Broschüre: Bürgerliche FLÜCHTLINGSPOLITIK in der Krise

1. Was treibt 60 Millionen Menschen weltweit in die Flucht?

Niemals zuvor waren so ­viele Menschen wie heute auf der Flucht – 60 Millionen sind es bereits weltweit. Der internationale Flüchtlingsstrom ist eine Begleiterscheinung der zunehmenden allgemeinen Krisenhaftigkeit des Imperialismus: Wirtschaftskrisen, ökologische Krisen, Hunger und Elend, Kriege und Unterdrückung bringen Millionen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen.

Über zwei Drittel aller Flüchtlinge kamen im August 2015 aus Syrien, Afghanistan und Somalia. In diesen Ländern gibt es die höchs­te Säuglingssterblichkeit in der Welt. In allen drei Ländern haben die NATO-Staaten unter Führung der USA versucht, ihre Allmachtsfantasien der „Neuen Weltordnung“ militärisch durchzusetzen. Der Krieg in Syrien ist ein Beispiel, wie die imperialistischen Mächte der Welt versuchen, den berechtigten Kampf der Massen um Freiheit und Demokratie zu missbrauchen, um ihre Einflusssphären im Nahen und Mittleren Osten neu zu gestalten. Im Sinne der USA und der EU-Imperialisten sollte der reaktionäre Macht­haber Assad gestürzt und Syrien aus dem Einflussbereich Russlands herausgebrochen werden. Das Land ist auch zum Zankapfel der regionalen neuimperialistischen Mächte Türkei, Saudi-Arabien und Iran geworden. Dabei bedienen sie sich islamisch verbrämter faschistischer Gruppierungen wie Al Nusra, Al Qaida oder des inzwischen mächtigen Islamischen Staats.

Während die dekadentesten Reichen der Welt in Saus und Braus leben, hat die UN in den Flüchtlingslagern im Libanon die Lebensmittelversorgung auf 45 Cent pro Person und Tag gekürzt, weil die Mitgliedsstaaten ihre Hilfszusagen nicht eingehalten haben. Zwölf Millionen Syrer von insgesamt 30 Millionen sind schon Flüchtlinge, davon sieben Millionen in Syrien selbst.

Unter Todesgefahr klettern ganze Familien in rissige Schlauchboote, versuchen unter rasiermes-serschar­fem NATO-Stacheldraht hindurch ­zu kommen, besteigen über­volle und dunkle Lkws oder wandern durch Minenfelder und eisige Grenzflüsse. Kein Mensch würde sich ohne große Not solch einer Todesgefahr aussetzen. Die Millionen auf der Flucht können und wollen nicht mehr in der alten Weise leben und lassen sich auch von Zäunen und Mauern nicht aufhalten.

Die heutigen Flüchtlingsströme sind Ausdruck der Allgemeinen Krise des Kapitalismus und zugleich eine einzige Anklage gegen die Unfähigkeit des imperialistischen Weltsystems, einer wachsenden Masse der Weltbevölkerung ein menschenwürdiges Leben zu gewähren.

Zugleich hat Migration die Zivili­sation der Menschheit erst ermöglicht. Was Rassisten nicht wahrhaben wollen: Der Mensch hat die Erde durch Migration bevölkert und dabei Hochkulturen begründet durch die Verschmelzung der Fortschritte verschiedenster Völker.

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2. Fluchtursachen bekämpfen –das Signal Rojava!

Im Jahr 2012 siegte die demokratische Revolution unter Führung der PYD, und eine Armee der Volksbefreiung und Selbstverteidigung (YPG/YPJ) in Nordsyrien errichtete das kurdische autonome Gebiet Rojava. Mit erkämpften demokratischen Rechten und Freiheiten, dem solidarischen Zu­sammenleben verschiedener ethnischer Bevölkerungsgruppen, Frauenrechten und ökologischen Prinzipien ist ein demokratisch-fortschrittliches Signal für den ganzen Nahen und Mittleren Osten im Kampf für Freiheit und Demokratie entstanden. Dagegen richteten sich von Anfang an zahlreiche Überfälle von islamis­tischen Gruppen wie Al Nusra, Al Qaida oder Islamischer Staat. Im September 2014 überfiel der faschistische Islamische Staat (IS) Kobanê. In 134 Tagen heftigster militärischer Kämpfe und mit Unterstützung der internationalen Solidarität wurde der IS ­wieder aus Kobanê vertrieben. Der Wie­der­aufbau der zu 80 Prozent zerstörten Stadt Kobanê wurde zu einem zentralen Element, um den Sieg der demokratischen Revolution über den Faschismus zu sichern.

Doch die türkische Regierung bekämpft die demokratische Revolution in Rojava, lässt keinen humanitären Korridor zu und bombardiert die kurdischen Freiheitskämpfer. Von der Bundes­regierung gibt es noch nicht einmal Kritik daran, dass Erdogan humanitäre Hilfe auf Grundlage der UNO-Konvention blockiert. So sieht ihre vielbeschworene Unterstützung des Kampfs um Freiheit und Demokratie aus!

Freiheit für Kurdistan!

Es lebe die Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf!

Her mit dem humanitären Korridor!

Internationale Solidaritätsbrigaden der ICOR, an denen sich die MLPD und ihr Jugendverband REBELL beteiligen, bauen gemeinsam mit der Bevölkerung seit Juni 2015 ein Gesundheits- und So­zial­­zentrum in Kobanê. Über 150 Brigadisten aus zehn Ländern verkörpern mit ihrem selbst­losen und ehrenamtlichen Einsatz die organisierte Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen. Auch das vom IS inszenierte Massa­ker Ende Juni 2015, bei dem 234 Koba­nêr ihr Leben verloren, konnten die internationalen Brigadis­ten nicht aufhalten. Kobanê ist heute eine der wenigen Städte des Nahen Ostens, in die Leute zurückkehren und nicht flüchten müssen. Jede Woche kehren Tausende Menschen zurück, um ihre Stadt wieder aufzubauen und die demo­kratische Revolution zu Ende zu führen! Dafür haben die ICOR-Brigaden einen bedeutenden materiellen und moralischen Beitrag geleistet.

Unterstützt den Wiederaufbau von Kobanê!

Das demokratische Rojava soll leben!

 

Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD: „Die ICOR schloss mit der kurdischen Befreiungsbewegung einen internationalen Solidaritätspakt. Sie verpflichtete sich auf eine Reihe von Solidaritätsmaßnahmen, unter anderem zum Kampf um die völkerrechtliche Anerkennung von Rojava, die Unterstützung des Wiederaufbaus, die Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf und nicht zuletzt zum Kampf gegen die Repression der kurdischen Bewegung. Zugleich ist es ein Pakt der Gegenseitigkeit, eine Verpflichtung, einander niemals im Kampf allein stehen zu lassen.

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3. Merkels verlogene „Willkommenskultur“

Bundeskanzlerin Merkel lässt sich als Mutter aller Flüchtlinge feiern. Doch ihre humanitäre Geste der zeitweisen Einreiseerlaubnis für syrische Flüchtlinge über Ungarn erfolgte erst nach der breiten Solidaritätsbewegung in Deutschland und der Flüchtlinge selbst. Monatelang hatte die Bundesregierung gehofft, die Flüchtlingswelle mit staatlicher Gewalt von Europa fernzuhalten.

Nur eine Woche nach diesem Zugeständnis setzte die Bundesregierung die EU-Reisefreiheit wieder außer Kraft und machte die Grenzen nach Österreich zeitweise dicht. Nach dem Gesetzesentwurf vom September 2015 sollen Asylbewerber Sachleistungen und Gutscheine statt Bargeld erhalten, sollen länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und sollen – wenn sie nicht freiwillig ausreisen – ohne Vorankündigung abgeschoben werden. Die EU-Kommission setzt noch einen drauf: In einem bitterbösen Brief kritisiert sie Ende September Deutschlands Abschiebepoli­tik als „zu lasch“. Das zeigt den reaktionären Charakter der EU.

Über die Widersprüche in der Flüchtlingspolitik verschärfen sich die Widersprüche in der EU. Kanzlerin Merkel musste auf den wachsenden Druck der Bevölkerung reagieren. Sie folgt ihrer „bewährten“ Methode, immer dann einzulenken, wenn sich ­eine Massenbewegung gegen die Regierung entwickeln könnte. Dafür steckte sie heftige Attacken unterhalb der politischen Gürtel­linie durch den ultrareaktionären Scharfmacher Seehofer vom Koa­litionspartner CSU ein. Die Widersprüche in der Regierung haben sich erheblich zugespitzt.

Die Leitlinie der Asylpolitik ist Aufnahme gut ausgebildeter junger Flüchtlinge – den Rest abwehren, abschrecken und abschieben. Im ersten Halbjahr sind die Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr um 42 Prozent gestiegen. Das vielerorts bestehende Chaos von überbelegten Unterkünften, Unterbringung ohne Einbeziehung der Anwohner, Mischung verfeindeter Gruppen ist Teil der Abschreckung. Kommunen werden überfordert. Das provoziert Auseinandersetzungen, für die dann den Flüchtlingen die Schuld gegeben wird.

In Nordafrika leben bereits Zehntausende in Auffanglagern ­ohne ausreichende Versorgung auf der nackten Erde. Unter dem verharmlosenden Begriff „Hotspots“ sollen nach dem Willen der EU-Innenminister weitere Masseninternierungslager an den Außengrenzen der EU geschaffen werden. Allein für die Grenzschutztruppe Frontex gibt die EU in diesem Jahr über 142 Millionen Euro aus.

Für 25.000 Flüchtlinge wurde das Mittelmeer in den letzten 15 Jahren zum Massengrab. 3.420 ertranken 2014. Das ist Ergebnis der reaktionären EU-Politik, die auch der Merkelschen Devise folgt: „Schengen kann nur funktionieren, wenn die Außengrenzen der EU gesichert sind.“

Es ist reine Heuchelei, wenn die Bundesregierung mit dem Finger auf den ultrareaktionären und faschistoiden Ministerpräsidenten von Ungarn, Orban, zeigt. Er setzt Wasserwerfer, Tränengas und gepanzerte Fahrzeuge zur Flüchtlingsabwehr ein und befindet sich damit in völliger Übereinstim­mung mit dem EU-Recht, das von Deutschland aus maßgeblich entworfen wurde. Nicht umsonst wurde Orban im September 2015 von Seehofer als Ehrengast bei der traditionellen CSU-Tagung auf Schloss Banz empfangen und ihm der Rücken gestärkt. Die Bundesregierung spricht mit gespaltener Zunge, um die Massen zu verwirren.

Trotzdem haben Hunderttausende in den letzten Wochen mit uneigennütziger Hilfe, herzlichem Empfang, schützenden Demons­trationen und unzähligen Initiativen den internationalistischen Geist aufleben lassen. Zehntausende demonstrierten in vielen Ländern für Internationalismus und Solidarität mit den Flüchtlingen.

Hoch die internationale Solidarität!

Sofortiger Stopp von Abschiebungen auf antifaschistischer Grundlage!

Für den Schutz aller Flüchtlinge und für die Anerkennung ihrer Rechte in einer internationalen Konvention!

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4. Freizügigkeit für das Kapital und Mauern für Flüchtlinge

Auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten und Spekulationsobjekten strömen täglich Billionen Dollar um die Erde. Das Kapital kennt keine Residenzpflicht – es geht dorthin, wo Maximalprofite winken. Bis in den letzten Winkel der Welt drücken die Handelsmonopole und Lebensmittelkonzerne ihre Waren in den Markt. Sie vernichten mit ihren billigen Importen die heimischen Strukturen und machen Bauern abhängig von teurem Saatgut.

Vizekanzler Gabriel hat den deut­schen Waffenkonzernen seit 2012 Exporte nach Saudi-Arabien im Wert von über zwei Milliarden Euro und in die Türkei in Höhe von 250 Millionen Euro genehmigt. Von dort wurde wiederum der faschistische IS finanziert und unterstützt, auch wenn sich die Länder offiziell auf Druck der Weltöffentlichkeit an der Anti-IS-Koalition beteiligen. Gabriel war nach dem Atom-Abkommen der erste ausländische Politiker im faschistischen Iran, um dem deutschen Kapital und Inves­toren den Weg zu bahnen. Das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA soll nationale Regulierungen im Umweltschutz und Arbeitsrecht auf ein einheitliches niedriges internationales Niveau drücken.

Unbegrenzte Freiheit für das Kapital – Zäune und Mauern für Flüchtlinge! Das versteht die EU unter „Freizügigkeit“, wohl wissend, dass Arbeiter im Kapitalismus nur leben können, wenn sie ihre Arbeitskraft verkaufen und eventuell gezwungen sind, dazu dem Kapital auf dem globalen Arbeitsmarkt zu folgen. Doch die EU baut Europa zu einer Festung gegen die Freizügigkeit aus, während sie dringend benötigte Fachkräfte aus anderen Ländern abwirbt. Speziell geschulte Beamte werden jetzt schon an der Grenze zur menschenverachtenden Selektion eingesetzt, um nur die „guten, brauchbaren Kriegsflüchtlinge“ einzulassen. Das ist keine Problemlösung, sondern unwürdiges Geschacher mit dem Elend und der Not der Flüchtlinge!

Die EU-Verordnungen verhindern eine einfache Einreise von Flüchtlingen per Flugzeug. Stattdessen zahlen sie das Zehnfache und mehr an Schlepper für eine lebensgefährliche Reise. Es ist ein kaum zu überbietender Zynis­mus, wenn jetzt von der Bundesregierung mit allen erdenklichen Mitteln gegen die „kriminellen Schleuser“ vorgegangen wird, ohne auch nur ein Wort über die eigene Verantwortung für die Krise ihrer Flüchtlingspolitik zu verlieren.

Kampf der Arbeiterklasse weltweit um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für Flüchtlinge!

Es lebe die internationale Arbeitereinheit!

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5. „Können wir denn alle aufnehmen?“

Die Anzahl der Flüchtlinge nach Deutschland wächst tatsächlich auf einen neuen Rekordstand. Doch Deutschland belegt in der Rangfolge der Flüchtlinge pro 1.000 Einwohner gerade mal Rang 20. Die Minister jammern dennoch, dass Deutschland seine „Belastungsgrenzen“ erreicht habe. Von Faschisten, über die AfD bis zur CSU wird das mit der dema­gogischen Formulierung auf­gegriffen, dass das „Boot voll“ sei.

Trotz Aufnahme vieler Flüchtlinge in den letzten beiden Jahren liegt die Zahl der Einwohner in Deutschland immer noch eine Million unter der Zahl bei der Wiedervereinigung. Ohne Zuwanderung sinkt die Be­völkerung in Deutschland bis 2050 um 20 Prozent1.

Die Bundes­regierung rühmt sich, ab 2016 gut vier Milliarden Euro direkt für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung zu stellen – ein völlig unzureichendes Zugeständnis an die Proteste gegen die bürger­liche Flüchtlingspolitik. Denn min­destens zehn Milliarden Euro sind allein nötig, um die Flüchtlinge menschenwürdig grund zu versorgen und die Kommunen zu 100 Prozent zu entlasten. Für die „Rettung“ der bankrotten Hypo-Real-Estate-Bank standen über Nacht 20 Milliarden Euro zur Verfügung!

Es fehlt am sozialen Wohnraum für alle Bedürftigen. Es fehlt an ausreichenden gesetzli­chen Maßnahmen gegen den Mietwu­cher. Allein die 720.000 Wohnungs­leerstände – vor allem durch Spekulation – würden für circa zwei Millionen Menschen Platz bieten. Wohnraum ist da und muss über den sozialen Wohnungsbau erweitert werden! Die jetzt dafür zugestandenen 500 Millionen Euro sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein! Wenn Flüchtlinge stattdessen in Zelten schlafen müssen, zeigt das den Unwillen und die Unfähigkeit der verantwortlichen bürgerlichen Spitzenpolitiker!

Zwischen 1944 und 1950 wurden 12 bis 13 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge in Westdeutschland integriert. Und vor allem nach 1989 kamen unter dem bezeichnenden Namen der deutschen „Volkszugehörigen“ 4,5 Millionen sogenannte Aussiedler und Spätaussiedler. Keiner sprach dabei von einer bedrohlichen Flüchtlingswelle! Heute befürchten die Verantwortlichen, dass sich unter den Flüchtlingen viele erprobte Kämpfer gegen Ausbeu­tung und Unterdrückung befinden. Deshalb ist ein guter Teil der sogenannten bürgerlichen In­te­grations- und Asylpolitik Dis­kriminierung und Unterwerfung fortschrittlicher Menschen. Das zeigt den rassistischen und antikommunis­tischen Charakter der Einwanderungspolitik.

Heute fordern Vertreter des deutschen Monopolkapitals wie BDI-Chef Kramer angesichts von circa 500.000 offenen Stellen und 40.000 angeblich nicht besetzbaren Lehrstellen eine ganz spe­zielle selektive „Willkommenskultur“: Unqualifizierte Flüchtlinge sollen rasch abgeschoben werden. Jüngere und vor allem schon qualifizierte Flüchtlinge wären wegen ihrer extremen Willensstärke leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren als deutsche Langzeitarbeitslose2. Das Kapital will so die Konkurrenz mit den circa sechs Millionen Arbeitslosen und Unterbeschäftigten sowie den knapp acht Millionen Niedriglöhnern verschärfen!

Arbeitende, Arbeitslose und Flüchtlinge dürfen sich nicht spalten lassen!

Gemeinsamer Kampf für höhere Löhne und für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen durch Arbeiter, Arbeitslose und Flüchtlinge!

Der gemeinsame Kampf für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sowie die Herabsetzung des Rentenalters kann Millionen Arbeitsplätze erhalten bzw. schaffen!

1 Studie der Bertelsmann-Stiftung

2 „Süddeutsche Zeitung“ 3.9.2015

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6. Das Unwort: „Wirtschaftsflüchtling“

Kanzlerin Merkel und die ganze Regierung beschwören den Unterschied zwischen „Kriegsflüchtlingen“ und „Wirtschaftsflüchtlingen“, um ihre unmenschliche Abschiebepraxis zu rechtfertigen. Laut Merkel sind die Menschen, die aus Hunger, Arbeitslosigkeit oder Umweltzerstörung fliehen, „nicht wirklich in Not“. Welch ein Zynismus!

Seit Menschengedenken müssen die Menschen dahin wandern, wo sie leben und arbeiten können. Die gut fünf Millionen Menschen im Ruhrgebiet waren fast alle ehemals „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus Polen, aus der Türkei usw. – ebenso die große Mehrheit der 320 Millionen Einwohner in den USA. Wer Menschen, die aus größter Not und Elend fliehen, „massenhaften Asylmissbrauch“ un­terstellt, wie CSU-Chef Seehofer, der will bewusst die Stimmung aufheizen und Neid und Konkurrenz schüren.

Nach den Beschlüssen von Bundesregierung und Ländern vom 24. September 2015 sollen Flüchtlinge aus angeblich „siche­ren Herkunftsländern“ künftig sogar ein unbegrenztes Arbeitsverbot bekommen!

Freier Zugang zum deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für Flüchtlinge!

Arbeiter gleich welcher Nationalität – eine Klasse, ein Gegner, ein Kampf!

Warum fliehen viele Menschen aus dem westlichen Balkan?

Die Bundesrepublik und die EU haben in den 1990er Jahren mit ihrer aggressiven Wirtschafts- und Außenpolitik sowie dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien wesentlich zur Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawiens beigetragen. Der Kosovo ist weiterhin von NATO-Truppen besetzt – darunter auch der Bundeswehr. Die EU-Imperialisten haben sich die wirtschaftlich entwickeltsten Länder wie Slowenien und später Kroatien unter den Nagel gerissen. Die weniger entwickelten wie Bosnien-Herzegowina, Serbien, Mazedonien, Albanien und der Kosovo ließen sie umso mehr zerfallen: Das Pro-Kopf-Einkommen beträgt ein Viertel des Durchschnitts der Euro-Länder. 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung und 50 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos. Staatlicher Zerfall, die alles beherrschende Korruption und Kriminalität – wie im Kosovo unter den Augen der Bundeswehr – bestimmen mehr und mehr das öffentliche Leben.

Zeitweise kamen 40 Prozent der Flüchtlinge aus dem Westbalkan. Davon sind wiederum circa ein Drittel Roma. Laut EU-Kommission unterliegen sie in allen Balkanstaaten einer menschenunwürdigen „Rundum-Diskriminierung“: abgeschnitten vom Arbeitsmarkt, ohne Personaldokumente, ohne medizinische Versorgung und Schulbildung, ohne Wasserversorgung, Strom und Abwasser, Opfer von Polizeiwillkür, rassistischer Gewalt und allgegenwärtiger mafiöser Strukturen und Zustände. Roma-Kinder haben eine um ein Drittel geringere Chance als andere Kinder, das erste Lebensjahr zu überleben.

Und das sollen „sichere Herkunftsländer“ sein, wo die Menschen laut Angela Merkel „nicht wirklich in Not sind“?

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7. „Politisch Verfolgte genießen Asyl“ – aber höchst eingeschränkt

Das im Grundgesetz Artikel 16 verankerte Asylrecht ist eine Lehre aus der faschistischen Hitler-Diktatur: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Das wurde seit 1993 so weit eingeschränkt, dass die Anerkennungsquote auf unter zwei Prozent gesunken ist: Wer aus einem angeblich „sicheren Drittstaat“ einreist, in den er zuerst geflüchtet ist – z.B. die süd­europäischen Grenzstaaten Griechenland, Italien usw. –, hat kein Asylrecht in Deutschland, sondern muss in diesen Staat zurück.

Wer aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ kommt, dessen Antrag wird erst mal pauschal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Das widerspricht dem Asylrecht auf Einzelfallprüfung. Jetzt will die Regierung mit Zustimmung von SPD und Grünen auch den Kosovo, Albanien und Montenegro zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären! Im Jahr 2014 wurden in Deutschland weniger als ein Prozent der Anträge aus dem Westbalkan positiv beschieden. Im europäischen Schnitt waren es dagegen 45 Prozent!

Derzeit sind über 250.000 Asylan­träge nicht bearbeitet! Die durchschnittliche Wartedauer auf Bearbeitung beträgt über fünf Monate. In dieser Wartezeit dürfen die Asylbewerber nicht arbeiten, bekommen keinen Deutschkurs und sind demütigenden Bedingungen unterworfen. Auch für die Kommunen ist das eine unzumutbare Mehrbelastung.

Uneingeschränktes Asylrecht für alle Unterdrückten auf antifaschistischer Grundlage!

Weg mit der Drittstaaten­rege­lung nach dem Dublin-III-Abkommen und der Regelung mit den „sicheren Herkunftsstaaten“!

Gegen die von Bund und Ländern geplanten drastischen Einschränkungen des Asylrechts!

Vollständige Übernahme der Kos­ten der Flüchtlingsbetreuung durch Bund und Land!

Asylsuchende werden politisch massiv unterdrückt

Asylbewerber unterliegen einer weitgehenden Einschränkung demo­kratischer Rechte und Freiheiten. Im Rahmen der Antiterrorgesetze nach dem 11. September 2001 wurde der „Terrorismusvorbehalt“ in das Asyl- und Aufenthaltsrecht eingeführt. Revolutionäre, die auch nur unter Verdacht stehen, sich an bewaffneten Freiheitskämpfen beteiligt und solche Organisationen unterstützt zu haben, gelten als „asylunwürdig“ – unter Mitwirkung bundesdeutscher Geheimdienste. Asylsuchende können mit dem Verbot öffentlicher Meinungskundgebungen, Einschränkung des Aufenthaltsortes bis hin zur täglichen Meldepflicht bei Polizeibehörden belegt werden, wenn den Behörden die „Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“ erscheint. Sie dürfen weder wählen noch gewählt werden. Sie dürfen einen Monat gar nicht arbeiten; danach nur, wenn Ausländerbehörden und die Agentur für Arbeit zustimmen. Selbst das Recht auf Heirat ist massiv eingeschränkt. Auch die sogenannte „Integration“ bedeutet Unterdrückung! Sie will die Flüchtlinge zum Kniefall vor dem Grundgesetz zwingen.

Volle rechtliche Gleichstellung aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität!

Flüchtlinge bekommen angeblich mehr Geld als Arbeitslosengeld-II-Empfänger? Ein Märchen!

Für Flüchtlinge wird „der notwendige Bedarf ... bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen durch Sachleistungen gedeckt“. Dazu gibt es „für alleinstehende Leistungsberechtigte 140 Euro“.1 Gesundheitsleistungen sind auf akute Erkrankungen und Schmerzzustände eingeschränkt – auch mit Gesundheitskarte. Maximal erhalten Asylbewerber 352 Euro. Frühestens nach 15 Monaten steht ihnen der gleiche Betrag zu wie Arbeitslosengeld-II-Empfängern – derzeit 399 Euro. Selbst das ist viel zu wenig zum Leben. In den Flüchtlingsunterkünften „soll“ es eine Wohnfläche von 9m² pro Person geben. Nicht selten sind es nur etwas mehr als 3m² – weniger als in einer geräumigen Hundehütte.

1 Asylbewerberleistungsgesetz 3 (1)

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8. Die Bundesregierung kriminalisiert Befreiungskämpfe

In vielen Ländern kämpfen Befreiungsbewegungen um nationale und soziale Befreiung. An Befreiungskämpfen beteiligen sich Millionen Menschen auf der ganzen Welt. So können auch Ursachen für Fluchtbewegungen überwunden werden.

Was tut die Regierung? Sie diffamiert Freiheitskämpfe und kriminalisiert sie. Seit 1993 ist die kurdische Arbeiterpartei PKK verboten; auch die Solidaritätsbewegung mit dem kurdischen Befreiungskampf wird krimina­lisiert. Das ist eine internatio­nale Erscheinung. Für diese Vor­gehens­weisen wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 der Vorwand des „Anti-Terror-Kriegs“ genutzt. Obwohl Revolutionäre auf der ganzen Welt entschiedene Gegner des islamistisch-faschistischen Terrors sind, wurden sie auf die gleichen Terrorlisten gesetzt. Die EU ging so weit, den Kommunismus für jeglichen Terror in der Welt verantwortlich zu machen.

Die Kommunistische Partei der Philippinen CPP und die Kurdische Arbeiterpartei PKK wurden international als Terrororganisationen diffamiert, weil sie Ausbeutung und Unterdrückung bekämpfen. In Deutschland besteht nach wie vor das Verbot der KPD von 1956 als Waffe gegen jene, die den Imperialismus ernsthaft in Frage stellen und sich organisieren.

Deswegen:

Weg mit dem PKK-Verbot!

Gib Antikommunismus keine Chance!

Solidarität mit den revolutionären Befreiungskämpfen auf der Welt!

Keine Abwälzung der Kosten auf überschuldete Kommunen!

Das überparteiliche Kommunalwahlbündnis AUF Gelsenkirchen positioniert sich am 25. September 2015 klar gegen die neuesten Pläne von Bund und Ländern:

100 Prozent Kostenübernahme für Flüchtlinge durch Bund und Land! Die Ergebnisse des aktuellen Flüchtlingsgipfels bezeichnet Monika Gärtner-Engel, Stadtverordnete von AUF, als drastische Verschärfung der Situation der Kommunen und Flüchtlinge. „Was da mit Fanfarenstößen verkündet wird, ist im Wesentlichen reine Schaumschlägerei“, so Monika Gärtner-Engel. Die einzig wirklichen Fortschritte habe Familienministerin Manuela Schwesig durchgesetzt, bezogen auf unbegleitete Kinder und Jugendliche. Dagegen sei eine Pauschale von 670 Euro für jeden Asylbewerber und das auch noch erst ab 2016 – ein schlechter Witz. Dies seien nicht einmal 60 Prozent des bereits heute schon Benötigten. So hatte OB Frank Baranowski berechtigt eine am aktuellen Stand orientierte Größe von 13.500 Euro im Jahr (=1.125 Euro pro Monat) Kostenübernahme für jeden Flüchtling in die Diskussion eingebracht.

Gärtner-Engel: „Entschieden muss die Forderung nach 100 Prozent Übernahme der Kosten für Flüchtlinge durch Bund und Land verfochten werden.“ ... Die Zusicherung der Übernahme von 100 Prozent der real anfallenden Kosten sei der Vereinbarung von Pauschalen vorzuziehen, unter anderem, weil die Kommerzialisierung der Flüchtlingshilfe teils zu einem explosionsartigen Anstieg der Kosten führe, die zudem regional sehr unterschiedlich ausfallen ...

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9. Wie von Teilen der Herrschenden der Faschismus salonfähig gemacht wird

Die Pegida“-Bewegung wurde in den Medien regelrecht gepuscht. Für die angebliche Rettung des Abendlandes wurden diesen Demagogen die besten Sendezeiten gewährt. Als die faschistische Gesinnung ihrer Führer trotz aller Tarnung aufflog, brach der „Pegida“-Spuk unter dem Druck antifaschistischer und antirassis­tischer Massenbewegungen zusammen. Damit ist auch der hinterhältige Versuch bürgerlicher Politiker gescheitert, getarnte rassistische oder sogar faschis­tische Parolen wie die Warnung vor „Überfremdung“ als berechtigte Sorgen aus der Mitte der Gesellschaft zu verkaufen.

Es ist ein Skandal, dass es von Januar bis August 2015 über 430 rassistisch und faschistisch motivierte Angriffe und Brandanschläge auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime gab. Gerade einmal fünf sind aufgeklärt! Für die meisten dieser Anschläge wird von den Behörden noch nicht einmal ein ausländerfeindliches Motiv unterstellt.

Es ist unerträglich, dass Menschen, die unter anderem vor dem Grauen des faschistischen IS fliehen, hier von Faschisten erneut mit Verfolgung bedroht werden. Faschistische Hassparolen haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun!

Der Verfassungsschutz muss aufgelöst werden! Hat er sich doch bisher wie beim NSU-Skandal als Schutzbehörde, Förderer und Lobbyist der rechten Demagogie und Gewalt ausgezeichnet.

Strenge Bestrafung der faschis­tischen Täter und ihrer An­stifter!

Verbot aller faschistischen Parteien und Organisationen sowie ihrer Propaganda!

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10. Fluchtursachen überwinden: weltweit den echten Sozialismus erkämpfen!

Die MLPD tritt konsequent für das Recht auf Flucht ein! Sie sagt auch klar: „Die Klassensolidarität mit den Flüchtlingen bedeutet nicht, die Auswanderung zu propagieren; sie ist vielmehr verbunden mit jeder erdenklichen Unterstützung zum Verbleib in der Heimat, um dort den Kampf für die Abschaffung des Elends und die nationale und soziale Befreiung zu führen.“ (Klaus Arnecke/Stefan Engel, „Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf“, S. 265)

Sie spricht nicht nur über die internationale Flüchtlingsbewegung, sie bekämpft auch ihre Ursachen. Es ist das imperialistische Weltsystem, das Massenarbeitslosigkeit, Millionen von Wanderarbeitern hervorbringt, immer mehr Menschen durch die rücksichtslose Zerstörung der Natur die Lebensgrundlagen entzieht, das auch Kriege um Rohstoffe und politische wie wirtschaftliche Einflussgebiete produziert. Die grundlegende Lösung des Weltflüchtlingsproblems liegt in der revolutionären Befreiung vom imperialistischen Joch und damit in der Aufhebung der Ausbeutung von Mensch und Natur sowie von der Unterdrückung der Masse der Menschen, im Aufbau der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt!

Das internationale Industrieproletariat im Bündnis mit den Unterdrückten dieser Welt ist die entscheidende Kraft für diesen Kampf. 500 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit, organisiert und zusammengeschlossen in den Zentren der 500 multinationalen Übermonopole, können zur unüberwindbaren Kraft werden.

Doch das ist nur organisiert möglich.

Die MLPD ist in Deutschland die revolutionäre Partei, um diesen Kampf zu organisieren – gemein­sam mit ihrem Jugendverband REBELL. Sie repräsentiert in Deutschland die ICOR, die Internationale Organisation revolutionärer Parteien und Organisationen, in der sich bereits 49 Organisationen zusammengeschlossen haben.

Wer die Fluchtursachen bekämpfen und grundlegend überwinden will – gleichgültig ob Deutscher, Ausländer oder Flüchtling – den fordern wir auf:

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

Proletarier und Unterdrückte aller Länder, vereinigt euch!

Werde Mitglied in der MLPD oder dem Jugendverband REBELL!

Das „Haus der Solidarität“

Mit dem „Haus der Solidarität“ in Truckenthal/Thüringen wird eine wirkliche internationalistische Willkommenskultur aufgebaut. Flüchtlinge aus Syrien/Kurdistan können sich hier erholen und Kräfte tanken für den Kampf um Freiheit und Demokratie in ihren Ländern. Hier können sofort 150 kurdische Flüchtlinge aufgenommen werden – 150 weitere nach dem Umbau einer größeren Wohneinrichtung. Gemeinsam mit kurdischen Organisationen, vielen Experten und gestützt auf die Bevölkerung vor Ort, unter aktiver Einbeziehung der Flüchtlinge soll es betrieben werden. Doch die Landesregierung behauptet bislang, es sei „kein Bedarf“ da, obwohl die Flüchtlingsheime überfüllt sind. Helfen Sie mit, dieses Pilotprojekt Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu braucht es viele Spenden oder auch Darlehen. Aber auch alle ehrenamtlichen Fähigkeiten zum Aufbau und zur Betreuung des Hauses werden gebraucht. Spenden Sie für dieses „Haus der Soli­darität“, bringen Sie Ihre Fähigkeiten dafür ein.

Spendenkonto von Solidarität International, Stichwort „Haus der Solidarität“, IBAN: DE86 5019 0000 6100 8005 84, BIC: FFVBDEFF (Frankfurter Volksbank)

www.ferienpark-thueringer-wald.de/haus-der-solidaritaet

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