G7 – Krisengetriebene hinter inszenierter Idylle

Am 7./8. Juni trafen sich die Staats- und Regierungschefs der USA, Japans, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Kanadas zum Gipfeltreffen im Luxushotel Schloss Elmau.

Das Treffen stand im Zeichen zunehmender und sich verschärfender Krisen, Katastrophen und Kriegsbrandherde. Seine Tagesordnung wurde diktiert vom wachsenden Widerstand gegen die drohende Klimakatastrophe, den anschwellenden Flüchtlingsströmen, der Krise der EU und den Protesten gegen die TTIP-Pläne sowie der Sorge der Menschen über die akute Kriegsgefahr in der Ukraine. Der G7-Gipfel war aber auch begleitet von breiten Protesten in München und Garmisch-Partenkirchen. Entsprechend erweckten dessen Teilnehmer den Eindruck, dass sie intensiv um die „Lösung“ der globalen Probleme ringen würden. Dazu inszenierte die Merkel-Regierung ein Bild der Harmonie der „Mächtigen“ mit Weißbier-trinkendem Obama und Waldspaziergängen in einer Postkartenidylle.

Als angeblicher „Durchbruch“ hochgejubelt werden die Erklärungen des Gipfels zur existenziellen Frage des Klimaschutzes. Die Reduzierung des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen bis 2050 um „40 bis 70 Prozent“ im Vergleich zu 2010 wird darin lediglich als „gemeinsame Vision“ bezeichnet. Außerdem sollten die G7-Länder ihren „Teil dazu beizutragen, langfristig eine kohlenstoffarme Weltwirtschaft zu erreichen“. Das ist an Unverbindlichkeit und Schwammigkeit kaum zu übertreffen:

Die vier Seiten Text zum Umweltschutz beinhalten faktisch keine einzige substanzielle gemeinsame Festlegung.

Selbst wenn es beim Weltklimagipfel im Dezember in Paris wie in Aussicht gestellt zu konkreten Vereinbarungen käme, kann man noch lange nicht davon ausgehen, dass diese auch umgesetzt werden. Schließlich wurde auch das ohnehin völlig unzureichende „Kyoto-Abkommen“ von 1997 von den imperialistischen Staaten mit Füßen getreten. So stieg der CO2-Ausstoß auf den bisher höchsten Stand im Jahr 2013 weiter kräftig an.

Selbst eine Reduzierung um 70 Prozent bis 2050 gegenüber 2010 ist völlig unzureichend und nimmt den beschleunigten Übergang in die globale Klimakatastrophe in Kauf.

Erreicht werden soll dies unter anderem durch den weiteren Ausbau der Atomkraftwerke in vielen Ländern, wie unter anderem Frankreich und Großbritannien. Also dadurch, dass ein weiterer Hauptfaktor des Übergangs zur globalen Umweltkatastrophe verstärkt würde.

Über die wachsenden weltweiten Flüchtlingsströme geben sich die G7 „äußerst besorgt“ und rufen scheinheilig dazu auf, „die … zugrunde liegenden Ursachen zu bekämpfen“ (Abschlusserklärung, S. 10). Dabei ist es die Politik unter anderem der G7-Staaten als Dienstleister der Übermonopole ihrer Länder, die durch Kriege, Hunger, Verarmung, Landraub, zügellosen Raubbau und Zerstörung der Lebensgrundlagen die Hauptverantwortung trägt, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Sie sind Verursacher des weiteren Anwachsens der Flüchtlingsströme und des massenhaften Sterbens im Mittelmeer. Deshalb auch kein Wort davon, dass die EU mit dem „Triton“-Programm die Rettung von Flüchtlingen durch die militärische Sicherung der EU-Außengrenzen ersetzte und die Errichtung von Internierungscamps auf afrikanischem Boden erwägt.

Weltweit nehmen die Proteste gegen das zwischen den USA und der EU geplante Freihandelsabkommen TTIP zu. Umfragen zeigen, dass es von der Mehrheit der Bevölkerungen abgelehnt wird. Die G7-Spitzenpolitiker setzen sich darüber hinweg und wollen die Verhandlungen sogar noch „umgehend beschleunigen“.

Verbal wird auch im Ukraine-Konflikt die „Suche nach einer friedlichen Lösung“ begrüßt. Faktisch hat der G7-Gipfel einen knallharten Kurs der „Verurteilung der … Annektierung der Halbinsel Krim“ ausgerichtet und mit „weiteren beschränkende Maßnahmen“ gegen Russland gedroht. Trotz aller Bekräftigungen, „eine diplomatische Lösung zu finden“, wird der Druck auf Russland verschärft und damit auch die akute Kriegsgefahr.

Betrugssystem wird ausgerichtet

Die G7-Gipfel sind inzwischen vor allem dazu da, das Vorgehen gegen die konkurrierenden imperialistischen Blöcke und Mächte wie Russland/China abzustimmen, aber auch das gemeinsame Handeln zur Niederhaltung wachsender Massenproteste und vor allem revolutionärer Entwicklungen. Sie sind zugleich fester Bestandteil der Ausrichtung des Betrugssystems der kleinbürgerlichen Denkweise im Machtbereich der G7-Staaten. Dem entspricht die ganze Wortwahl von der angeblichen „Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten“ über nichtssagende „entscheidende Impulse für ehrgeizige Ergebnisse“ bis zum verklärenden Leitsatz „An morgen denken - gemeinsam handeln“ (S. 1). Dem entsprechen aber auch die harmonischen Bilder, die suggerieren sollen: „Das sind ja Menschen wie du und ich.“

Dies wird von einigen Umweltorganisationen auch noch unterstützt. So lobte „Greenpeace“-Klimaexperte Thomas Münchmeyer die Verschiebung der vollständigen Umstellung auf erneuerbare Energien auf das Jahr 2100: „Die Vision einer globalen Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren hat heute deutlich Konturen gewonnen.“ (www.westfalen-blatt.de) Wer solch schwammiges Gerede als „deutliche Konturen“ bezeichnet, hat selbst jeden Maßstab für das Notwendige im Kampf zur Rettung der Umwelt aufgegeben und macht sich zum aktiven Träger der Täuschungsmanöver des G7-Gipfels.

Wovor haben die Mächtigen solche Angst?

Die sieben Staatschefs verschanzten sich zum G7-Gipfel hinter Absperrungen in zwei „Sicherheitszonen“. Der monströse Aufwand zur Durchführung des abgeschotteten Gipfels steht völlig zu Recht in der Kritik der breiten Massen. Angeblich haben Länder und Kommunen für die Beschäftigten im Erziehungswesen kein Geld. Aber für G7 nennt der „Bund der Steuerzahler“ die Rekordsumme von bis zu 360 Millionen Euro für eineinhalb Gipfel-Tage. Der Gipfel ließ sich von über 25.000 Polizisten bewachen. 16 Kilometer Maschendrahtzaun wurden durch ein Naturschutzgebiet gezogen, Grenzkontrollen wieder eingeführt, die Reise- und Demonstrationsfreiheit massiv eingeschränkt.

Mit den angereisten autonomen „Gipfelstürmern“ sind solche drastischen Maßnahmen nicht zu erklären. Vielmehr dienen sie als Machtdemonstration und Bürgerkriegsübung gegen die weltweit anwachsenden Massenkämpfe und ihre Revolutionierung.

Wachsende Kapitalismus-Kritik

Nach München kamen am 4. Juni 40.000 Gipfel-Gegner. In Garmisch-Partenkirchen waren nach Angaben des Aktionsbündnisses „Stop G7“ am 6. Juni über 7.000 Teilnehmer bei der Demonstration – trotz Hetze und Einschüchterungsversuchen durch Polizei und bayrischem Innenministerium im Vorfeld. Die Demonstrationen waren von einer breiten Zusammensetzung geprägt und hatten klare Schwerpunkte (TTIP, Klimaschutz usw.) Von einigen Organisatoren wurden aber auch massive Illusionen verbreitet. „Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat gegen die Googles und Monsantos dieser Welt“, hieß es z. B. in der Pressemitteilung von den Organisatoren um Grüne und „Die Linke“. Google und Monsanto sind aber lediglich zwei – wenn auch besonders unbeliebte – internationalen Monopole aus einer Schicht des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals. Dieses hat heute seine Diktatur über die gesamte Gesellschaft errichtet.

Aus Garmisch-Partenkirchen berichtete ein Korrespondent: „Von Anfang winkten viele Garmisch-Partenkirchener aus ihren Fenstern, viele hatten Schilder wie ,Stopp TTIP!‘ aufgestellt. Auch im Altenheim haben sich einige Bewohner auf den Balkonen eingefunden und winken uns begeistert zu. Der Höhepunkt dieses Zuspruches war der Bauer, der trotz massiven Widerstands durch die Stadtverwaltung und begeistert von dem Ansturm auf das Camp noch eine zweite Wiese freigab. Am Sonntagmittag schaute er auch mit seiner Frau bei uns vorbei. Da hat wohl die Hetze der bayrischen Landesregierung in der gesamten Region nicht viel gebracht.“

Die Kritik am Kapitalismus war auf den Demonstrationen greifbar und unterstreicht die Bedeutung einer Strategiedebatte, dass und wie die Zerstörung unserer Umwelt gestoppt und eine gesellschaftliche Perspektive ohne Unterdrückung und Ausbeutung von Mensch und Natur erkämpft werden muss. Das war besonders ausgeprägt unter der Jugend. Es wurden von MLPD und REBELL am Wochenende gemeinsam unter anderem 1.100 Flyer des REBELL verteilt, zahlreiche Exemplare der „Roten Fahne“ und des „Rebell“-Magazins verkauft, neue Kontakte geknüpft, viele davon Jugendliche aus Garmisch selbst, und mehrere Bücher „Katastrophenalarm!“ verkauft.

Ein zentrales Thema war die Solidarität mit dem Befreiungskampf in Rojava, mit der Sammlung von Unterschriften für den Korridor nach Kobanê. 300 Unterschriften wurden gesammelt. Gerade unter Jugendlichen war die Rolle der ICOR in der internationalen Solidarität mit Kobanê ein Anziehungspunkt, sich mit der Perspektive der internationalen Revolution zu befassen.

Zeitgleich zur Demonstration in Garmisch-Partenkirchen fand in Gelsenkirchen das Internationale Solidaritätsfest zur Verabschiedung der Teilnehmer der ICOR-Brigaden nach Rojava statt. Es stand ganz im Zeichen der begeisternden Ausstrahlung des kurdischen Freiheitskampfs und des Solidaritätspakts der ICOR (siehe S. 20 bis 23). Immer mehr Menschen setzen sich dafür ein, bereits rund 113.000 Euro Spenden wurden gesammelt, immer neues Werkzeug für den Wiederaufbau von Kobanê kommt zusammen und eine breite Massendiskussion entfaltet sich.

Zeitgleich ereignete sich auch ein bedeutender Erfolg der revolutionären Kräfte und des Linkstrends in Türkei/Kurdistan. Der Wahlerfolg der HDP (Demokratische Partei der Völker), die mit 13 Prozent die reaktionäre 10-Prozent-Hürde übersprang, ist eng verbunden mit der wachsenden Ausstrahlung des kurdischen Freiheitskampfs, dem Sieg über den faschistischen IS in Kobanê und der weltweiten Solidarität damit. Eine treibende Kraft dabei ist der Solidaritätspakt der revolutionären Weltorganisation ICOR. Die gegenseitige Unterstützung der revolutionären Parteien, Organisationen sowie Bewegungen und die immer engere Koordinierung ihres Kampfs – das ist es, was die Herrschenden am meisten fürchten. Denn darin wächst die Kraft, die ihnen überlegen wird.

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