18. April – weltweiter Protest gegen imperialistische „Freihandelsabkommen“

Aus Rote Fahne 16/2015: Am 18. April werden von Chicago über Berlin bis Tokio überall auf der Welt Menschen gegen TTIP, CETA, TISA usw. auf die Straße gehen.

Diese sogenannten „Freihandelsabkommen“ werden in Geheimgesprächen zwischen den USA, Kanada und der EU ausgehandelt. Die Notwendigkeit dieser Abkommen wird in den schillerndsten Farben, unter anderem mit „Abbau von Handelshemmnissen“, „Vereinheitlichung der Märkte“ und als „Konjunkturpaket“ für die Weltwirtschaft begründet.

Die fünfte Verhandlungsrunde zu TTIP findet vom 19. bis 23. Mai in den USA statt. TTIP steht für „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, Abkommen zwischen USA und EU). Die EU-Staaten haben der EU-Kommission dafür das Verhandlungsmandat erteilt. CETA ist die Abkürzung für ein entsprechendes Abkommen zwischen Kanada und der EU, TISA ist ein Vertrag über die globale Privatisierung von Dienstleistungen. 40 Prozent des Welthandels finden zwischen den USA und der EU statt.

Warum diese Geheimniskrämerei?

Warum sind die Verhand­lungen geheim, was haben die Regierungen zu verbergen? Selbst EU-Abgeordnete dürfen nur in begrenzter Zahl und ohne Anfertigung von Kopien Einblick in die TTIP-Verhandlungsunterlagen nehmen. Doch schon was bisher publik wurde, hat weltweit berechtigte Sorgen und massenhafte Empörung ausgelöst.

In ihrer Gesamtheit sorgen die Abkommen für eine Deregulierung von Arbeiterrechten, Verbraucherschutz- und Umweltschutzbestimmungen und sehen einen Zwang zur Privatisierung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge vor.

Auch der Übergang in die globale Umweltkatastrophe würde dadurch beschleunigt: Die Zulassung von Chemikalien und chemisch, hormonell oder gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf einer Seite des Atlantiks bedeutet automatisch ihre Zulassung im Raum der ganzen Freihandelszone. Dies bedeutet in der Konsequenz auch eine Aufhebung des Fracking-Verbots in einigen EU-Ländern!

Also sind TTIP & Co. ein Generalangriff auf soziale Errungenschaften und den Schutz der natürlichen Umwelt zugunsten der Maximalprofite der internationalen Monopole! Abgesichert werden soll dies durch sogenannte „Schiedsgerichte“, in denen Konzerne ganze Staaten verklagen können. Das gibt es bereits: Der Zigarettenkonzern Philipp Morris verklagt Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Entschädigung, weil dieses kleine Land sich erdreistet hat, Gesundheitswarnungen auf Zigarettenpackungen zu drucken.1

TTIP steht für die immer vollständigere Diktatur des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals über die gesamte Welt. Ihren Profitinteressen sollen sich sämtliche Lebensinteressen der Menschheit unterordnen. Der europäische und US-amerikanische Teil dieses Finanzkapitals versucht, sich mit TTIP Vorteile im Kampf um Weltmarktanteile gegen Russland, China und andere zum Teil neue imperialistische Konkurrenten zu verschaffen. Die Verhandlungen sind geheim, weil diese Machenschaften schon jetzt weltweit zu Protesten führen. In Berlin demonstrierten am 17. Januar Zehntausende gegen TTIP, Gentechnik und Massentierhaltung am Rande der „Grünen Woche“.

Bundesregierung und EU in der Defensive

Angesichts des wachsenden Umweltbewusstseins kommt die Bundesregierung immer mehr in die Defensive. Entgegen der entschiedenen Ablehnung von zwei Dritteln der Bevölkerung wurde am 1. April im x-ten Anlauf das Fracking-Gesetz im Kabinett verabschiedet. Es ist ein einziger Eiertanz zwischen den ökonomischen Zwängen und Forderungen der Energiemonopole auf der einen Seite und scheinbaren Zugeständnissen an den weltweit entwickelten Widerstand gegen Fracking auf der anderen Seite. Aber mit TTIP könnten die Betreiberkonzerne durchsetzen, dass die darin noch enthaltenen einzelnen Beschränkungen früher oder später gänzlich aufgehoben werden. Denn Fracking wird in den USA und Kanada bereits massiv betrieben. Dann kann die Regierung scheinheilig sagen: „Uns sind die Hände gebunden – wir müssen ja.“

Mit Methoden der Verharmlosung werden Bundesregierung und EU nicht müde, der Öffentlichkeit angebliche Vorteile der Freihandelsabkommen wie neue Arbeitsplätze, Preissenkungen und höhere Einkommen anzupreisen. Die EU-Kommission kanzelt alle Bedenken als „schlichtweg falsch oder irreführend“ ab. Dabei wird zu Tricks gegriffen wie zu behaupten, in TTIP stünde nichts über Wasserprivatisierung drin (was stimmt), aber zu verschweigen, dass dies eben Inhalt des TISA-Ab­kommens ist.2 Wirtschaftsinstitute haben unter anderem errechnet, dass durch die Abkommen in der EU bis 2025 die Netto-Haushaltseinkommen in Deutschland um 3.400 Euro im Jahr sinken werden.3

Besonders in der SPD entwickelt sich Kritik am TTIP-Kurs: Gebärdete sich ihr Parteivor­sitzender und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor der letzten Wahl als Gegner von TTIP, zeigt er jetzt als Dienstleister der in Deutschland ansässigen internationalen Monopole sein wahres Gesicht: In der EU ist die deutsche Regierung die eifrigste Verfechterin der Freihandelsabkommen. Ein Parteikonvent im September letzten Jahres beschloss auf Druck der Kritiker, dass sich internationale Konzerne nicht durch Schiedsgerichte über Beschlüsse demokratisch legitimierter Parlamente hinwegsetzen dürfen. Auf Nachfrage der Grünen im Bundestag erklärte Gabriel: „Ihre Frage war, ob wir das komplett herausbekommen. Meine Antwort ist Nein … und das werde ich auch meiner Partei sagen, die in Teilen eine andere Auffassung hat.“4 In der „Bild“-Zeitung vom 6. März veröffentlichte Sigmar Gabriel „fünf Gründe, warum TTIP gut für uns ist“. Um die Werktätigen für die Konkurrenzfähigkeit der Konzerne zu gewinnen, schürt er Ängste wie, dass wir „als Europäer alleine … zu klein“ seien, weil „der Anteil der Europäer an der Weltbevölkerung sinkt“.

Aber die Beschäftigten sitzen nicht in einem Boot mit ihren Ausbeutern. TTIP ist gerade eine Methode, die Konkurrenz unter den Belegschaften international zu verschärfen. Auf der Grundlage von TTIP werden sich die Erpressungsversuche um die niedrigsten Löhne und Arbeitsrechte neu entfalten. Statt der versprochenen Arbeitsplätze – an die ohnehin kaum jemand wirklich glaubt – wollen die Monopole mit TTIP die Ausbeutung weiter verschärfen.

Statt sich vor den sozialchauvinistischen Karren spannen zu lassen, müssen die Industriearbeiter internationalistisch denken, fühlen und handeln und gemeinsam kämpfen. Dabei muss das internationale Industrieproletariat in den Übermonopolen und ihren internationalen Produktionsverbünden zum entscheidenden Rückgrat werden.

Was ist der Ausweg?

Der Kampf gegen TTIP ist berechtigt. Zugleich kann der Kapitalismus diese Probleme nicht lösen. Seine ganze Daseinsweise besteht nur darin, mit allen Mitteln um die Weltmarktführerschaft zu kämpfen, um Maximalprofit zu erreichen und immer weiter Kapital anzuhäufen. Weil die Märkte und natürlichen Ressourcen aber endlich sind, erschüttern immer neue wirtschaftliche, politische und ökologische Krisen die Welt.

Die Alleinherrschaft des in­ternationalen Finanzkapitals bringt weltweit die Masse der Unterdrückten gegen sich auf, von den Arbeitern bis hinein in Teile der nichtmonopolisierten Bourgeoisie. Erst die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt können alle Vorteile der im internationalen Maßstab vergesellschafteten Produktivkräfte auch im gesellschaftlichen Interesse nutzen. Die internationalen Übermonopole werden jedoch mit allen Mitteln des Betrugs und der Gewalt versuchen, die kapitalistischen Produktionsverhältnisse aufrechtzuerhalten. Für die Arbeiterklasse und die Unterdrückten weltweit gilt es daher, den Kampf für den echten Sozialismus zu führen. Dafür tritt die MLPD als Mitglied der ICOR ein, die sich die Förderung der internationalen so­zia­listischen Revolution zur Aufgabe gemacht hat.

Weltweiter Widerstand wächst

Gegen die umfassenden Angriffe auf soziale Errungenschaften und den Schutz der natürlichen Umwelt entwickeln sich Widersprüche bis weit in die bürgerlichen Parteien, Gewerkschaften usw. hinein. Es ist etwas Neues, dass sich 340 Organisationen im Februar zu einer Europäischen Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben und am Samstag, den 18. April, zum globalen Aktionstag gegen die Freihandelsabkommen aufrufen. Sie haben bereits über 1,6 Mil­lio­nen Unterschriften gesammelt und wollen am Aktionstag die 2-Millionen-Marke knacken. Auch in den USA wird zu Protestaktionen aufgerufen. Allein in Deutschland sind in mehr als 75 Städten Kundgebungen und Aktionen geplant. Solche globalen Aktionstage sind wichtige Bausteine im Aufbau einer weltweiten Wi­derstandsbewegung.

Es ist natürlich zu begrüßen und erweitert die Kräfte im Kampf gegen TTIP, dass unter anderem der DGB, die Gewerkschaften ver.di und IG Metall, der BUND oder auch der Deutsche Städtetag dem Freihandelsabkommen kritisch gegenüberstehen. Allerdings nur in der bisher geplanten Form. In ihrem gemeinsamen Positionspapier „Für eine Handelspolitik im Interesse der Menschen und der Umwelt“ vom 30. Januar fordern sie eine Reform von TTIP, indem „soziale und ökologische Leitplanken“ gesetzt werden. Die Forderung „Freihandel muss den Menschen dienen und nicht anders herum“ ist unter kapitalistischen Bedingungen eine kleinbürgerlich-reformistische Illusion. Das Streben nach Profitmaximierung kennt keine Leitplanken. Die Positionierung für eine „aus europäischer Sicht erstrebenswerte ökologisch-soziale Marktwirtschaft“ soll der dahin­siechenden Lebenslüge von der „sozialen Marktwirtschaft“ neues Leben einhauchen. Das desorientiert einen konsequenten Kampf gegen TTIP und die Überausbeutung von Mensch und Natur. Schon sind weitere Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU im Gespräch.

Die MLPD beteiligt sich am Aktionstag am 18. April und tritt entschieden für den aktiven Widerstand zur Verhinderung der Freihandelsabkommen ein. Mit Appellen und dem Sammeln von Unterschriften an die Regierungen und die EU werden die Werktätigen ihre berechtigten Lebensinteressen nicht durchsetzen können. Das Internationale Pfingstjugendtreffen am 23./24. Mai hat die Rettung der Umwelt als einen Schwerpunkt. Es ist eine hervorragende Plattform für eine Zukunfts- und Strategiedebatte in der rebellischen Jugendbewegung.

 

1 WDR 5 „Das Feature: TTIP – Transatlantischer Traum oder der Ausverkauf der Demokratie?“, 4.1.2015

2 „EU-US-Handelsabkommen: Hier sind die Fakten“, EU-Kommission vom 18.2.2014

3 www.deutsche-wirtschaftsnachrichten.de, 14.11.14

4 „Tagesschau“, 13.1.2015

Artikelaktionen

MLPD vor Ort
MLPD vor Ort Landesverband Nord Landesverband Nordrhein-Westfalen Landesverband Ost Landesverband Rheinland-Pfalz Hessen Saarland Landesverband Baden-Württemberg Landesverband Bayern Landesverband Thüringen
In Deutschland ist die MLPD in über 450 Städten vertreten.
Hier geht es zu den Kontaktadressen an den Orten.
Mehr...
Spendenkonto der MLPD
  • GLS Bank Bochum
  • BIC: GENODEM1GLS
  • IBAN: DE76 4306 0967 4053 3530 00