institution gewordene Lehre aus der Geschichte“ soll jedoch darüber hinwegtäuschen, dass die EU nichts anderes als ein imperialistisches Zweckbündnis ist. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und dem verstärkten Hervortreten der internationalen Strukturkrise nach ihrem Ende verschärft sich erneut die imperialistische Rivalität um die Neuaufteilung der Macht- und Einflusssphären. Der Zwang zu kriegerischen Auseinandersetzungen bis hin zur Zerstörung des Weltfriedens haftet dem Imperialismus bis zu seinem Untergang an.

Die Verklärung des „euro­päischen Gedankens“ und die ideologische Wegbereitung eines verstärkt aggressiven Auftretens der ach so „zivilisierten“ EU sind bei Gauck zwei Seiten einer Medaille. In einem Antwortbrief auf die öffentliche Kritik von 67 ostdeutschen Pfarrern ließ er erst kürzlich seinen Staatssekretär David Gill schreiben, dass der „evangelische Christ Gauck … nicht erkennen“ könne, „dass der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der Pazifismus“ sei. Seine reaktionäre Kritik am Pazifismus rechtfertigt er ausgerechnet damit, dass „ohne Einsatz bewaffneter Kräfte keine Befreiung von der Hitler-Diktatur möglich gewesen wäre“. Damit stellt er die berechtigte Unterscheidung zwischen gerechten und ungerechten Kriegen, wie sie von den revolutionären Kräften auf der Welt in der Kritik am Pazifismus getroffen wird, vollständig auf den Kopf.

Im II. Weltkrieg ging es vor allem nach dem Überfall auf die sozialistische Sowjetunion darum, Millionen Menschen vom Joch des Faschismus zu befreien bzw. sich gegen die drohende Unterjochung zu verteidigen. Das hat rein gar nichts mit den heutigen Bun­deswehreinsätzen in aller Welt und nichts mit dem von EU und NATO sowie Russland geförderten Krieg in der Ukraine zu tun. Dabei geht es einzig und allein um lukrative Märkte und Rohstoffe, um die Siche­rung von Handelswegen und geostrategische imperialistische Interessen. Gauck selbst ließ das in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ vom 14. Juni durchblicken. Die „Zeit der gut begründeten Zurückhaltung“, sich „international entsprechend der Größe oder der wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands einzulassen“ sei vorbei. Dazu sei es „manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen“.

Das Verwischen der wirkli­chen Ursachen des I. Weltkriegs in der gesetzmäßigen Verschiebung der zwischenimperialistischen Kräfteverhältnisse hat vor allem den Zweck, den Zusammenhang zur heute weltweit wieder wachsenden Kriegsgefahr zu verschleiern. Damit will er einem aktiven Widerstand aller friedliebenden Kräfte vorbeugen. Der Brief der ostdeutschen Pfarrer ist jedoch nur ein Schlaglicht einer wachsenden Kritik an der Hoffähigmachung imperialistischer Kriege durch Leute wie Gauck.

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