Ein Besuch im Township Mdantsane
Urlaub im Haus der deutsch-südafrikanischen Freundschaftsgesellschaft Marikana
Wer einen ungewöhnlichen, interessanten und gleichzeitig erholsamen Urlaub erleben will, hat dazu im Haus der deutsch-südafrikanischen Freundschaftsgesellschaft Marikana in East London im Südosten Südafrikas eine hervorragende Gelegenheit. Hier sind viele Möglichkeiten geboten, den Alltag und Kampf der schwarzen Bevölkerung und ihre Gastfreundschaft kennenzulernen, die vielfältigen und schönen Landschaften zu erleben, im Indischen Ozean zu baden oder in den Nationalparks Elefanten, Löwen und viele andere Tiere in freier Wildbahn hautnah zu erleben.
Ein besonderes Highlight unseres Urlaubs war der Besuch im Township Mdantsane in Begleitung eines südafrikanischen Freundes. Es liegt circa 25 Kilometer außerhalb von East London und ist nach Soweto das zweitgrößte Township in Südafrika. Das Township entstand Anfang der 1960er Jahre durch Zwangsumsiedlung der schwarzen Bevölkerung aus East London durch das damalige Apartheid-Regime. Heute leben dort offiziell 400.000 Menschen. Die wirkliche Zahl ist höher, und täglich werden es mehr. Sie kommen aus ländlichen Gegenden, aber auch aus anderen afrikanischen Ländern. Die Arbeitslosigkeit, vor allem unter der Jugend, ist sehr hoch. Nahezu 50 Prozent sind ohne Beschäftigung. Industrie gibt es kaum. Einige von Chinesen betriebene Fabriken, unter anderem für Autozubehör, die wegen der niedrigeren Löhne von diesen direkt im Township angesiedelt werden, bieten wenige Arbeitsplätze. Die meisten, die Arbeit haben, pendeln täglich nach East London. Es gibt Schulen und Krankenhäuser, aber sie reichen für den Bedarf nicht aus. Gleichzeitig gibt es ein supermodernes Einkaufszentrum, das in jeder europäischen Großstadt stehen könnte. Die Townships sind keine „Elendsviertel“, wie das landläufig angenommen wird. Es gibt zwar auch Viertel mit Wellblechhütten und Bretterbuden in Mdantsane. Das prägt aber nicht das Bild. Es überwiegen Viertel mit kleinen gemauerten Häuschen mit Grünflächen dazwischen, die eher den Charakter einer Kleingartensiedlung haben. Sie wurden nach dem Ende der Apartheid in den 1990er Jahren von der Regierung des ANC errichtet und sind Eigentum der Bewohner. Diese Errungenschaft ist ein Ergebnis des Kampfs der schwarzen Bevölkerung. Gleichzeitig sind diese Zugeständnisse Bestandteil des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise in Südafrika und dienen dazu, die Menschen an die Regierung zu binden. Aber das gelingt ihr in letzter Zeit offensichtlich immer weniger. In einem Gespräch mit Bewohnern erfahren wir: „Viele wissen, dass die Regierung korrupt ist. Wer arbeitslos ist, bekommt keinerlei Unterstützung und ist auf die Hilfe der Familie oder von Freunden angewiesen. Wenn du krank bist und kein Geld hast, bekommst du > > keine Medikamente und keine ärztliche Behandlung. Die Häuser sind auch viel zu klein für die Familien – nicht selten müssen die Kinder in der Küche schlafen.“ Dagegen entwickelt sich zunehmend organisierter Widerstand. Gleichzeitig besteht eine große Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen und ehrenamtliche Arbeit zu leisten.
Wir besuchen das „Masizakhe Children Home“. Es ist ein Heim im Township für Waisenkinder und solche aus zerrütteten Familien. Es wird von zwei von der Regierung bezahlten Kräften und 22 ehrenamtlichen Helfern, darunter auch Praktikanten in Ausbildung, betrieben. Aus der Bevölkerung bekommen sie Lebensmittel, Kleidung usw. 40 Jungen und 32 Mädchen im Alter von zwei bis sechzehn Jahren leben hier. Die Älteren gehen außerhalb zur Schule, die Kleinen werden im heimeigenen Kindergarten betreut. Die Assistentin des Heimleiters, Nobuntu Pindela, führt uns durch die Schlafräume und in den Gruppenraum des Kindergartens. Sie übersetzt den Kindern in ihre Sprache Xhosa, dass wir aus dem fernen Deutschland kommen und ihnen Grüße von deutschen Kindern überbringen. Sie sind hell begeistert – vor allem auch von der Schokolade, die wir ihnen nach Rücksprache mit der Heimleitung überlassen. Sie macht diese Arbeit schon seit 17 Jahren und ist mit viel Herzblut, aber auch der nötigen Strenge bei der Sache: „Das Wichtigste ist, dass die Kinder Disziplin lernen. Aber wir geben ihnen auch das Gefühl, dass sie ein Zuhause und eine Perspektive haben“, erklärt sie uns zum Abschied.
Am Ende unseres Besuchs führt uns unser Begleiter noch zur Gedenkstätte des Egerton-Massakers von 1986. Hier hat die Polizei das Feuer auf die Bevölkerung eröffnet, die gegen Fahrpreiserhöhungen gekämpft hat, und dabei elf Menschen erschossen.
Der Rückweg führt uns am „Villen-Viertel“ von Mdantsane vorbei. Auch das gibt es hier. Es sind mit Stacheldraht und Gitter umzäunte stattliche Anwesen reicher Schwarz-Afrikaner. Spätestens hier wird klar: Auch in Südafrika sind heute nicht die Rassenunterschiede das Bestimmende, sondern die Klassenunterschiede.
Wer Interesse an einem Urlaub im Haus in East London hat, kann sich informieren bei inierstenhoefer@versanet.de