25 Jahre danach: Wie das Volk die Mauer zu Fall brachte

Am 9. November jährt sich zum 25. Mal der Fall der Berliner Mauer. Damit fiel das unsägliche Symbol der Teilung Deutschlands. Gebannt schaute die Welt darauf, was in den Herbsttagen 1989 in Berlin und ganz Deutschland passierte.

Die erzwungene Trennung von Familien und Freunden wurde niedergerungen. Aufbruchsstimmung, Freude und Stolz prägten das Bewusstsein. Am 9. November jährt sich auch die Erkenntnis: Das Volk kann eine verhasste Regierung – ja sogar ein Regime, das sich auf die allgegenwärtige Stasi stützte – zum Teufel jagen, wenn es sich erhebt. Dieser 25. Jahrestag ist zu Recht ein Tag der Freude und des Gedenkens. Er ist zugleich Anlass des Erinnerns, der Bilanz und des Nachdenkens über Lehren für die Zukunft.

Wer hat Deutschland gespalten?

Die bürgerlichen Politiker von CDU/CSU und SPD wollen dagegen mit ihren Sonntagsreden zum Mauerfall ihre Verantwortung für die Spaltung Deutschlands vergessen machen. Sie waren es, die 1949 den Wechsel der amerikanischen Deutschlandpolitik, die mit dem Bruch des Potsdamer Abkommens und der Gründung der BRD als westdeutschem Separatstaat zur Spaltung Deutschlands führte, bereitwillig mittrugen!

Es war dagegen die revolutionäre Arbeiterbewegung, die die Einheit Deutschlands immer hochhielt. Mit Recht verweigerte der Vertreter der Kommunistischen Partei Deutschlands, Heinz Renner, im Parlamentarischen Rat im Jahre 1949 seine Unterschrift unter das westdeutsche Grundgesetz mit den Worten: „Ich unterschreibe nicht die Spaltung Deutschlands!“ Unter anderem für ihr Eintreten für die Wiedervereinigung Deutschlands wurde die revolutionäre KPD 1956 vom Bundesverfassungsgericht verboten. Die MLPD und ihre Vorläuferorganisation KABD hielten seit ihrer Gründung am Kampf für ein einheitliches sozialistisches Deutschland fest.

Adenauers Motto: „Lieber das halbe Deutschland ganz“ brachte die antikommunistische Begründung der Spaltung Deutschlands zynisch zum Ausdruck. Die Spaltung richtete sich gegen den – aus dem II. Weltkrieg gestärkt hervorgegangenen – Sozialismus und die revolutionäre Arbeiterbewegung. Erst als Antwort auf die Spaltung durch die Gründung der BRD als westdeutscher Separatstaat wurde am 7. Oktober 1949 die DDR gegründet.

Wie kam es zum Mauerbau?

Der Bau der Berliner Mauer im August 1961 war Ausdruck des Scheiterns der SED-Bürokraten. Der Mauerbau war kein Bankrott des Sozialismus, wie vom modernen Antikommunismus massenhaft verbreitet wird. Vielmehr scheiterten die SED-Führer an ihrem Verrat am Sozialismus und ihrer unaufhaltsamen Tendenz, sich dem kapitalistischen Weltsystem im Westen anzupassen.

Es war Nikita Chruschtschow, Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), der auf ihrem XX. Parteitag 1956 erklärte, dass eine sozialistische Revolution unter den heutigen Bedingungen viel zu gefährlich sei und man deshalb eine Politik der friedlichen Koexistenz betreiben, sich mit dem bürgerlichen kapitalistischen System arrangieren und in einen friedlichen Wettbewerb eintreten müsse. Das war die Rechtfertigung dafür, Schritt für Schritt alle sozialistischen Grundsätze über Bord zu werfen und bürgerlichen Verhaltensweisen, bürgerlichem Profitstreben nachzujagen. Die sozialistische Gesellschaft wandelte sich in eine bürokratisch-kapitalistische. Schöpferkraft und Initiative der Massen wurden mehr und mehr in einem bürokratisch-zentralistischen Sumpf aus Vorschriften und unrealistischen Planvorgaben erstickt. Aus einer Schicht kleinbürgerlich entarteter Bürokraten hatte sich eine neue Bourgeoisie entwickelt und die Macht ergriffen. Zur Täuschung der Bevölkerung bezeichnete sie ihre Herrschaft dennoch als „realen Sozialismus“. Es kam den imperialistischen Westmächten mehr als gelegen, dass die SED-Bürokraten am 13. August 1961 eine Mauer errichten ließen und mit dem Begriff des „antifaschistischen Schutzwalls“ ihren Bankrott und Verrat des Sozialismus tarnten.

War die DDR ein „Unrechtsstaat“?

Die MLPD lehnt entschieden die undifferenzierte Hetze eines Bundespräsidenten Joachim Gauck gegen den angeblichen „Unrechtsstaat“ DDR ab. Die MLPD war immer entschiedener Gegner der Stasi-Diktatur von Erich Honecker und zog sich den Hass der SED-Revisionisten zu. Deshalb war sie in der DDR auch verboten. Die MLPD verteidigt die nach dem II. Weltkrieg in der sowjetisch besetzten Zone durchgeführte antifaschistisch-demokratische Umwälzung sowie den 1952 begonnenen Aufbau des Sozialismus und die fortschrittlichen Errungenschaften der DDR. Es ist typisch für Gauck, dass er die Entmachtung der Monopole nach dem II. Weltkrieg, die Enteignung der Junker und Großgrundbesitzer sowie die demokratischen Rechte für die Bevölkerung als „Unrecht“ abstempelt. Nur deshalb unterscheidet er auch nicht zwischen den hoffnungsvollen Ansätzen der DDR und dem späteren Verrat am Sozialismus.

Welche Freiheit preist Gauck eigentlich? Die Freiheit der deutschen Übermonopole, ihre Waffen an jedes reaktionäre Regime zu liefern, sich an zahlreichen reaktionären Kriegen wie in Afghanistan zu beteiligen und rücksichtslos Mensch und Natur auszubeuten? Gaucks „demokratischer Rechtsstaat“ bespitzelt seine Bürger in einem Umfang, der die Stasi vor Neid erblassen ließe. Kein Problem hat Gauck damit, wenn Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das Streikrecht weiter einschränken will. Das alles wird in der Regel gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt. Das hat mit Demokratie nichts zu tun. Hier erscheint die Diktatur der Monopole, die sie über die gesamte Gesellschaft errichtet haben.

Wer stürzte das Stasi-Regime?

Der Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung waren Ergebnis einer demokratischen Volksbewegung, die unter der Losung „Wir sind das Volk“ das bürokratische Honecker-Regime zu Fall brachte. Die Volksbewegung der DDR wurde von der MLPD von Anfang an begrüßt und unterstützt. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl lässt sich dagegen heute noch als Vater der Wiedervereinigung feiern. Tatsächlich war er damals selbst völlig überrascht. Vor wenigen Wochen erst kritisierte Kohl „die vorherrschende Meinung, die Bürgerrechtsbewegung hätte den Zusammenbruch in der DDR herbeigeführt“.1 Hier blitzte seine typische Massenverachtung auf.

Es waren Massendemonstrationen in fast jeder größeren Stadt der DDR, die im Herbst 1989 den Fall der Mauer erzwangen. Diese Bewegung war keineswegs eine antikommunistische Bewegung, wie uns Gauck und die bürgerlichen Parteien eintrichtern wollen. Viele Menschen gingen zunächst mit der Vorstellung auf die Straße, für demokratische Rechte, gegen die Unterdrückung und Bespitzelung durch die Stasi und eine Verbesserung der DDR zu kämpfen.

Die DDR steckte zu dieser Zeit in einer tiefen ökonomischen und politischen Krise. Die Herrschaft des sowjetischen Sozialimperialismus, von dem die DDR vollständig abhängig war, war unterhöhlt. Im Programm der MLPD heißt es: „Da die Wiedervereinigung nicht unter sozialistischem Vorzeichen stattfand, wurde es möglich, die DDR der wirtschaftlichen und politischen Macht des westdeutschen Monopolkapitals einzuverleiben.“ (S. 12)

Mit der Wiedervereinigung kamen die Erfahrungen der Arbeiterklasse in einem wiedervereinigten Deutschland zusammen und die MLPD konnte als gesamtdeutsche Partei aufgebaut werden.

Was wurde aus Kohls Versprechen?

Es war Helmut Kohl, der von „blühenden Landschaften“ fantasierte, um Einfluss auf die Massenbewegung zu bekommen. Denn am 10. November wurde er am Berliner Rathaus Schöneberg und auf dem John F. Kennedy-Platz mit Pfeifkonzerten von der demokratischen Volksbewegung empfangen.

Selbst der Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2014 kann bis heute keine „blühenden Landschaften“ finden. Mit offiziell 10,3 Prozent ist die Massenarbeitslosigkeit chronisch. Besonders Frauen sind davon betroffen. Noch immer gibt es eine unterschiedliche Rentenberechnung in Ost und West. Auch 25 Jahre nach der Einheit sind die Durchschnittsverdienste im Osten noch circa ein Viertel niedriger als im Westen – und das bei meist längerer Arbeitszeit. Die MLPD steht für die Arbeitereinheit in Ost und West. Sie ist für einheitliche Tarifverträge in Ost und West und die Angleichung auf das jeweils höchste Niveau.

Kein Wunder also, dass es 25 Jahre später auch viele Fragen bis hin zu skeptischen Stimmen zur Wiedervereinigung gibt. Man muss den Doppelcharakter der Wiedervereinigung verstehen. Weil sie nicht unter sozialistischen Vorzeichen stattfand, konnten sich die westlichen Monopole die DDR vollständig einverleiben. Fortan kamen auch die Massen im Osten in den „Genuss“ des staatsmonopolistischen Kapitalismus westlicher Prägung und aller seiner „Segnungen“.

Neuer Anlauf für den echten Sozialismus statt Kniefall vor dem Antikommunismus

Große Teile der Linkspartei-Führung streben nach Regierungsposten. So machte Stefan Dittes, bekanntermaßen ein Vertreter der linken Strömung in der Linkspartei, am 15. August in der „Thüringischen Landeszeitung“ seinen Kniefall vor dem Kapitalismus. „Niemand will eine Revolution“, gibt er dort zu Protokoll, und: „Ja, alle Linken akzeptieren das Grundgesetz“. Wer so seinen Frieden mit dem Grundgesetz des Kapitalismus macht, hat den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft längst begraben. Er beugt sich pragmatisch den Sachzwängen des Kapitalismus, wie es von allen Landesregierungen mit Linkspartei-Beteiligung bekannt ist.

Der Zusammenbruch des Verrats am Sozialismus vor 25 Jahren und die Wiedervereinigung hinterlassen der Arbeiterklasse aber ganz andere unschätzbare historische Lehren und Möglichkeiten. Ihre Verarbeitung mit Hilfe der MLPD macht den Weg frei für einen neuen Anlauf im Kampf um den echten Sozialismus. Der Sozialismus kann nur siegen, wenn er mit dem Problem der kleinbürgerlichen Denkweise in ihren verschiedensten Schattierungen fertig wird, bzw. auf Grundlage der proletarischen Denkweise aufgebaut wird. Wenn es der Arbeiterklasse gelingt, sich diese Lehren zu eigen zu machen, wird sie in die Offensive gehen. Im wiedervereinigten Deutschland verfügt sie dazu über ausgezeichnete Voraussetzungen und mit der MLPD über eine gesamtdeutsche revolutionäre Partei.

Günter Slave (Landesvorsitzender der MLPD in Elbe-Saale) Andrew Schlüter (Landesvorsitzender der MLPD Nord-Ost) Dieter Ilius

 

1 www.mein-mitteilungsblatt.de

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