600.000 Arbeitsplätze durch TTIP in Europa gefährdet?

Aus Rote Fahne 16/2015: Deutschlands Automanager hatten sich Ende Januar in Berlin bei Matthias Wissmann, dem Chef des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), versammelt, um für das Freihandelsabkommen TTIP die Trommel zu rühren. Ihre Begründungen klangen ganz harmlos. „Derzeit verschwenden wir Geld, weil wir jeweils unterschiedliche Spiegel, Blinker oder Rücklichter benötigen“, klagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.

BMW-Chef Norbert Reithofer erklärte, alleine durch den Wegfall der Zölle könne die Autobranche jährlich eine Milliarde „sparen“. Porsche-Chef Müller sieht Chancen, „unsere hohen Standards weltweit festzuhalten“. TTIP würde angeblich auch Arbeitsplätze sichern. Dagegen ließe sich „die hohe Zahl an Fabriken in Deutschland nicht halten, wenn wir uns nicht so stark für TTIP engagieren würden“, so Reithofer mit drohendem Unterton.

In das gleiche Horn stieß der Präsident des „Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau“ (VDMA), Reinhold Festge: „Dadurch können Arbeitsplätze diesseits und jen-

seits des Atlantiks gesichert und ausgebaut werden.“ Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, schwärmt: „TTIP ist ein kostenloses Konjunkturprogramm.“ Was also könnte man gegen TTIP haben? Der Haken an der Sache ist, dass diese Versprechungen reine Luftnummern sind und nur unter den Arbeitern und Angestellten falsche Hoffnungen schüren sollen.

Eine kürzlich vom „Global Development and Environment Institute“ in den USA veröffentlichte Studie kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Danach wird das Abkommen dazu genutzt werden, massive Lohnsenkungen in der EU durchzusetzen. In den USA wurden seit der Weltwirtschaftskrise in so gut wie allen Bereichen Niedriglöhne durchgesetzt – Vorreiter war in diesem Falle allerdings Deutschland mit seiner Hartz-IV-Politik. Das allgemeine Lohnniveau in den USA ist dadurch noch erheblich unter das der EU gesunken.

Mit der Durchsetzung von TTIP könnte von der EU ein ebensolcher Lohnverzicht als „Sachzwang“ eingefordert werden, um gegenüber den amerikanischen Konkurrenten zu bestehen. Die Studie kommt weiter zu dem Ergebnis, dass TTIP auch die „Arbeitsverdichtung“ forciert und deshalb über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Vernichtung von etwa 600.000 Arbeitsplätzen in Europa führen wird.

Alles das wird wiederum als Druckmittel auf die Arbeiter in den USA genutzt werden. Untersuchungen des „Economic Policy Institute“ (EPI) ergaben, dass auch in Folge des NAFTA-Abkommens zwischen den USA, Kanada und Mexiko eine Million Arbeitsplätze in den USA vernichtet und die Löhne gesenkt wurden. „Daimler will den ,Sprinter‘-Transporter künftig auch in den USA bauen, um Zölle zu umgehen und die Konkurrenz auszustechen“, berichtet ein Vertrauensmann von Daimler aus Düsseldorf. „In Düsseldorf werden deshalb mindestens 600 Arbeitsplätze vernichtet. Wenn Zetsche sein TTIP bekommt, werden sie uns damit erpressen, dass die Sprinter in den USA auch für den EU-Markt gebaut werden könnten. Unsere Antwort kann nur eine stärkere internationale Arbeitereinheit sein. Um solche Fragen zu diskutieren, bereiten wir die internationale Automobilarbeiterkonferenzen in Sindelfingen im Oktober 2015 vor.“

Die besondere Eile, mit der die Unternehmerverbände zur Durchsetzung von TTIP noch in diesem Jahr drängen, hat zugleich weltmachtpolitische Gründe. Die in den USA und der EU ansässigen international tätigen Großkonzerne versprechen sich von der Freihandelszone die Möglichkeit, die „globale Führung“ des „alten Westens“ in einer „multipolaren Welt“ zu verteidigen, wie das „Wall Street Journal“ im Juni 2013 feststellte. TTIP dient ihnen dazu, die emporstrebenden neuen imperialistischen Mächte wie China, Indien oder auch Brasilien in Schach zu halten. TTIP zielt selbstverständlich auch auf die Zurückdrängung russischen Einflusses in Europa ab. Tatsache ist: Auf dem Rücken der Massen und vor allem der Arbeiter aller Länder soll mit TTIP ein noch rücksichtsloserer Kampf um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt ausgetragen werden.

Die Konzernbosse fürchten allerdings zu Recht, dass TTIP aufgrund des wachsenden internationalen Massenwiderstands scheitern könnte. Deshalb auch die scheinheilige Werbe-Aktion der Auto-Manager für TTIP. (ba)

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