Polarisierung um Flüchtlingspolitik
Die gesellschaftliche Polarisierung um die Flüchtlingspolitik soll auf den folgenden Seiten Thema sein. Der aktuelle Blick fällt auf die faschistischen Attacken auf Asylbewerberheime, die Flüchtlingspolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung und die skandalösen Bespitzelungsmaßnahmen in Sachsen. Und wir dokumentieren das flüchtlingspolitische Programm, das die MLPD 1993 im Buch „Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf“ (REVOLUTIONÄRER WEG Nr. 25) aufgestellt hat.
Wie ein Tropfen auf den heißen Stein …
… nimmt sich die Zahl der tatsächlich anerkannten Flüchtlinge in Deutschland aus – wenn man sie ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt. 2,7 pro 1.000 Einwohner meldet das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen. In Schweden sind es 15, in der Türkei 21, auf der Südseeinsel Nauru immerhin 39 und im Libanon 232. Ein Prozent davon beträgt das Verhältnis in Deutschland! Die Parole „Es können ja nicht alle kommen“ ist vor diesem Hintergrund bestenfalls eine Binsenweisheit oder eine Beleidigung des menschlichen Verstands.
Dublin-Abkommen gescheitert
Parallel zur faktischen Abschaffung des Asylrechts bei politischer, religiöser und anderer Verfolgung einigten sich die damals zwölf EU-Staaten 1990 auf ein Abkommen, das die Durchführung von Anerkennungsverfahren für Flüchtlinge im EU-Raum regeln sollte. Seit 1997 in Kraft und seitdem zweimal modifiziert, besagen die Dubliner Abkommen im Wesen, dass ein Asylverfahren nur dort stattfinden kann und darf, wo der Flüchtende zuerst das Territorium der EU betreten hat. Damit landet ihre überwältigende Mehrheit in Südeuropa, vor allem Spanien, Italien, auf Malta und in Griechenland. Dublin II und III kombinieren das mit massiver Repression gegen die Schutzsuchenden, so dass selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verschiedentlich gegen konkrete Urteile einschritt. Tatsächlich provozieren die Dubliner Abkommen auf der Grundlage steigender Flüchtlingszahlen ein unwürdiges Geschacher um Aufnahmekontingente und weisen den ärmeren südlichen Ländern ein Zigfaches an Flüchtlingen gegenüber den imperialistischen Führungsmächten der EU zu. Wer z.B. das Katz- und Mausspiel auf norditalienischen Bahnhöfen oder die Internierungslager in Griechenland sieht, weiß: Die EU-Flüchtlingspolitik der Dubliner Vereinbarungen ist gescheitert.
Sozialchauvinismus und Spaltungspolitik
Weil das deutsche Monopolkapital angesichts des Negativrekords bei der Geburtenrate und der geburtenschwachen Jahrgänge zum Teil händeringend Fachkräfte auch aus dem Ausland sucht, ist offener Rassismus und Nationalismus immer weniger als herrschende Politik geeignet. Die heute vorherrschende Variante des regierungsamtlichen Sozialchauvinismus will gut ausgebildete Migranten sogar anwerben, während sie die Masse der Flüchtlinge als „Wirtschaftsflüchtlinge“ diskriminiert. Die Demagogie steigert sich über „Flucht in die Sozialsysteme“, was „Asylmissbrauch“ sei (z. B. CSU, Volker Bouffier/CDU), bis hin zur offenen Volksverhetzung, die die Flüchtlinge als kriminell, arbeitsscheu und/oder reaktionär-fundamentalistisch diffamiert („Pegida“, faschistische Organisationen). Dass auch die angeworbenen Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt mit einheimischen Lohnarbeitern konkurrieren, wird in der Propaganda „vergessen“ und in der Realität zu Lohnabbau genutzt. Dass die Flüchtlinge hingegen zunächst gar nicht arbeiten dürfen, wird ihnen selbst zum Vorwurf gemacht.
Neueste Kreation der Flüchtlingsdemagogie der Regierungsparteien ist die Debatte, die sogenannten Westbalkanstaaten als „sichere Herkunftsländer“ zu deklarieren, was beschleunigte Abschiebungen ermögliche. Nicht nur, dass es die NATO und allen voran die BRD waren, die die Zerstückelung Jugoslawiens bis zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien trieben und dabei auf allen Seiten die reaktionärsten Elemente hervorlockten. Und warum wird nicht offengelegt, dass bis zu 90 Prozent der Flüchtlinge etwa aus Serbien den Völkern der Roma und Sinti angehören, die schon traditionell zu den am meisten Diskriminierten gehören und von Reaktionären und Faschisten aller Länder bedroht, verfolgt und ermordet werden?
Für eine proletarische Willkommenskultur
Unterdrückung und rassistischer Hetze zum Trotz hat sich im letzten Jahr in der BRD eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft entwickelt. Die MLPD tritt dafür ein, dass die unverzichtbare materielle und soziale Solidarität mit dem gemeinsamen Kampf für die sozialen und politischen Rechte verbunden wird. Zugleich muss der Kampf für Demokratie und Freiheit, für Frieden und Sozialismus in den Herkunftsländern gefördert werden. So kann der Klassenkampf in Deutschland bereichert und noch enger mit dem internationalen Klassenkampf in den Herkunftsländern durchdrungen werden.
Ganz in diesem Sinne fördert der Jugendverband REBELL mit seinem Sommercamp das Projekt einer Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände der Ferienanlage „Im Waldgrund“ in Thüringen und stellt der Parteivorsitzende der MLPD, Stefan Engel, dort am Freitag, 31. Juli, die Flüchtlingspolitik der MLPD vor.
1 Außer den Angehörigen fremder Truppen und des diplomatischen Korps