TTIP: Zäune für Flüchtlinge – noch mehr Freiheit für das Kapital

Gegen das Freihandelsabkommen TTIP1 zwischen der EU und den USA protestieren Anfang Oktober Millionen Menschen in mindestens 26 Ländern Europas.

Dies- und jenseits des Atlantik befürchten die Menschen zu Recht, dass mit diesem Abkommen nicht der „Wohlstand aller“ zunimmt, wie es die TTIP-Befürworter vor allem aus den großen internationalen Konzernen und die bürgerlichen Ökonomen glauben machen wollen. Stattdessen ist zu erwarten, dass sowohl in der EU wie in den USA der Druck auf die Löhne zunimmt, die Arbeitsbelastung steigt, sowie erkämpfte soziale, Umwelt- und Verbraucherschutzrechte auf dem jeweils niedrigsten Niveau angeglichen werden. Während Millionen Menschen auf der Flucht drangsaliert werden, rast das Kapital immer schrankenloser um die Welt. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren Freihandelsabkommen eher Ausnahmen. Inzwischen nahm ihre Zahl mit der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion seit Mitte der 1990er Jahre sprunghaft zu. Teilweise greifen sie ineinander, teilweise stehen sie in Konkurrenz zueinander.

Heute haben wir es mit einer multipolaren Weltordnung zu tun, in der neben den alten imperialistischen Ländern neu-imperialistische Länder wie China, Indien oder Brasilien vordringen. Offen fordern daher z.B. US-Konzerne mehr „Freihandelsabkommen“ als „Fortsetzung von Geopolitik mit anderen Mitteln“. Freihandelsabkommen sind Instrumente im imperialistischen Ringen um die Beherrschung des Weltmarktes, mit denen die Ausbeutung in den betroffenen Ländern erheblich verschärft und die Umwelt rücksichtslos geplündert wird.

Mit TTIP wollen die Herrschenden in der EU und in den USA nun die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen. Das Abkommen ist Teil eines Geflechts von Verträgen mit verwirrenden Abkürzungen (NAFTA, CETA, TISA). 1994 wurde NAFTA (North American Free Trade Agreement) zwischen Kanada, den USA und Mexiko abgeschlossen. Untersuchungen des Washingtoner „Economic Policy Institute“ (EPI) ergaben, dass durch NAFTA allein fast eine Million Arbeitsplätze in den USA vernichtet und die Löhne deutlich gesenkt wurden. In Mexiko lag das Lohnniveau 20 Jahre später erheblich unter dem Stand von 1994, die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Mexikaner stieg stetig an. Kleine Bauern wurden durch die US-Agrarindustrie massenhaft ruiniert.

Die Zahl der „Investorklagen“ aufgrund von Freihandelsabkommen hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren auf über 570 verzehnfacht. Konzerne klagen zum Beispiel gegen eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, gegen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz, gegen das Verbot einer Giftmülldeponie in einem Trinkwassergebiet, gegen Entschädigungen von Opfern der Apartheid oder gegen die Rücknahme von Wasserprivatisierung.

Bei dem „Trade in Services Agreement“ (TiSA) handelt es sich um ein Abkommen zum „freien Handel“ mit Dienstleistungen. Die EU und die USA verhandeln TiSA mit 21 WTO-Staaten, die insgesamt etwa 70 Prozent des weltweiten Dienstleistungshandels abdecken. Es geht um eine weitgehende Privatisierung der Wasser- und Energieversorgung, Gesundheitsversorgung oder des ff11Bildungs- und Finanzwesens. Eine „Stillstandsklausel“ soll eine Rekommunalisierung durch zukünftige Regierungen verhindern.

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat das 2014 abgeschlossene Abkommen CETA („Comprehensive Economic and Trade Agreement“) zwischen der EU und Kanada untersuchen lassen. Verbindliche soziale Rechte beim „öffentlichen Beschaffungswesen“ fehlen weitgehend. Tarifverträge können damit ausgehebelt werden. Ein „Regulierungsrat“ kann, bevor Parlamente und Öffentlichkeit davon erfahren, Gesetzesvorhaben daraufhin prüfen, ob sie Handelsinteressen beeinträchtigen und sie sogar aus dem Verkehr ziehen.

Schon Karl Marx führte zum Freihandel aus: „Der Freihandel vermehrt die Produktivkräfte. … Die Entlohnung der Arbeit nimmt ab für alle, und die Arbeitslast vermehrt sich für einige. … Im Allgemeinen ist … das Schutzzollsystem konservativ, während das Freihandelssystem zerstörend wirkt. Es zersetzt die bisherigen Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Mit einem Wort, das System der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution.“ („Rede über die Frage des Freihandels“,1848)

1 TTIP –Transatlantische Handels- und Investmentpartnerschaft

 

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