Frauenverband Courage kontra Inlandsgeheimdienst NRW
Anwalt Frank Jasenski und Martina Stalleicken vom Bundesvorstand Courage bei der Kundgebung, rf-foto
Über 40 Besucherinnen und Besucher verfolgten am 16. Juni gespannt die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Geklagt hatte der Frauenverband Courage gegen das Land Nordrhein-Westfalen und seine Institution „Verfassungsschutz“.
Seit 2009 darf der schwer angeschlagene Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ mitreden, wenn es darum geht, gesellschafts- und regierungskritische Vereinigungen mit Hilfe des Steuerrechts zu diskreditieren. Eine Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht reicht aus. Angegriffen wird die Überparteilichkeit des Verbands und die Weigerung, Marxistinnen-Leninistinnen aus dem Frauenverband Courage auszuschließen bzw. die Zusammenarbeit mit der MLPD einzustellen. Der Bericht dient als Begründung der Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Verbands.
Die Sprecherinnen des Frauenverbands Courage, unter anderem Bernadette Leidinger-Beierle, berichteten in der mündlichen Verhandlung selbstbewusst über die Grundsätze des Frauenverbands. Die Wurzeln des Verbands basieren auf der Geschichte der erfolgreichen Überparteilichkeit der kämpferischen Frauenbewegung seit dem Wiederaufbau der BRD nach dem II. Weltkrieg bis zur aktiven Förderung des aktuellen Streiks der Erzieher/
innen und Sozialarbeiter/innen. Im Unterschied zu vielen Frauenorganisationen ist Courage keiner Partei angebunden, darin besteht auch die eine Grundlage der viel beachteten Bündnisfähigkeit. Dabei kommen Frauen unterschiedlicher Weltanschauungen zusammen und „genau dafür werden wir angegriffen“, so Bernadette Leidinger-Beierle. „Es ist ja gar kein Geheimnis, dass MLPD-Mitglieder in Courage mitarbeiten. Dafür hätte der Verfassungsschutz nicht zwei Jahre recherchieren brauchen …“, so die Sprecherin weiter. Dem Verband wird damit die Eigenständigkeit abgesprochen und anderen – wie der MLPD – werden hinterhältige Ziele unterstellt. Es wurde deutlich: Courage lässt es nicht zu, dass der Antikommunismus die kämpferische Frauenbewegung schwächt.
Die Vertreter der Gegenseite unterstrichen offen die antikommunistische Attacke vor allem gegen die MLPD und unterstellten dieser „Verfassungsfeindlichkeit“ – ohne eine einzige Begründung. Sie behaupteten, die MLPD würde den Frauenverband „nutzen“, um ihre „verfassungsfeindliche“ Ideologie zu verbreiten und neue Mitglieder zu „rekrutieren“.
Auf Nachfrage von Martina Stalleicken, ebenfalls Mitglied des Bundesvorstands, woher die angeblichen Beweise kämen, wurden ausschließlich Publikationen der MLPD angeführt, mit der Arbeit des Frauenverbands hätten sie sich nicht so intensiv beschäftigt. Auch wenn man auf der ICOR-Homepage „Courage“ als Suchbegriff eingebe, erschienen dort Artikel, in denen der Frauenverband vorkommt. Kaum zu fassen! Allerdings lassen sich auf den Internet-Seiten von MLPD und ICOR auch die Namen aller möglichen anderen Parteien und Organisationen von CDU bis SPD und Linkspartei finden. Das war in der Beweisführung so abstrus, dass jemand von der Richterbank ernsthaft fragte, ob der Parteivorsitzende der MLPD, Stefan Engel, denn auch Mitglied in Courage sei. Der ganze Saal brach in Gelächter aus.
Der Rechtsanwalt des Frauenverbands, Frank Jasenski, machte an diesen Beispielen deutlich, wie die antikommunistische Meinungsmache funktioniert.
Nachdem die Richterin die mündliche Anhörung abschloss und sich zur Beratung zurückzog, fand eine kurze und knackige Kundgebung statt. Angelika Schweitzer überbrachte im Namen der MLPD Nordrhein-Westfalen kämpferische Grüße. Sie wertete die „Beweisführung“ der „Verfassungsschützer“ als Angriff auf die erfolgreiche Arbeit der MLPD und ihr Wechselverhältnis zu Courage und anderen Selbstorganisationen. Sie versprach den Courage-Frauen „Wir gehen mit euch weiter, wenn es sein muss bis zum europäischen Gerichtshof!“
Ein Antifaschist aus Wuppertal, der selbst den Hitlerfaschismus erlebt hatte, überbrachte bewegende Grüße und gratulierte den Frauen für ihren Mut und die Entschlossenheit, um Meinungsfreiheit zu kämpfen. Verschiedene Frauen – wie Anne Wilhelm vom Kämpferischen Frauenrat – überbrachten Solidarität und schilderten ihre Eindrücke vom Prozess.
Als die Kundgebung beendet und viele bereits auf dem Heimweg waren, wurde das Urteil verkündet: Die Klage des Frauenverbands Courage wurde abgewiesen. Dieses Urteil ist empörend! Umso wichtiger ist es, dass der Kampf in die nächste Runde geht und dazu auch die Zusammenarbeit mit anderen betroffenen Organisationen wie Attac, oder VVN-BdA verstärkt werden.