Vierter Jahrestag der Fukushima-Katastrophe: Eine Bilanz der Folgen und des Widerstands gegen die AKW
Am vierten Jahrestag des Super-GAU von Fukushima am 11. März stellen wir uns nicht nur die Frage, wie sich diese Tragödie weiterentwickelt, sondern auch, wo die Menschheit auf dem Weg zur notwendigen Stilllegung aller Atomanlagen steht. Dieser ist eng verbunden mit dem Kampf für das Verbot und die Vernichtung aller ABC-Waffen.
1. Japan – die Katastrophe geht weiter und wird weltweit in ihrer Dimension vertuscht:
Es gibt eine weltweite Medienzensur ausgehend von Tepco und der japanischen Regierung, aber auch der UNO-Weltgesundheitsorganisation und der IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation). Danach sei „alles im Griff“. Die Realität ist anders: Weiterhin befinden sich drei Reaktoren in Fukushima im Zustand der Kernschmelze, täglich müssen 360 Tonnen Wasser zur Kühlung in die Reaktoren gepumpt werden. Etwa 90.000 Tonnen atomar verseuchten Wassers versickerten bisher in den Kellern der zerstörten Anlagen und damit auch ins Grundwasser. Das ganze Kraftwerksgelände steht inzwischen voll mit Tausenden Tanks mit abgepumptem radioaktiv belasteten Wasser. Es gibt viele Lecks in den Tanks. Tepco hat im April 2014 erreicht, dass belastetes Wasser ins Meer eingeleitet werden kann.
Über 130.000 Menschen sind aus der Verstrahlungszone auf unabsehbare Zeit evakuiert. Während offiziell behauptet wird, kein Mensch sei bisher durch die Reaktor-Katastrophe gestorben, nennen unabhängige Quellen bisher 1.700 Tote. Schilddrüsenkrankheiten, darunter auch Schilddrüsenkrebs, sind bei den Kindern der Region explosiv angestiegen. Die Ärzteorganisation IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg) rechnet mit 20.000 bis 120.000 Krebsfällen in Japan durch Fukushima.
Die japanische Regierung will die stillgelegten japanischen AKWs wieder hochfahren, dagegen entwickelt sich ein breiter Volkswiderstand, auch getragen von kämpferischen Gewerkschaften wie der Eisenbahner-Gewerkschaft Doro-Chiba. Dieser Protest wird unterdrückt und kriminalisiert bis hin zu faschistischen Angriffen auf Demonstranten.
2. Das international allein herrschende Finanzkapital plant keinen Atomausstieg, sondern eine Renaissance der Atomindustrie:
Auch in Westeuropa findet durch die großen atomaren Wiederaufbereitungsanlagen wie Sellafield oder La Hague kontinuierlich eine massive Einleitung von Radioaktivität in die Meere statt. Durch die gleichzeitige Vermüllung mit Chemie und Plastik, Versauerung und Auftauen giftiger Methan-Kristalle durch die Klimaerwärmung liegt eine komplexe Schadwirkung auf die sensiblen maritimen Ökosysteme vor, die für die Existenz der Menschheit brandgefährlich ist.
Im Mittelmeer wie in der Nordsee rosten Atommüll-Fässer vor sich hin, die teilweise von der Mafia versenkt wurden. Weltweit ist die Entsorgungsfrage und Endlagerung des Atommülls völlig ungelöst. Durch Atomtransporte, Wiederaufbereitung, Betrieb und Abriss von AKWs werden Millionen Menschen gefährdet und die Staatskassen geplündert.
557 AKW-Neubauten sind weltweit geplant. Zurechtgelogen wird das Ganze als „Brückentechnologie zum Zeitalter erneuerbarer Energien“ und „Zukunftstechnologie“, in Wahrheit ist diese Expansion der atomaren weltweiten Belastung Bestandteil der neuen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten im imperialistischen Weltsystem und der Entwicklung zur globalen Umweltkatastrophe. Es geht hier auch nicht mehr um die Erzeugung notwendiger Gebrauchswerte, sondern um staatlich garantierte Milliarden-Profite für die internationalen Übermonopole. Es geht um die Kontrolle der globalen Energieversorgung und den Kampf um Weltherrschaft.
Wie gefährlich das werden kann, zeigt auch die Nähe der Atomanlagen in der Ukraine zu den Kampfgebieten. Die französische EDF ist der weltweit größte Betreiber von Atomanlagen, der französische Konzern AREVA ist der weltweit größte Reaktor-Bauer und Uranproduzent. Von der Fördermenge des Urans bezogen auf einzelne Länder ist Kasachstan Spitzenreiter, dahinter taucht bereits die Region Mali-Niger auf. Hier geht AREVA über Leichen, dort sind auch französische Truppen im Einsatz.
Auch die EU plant simultan eine knallharte Expansion des Atomgeschäftes wie auch des Frackings – was bei den „Friedensmissionen“ von Merkel und Hollande eine wesentliche Rolle spielt! Von Siemens bis RWE haben auch deutsche Konzerne ihre Finger im Auslandsgeschäft mit Atom, Kohle, Gas und Öl!
3. Arbeiter- und Umweltbewegung gemeinsam!
Eine isolierte Anti-Atom-Bewegung reicht heute nicht mehr aus, um den Kampf für die Stilllegung aller Atomanlagen weltweit als Teil des Kampfes zur Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen zu führen. Hier ist eine internationale Umweltbewegung in neuer Qualität notwendig, die sich auf der Grundlage des weltweit koordinierten aktiven Widerstands zu einer überlegenen Kraft gegenüber dem herrschenden internationalen Finanzkapital entwickeln muss. Das geht nicht ohne den Zusammenschluss von Arbeiterbewegung und Umweltbewegung und das feste Rückgrat revolutionärer Parteien mit einer gesellschaftlichen Perspektive der Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung von Mensch und Natur.
So ist eine entscheidende Lehre aus vier Jahren Fukushima-Desaster, sich persönlich einzubringen in den Aufbau kämpferischer allseitig aufgestellter überparteilicher Umweltorganisationen wie der neu gegründeten Umweltgewerkschaft. Es fordert heraus, in der kämpferischen Frauenbewegung und im Weltfrauenprozess aktiv zu werden! Wer erkannt hat, dass die Umweltfrage nur in Einheit mit der sozialen Frage gelöst werden kann, sollte Mitglied werden in MLPD und REBELL und damit auch den Aufbau der revolutionären Weltorganisation ICOR stärken! Nicht nur die Umweltgruppen der MLPD freuen sich über viele neue Mitglieder.
Dr. med. Günther Bittel, umweltpolitischer Sprecher der MLPD