RAG: Deputat-Kündigung betrifft Hunderttausende

In den bürgerlichen Massenmedien werden die geplanten letzten Zechenstilllegungen oft achselzuckend hingenommen – wenn überhaupt etwas dazu geschrieben wird. „Das ist doch ein Auslaufmodell“ und betrifft angeblich nur mehr ein paar hundert Kumpel. Das ist gelogen.

Die provokative Kündigung des gesamten Sozialplans durch die RAG lässt das Märchen vom stillschweigenden „sozialverträglichen“ Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau offen platzen.

Zulagen für Frührentner, die Entgeltsicherung bei der Verlegung und nicht zuletzt die Deputatkohle sind gestrichen bzw. sollen ab 2017 wegfallen.

Dass weltweit die Bergleute mit Millionen Kumpel unter und über Tage eine gewaltige und anschwellende Macht darstellen, tritt unter anderem in Kämpfen wie derzeit in Arequipa (Peru) deutlich hervor.

Aber auch in Deutschland gibt es noch viel mehr im Bergbau Beschäftigte oder davon Abhängige, als vorgespiegelt wird.

Rechnet man die Kumpels im Steinkohlebergbau mit denen im Braunkohle- und Kalibergbau zusammen, so kommt man selbst nach der offiziellen Statistik auf 62.960 Bergleute (siehe Tabelle). Die Kollegen aus den Fremdfirmen, die Zulieferer und die Handwerker mit bestimmten Dienstleistungen sind da noch gar nicht mitgezählt. Von den Familien reden die Statistiker sowieso nicht. Im weiteren Sinne können auch die Beschäftigten in Steinbrüchen, wie den Basaltsteinbrüchen in der Eifel, hinzugezählt werden.

Von der Kündigung des So­zial­plans aber sind nicht nur die aktiven Bergleute, sondern Hun­derttausende betroffen – ganz besonders die, die mit dem Versprechen auf einen ruhigen Lebensabend in Rente gingen – oder gegangen wurden.

Die Kündigung der Deputatkohle wird von Grünen-Politikern verächtlich als „Privileg“ bezeichnet. Aber das ist seit Jahrzehnten ein fester Lohn- oder Rentenbestandteil, mit dem die Kumpels und ihre Familien an die Kohlekonzerne gebunden wurden. Ähnliche „Deputate“ gibt es auch für Beschäftigte in den Energiekonzernen – bei denen für Strom.

Laut WDR sind von der geplanten Streichung der Deputate unmittelbar 150.000 aktive und ehemalige Bergleute betroffen.1 In Wirklichkeit sind es wohl weit mehr: Bei der „originären Knappschaft“ werden 718.171 Rentnerinnen und Rentner gezählt, darunter sehr viele Witwen, denen nun ebenfalls die Deputatkohle nach einer Einmalzahlung gestrichen werden soll.2

Wer sich im Ruhrrevier oder im Saarland umhört, der spürt, dass es Tausende von Fäden der Verbundenheit mit den Bergleuten gab und gibt. Das sind nicht nur Tradition und der tiefe Respekt vor der schweren Arbeit, die die Kumpels über Generationen geleistet und damit das Revier tief geprägt haben. Es sind auch die Hunderttausende von Rentnern und Witwen, die jetzt unmittelbar mit der verräterischen Politik der RAG angegriffen werden. Auf ihre Empörung über diesen Betrug und auf ihre Solidarität können die Kumpels im Kampf gegen die geplante Stilllegung des Steinkohlebergbaus auf jeden Fall rechnen. Anna Bartholomé

 

1 WDR-Studio Essen 15. 5. 2015

2 Statistisches Jahrbuch 2012

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