Camilo Torres Restrepo – der „Guerilla-Pfarrer“

Am 25. Januar 2015 wurden in Kolumbien auf Befehl des Präsidenten die sterblichen Überreste von Camilo Torres Restrepo exhumiert.
Von der Presse wird er „Guerilla-Pfarrer“ genannt

Voraus ging ein halbes Jahrhundert des Schweigens und des Komplotts durch die Herrschenden Kolumbiens, was damit anfing, dass General Álvaro Valencia Tovar die Leiche des selbstlosen Guerilleros verschwinden ließ. Das sollte bewirken, dass auch das Andenken Camillos aus dem Bewusstsein des kolumbianischen Volkes verschwindet. Ein abstruses antikommunistisches Vorgehen, nicht weil Camilo Kommunist war, sondern weil dieser Antikommunismus alle Ideen des Fortschritts, des Wandels und der revolutionären Veränderung verteufelt. Deshalb haben heute Millionen in Kolumbien keine Kenntnis darüber, wer Pater Camilo war.

Am 15. Februar 1966 starb José Camilo Torres Restrepo bei einem Aufeinandertreffen von Guerilleros der ELN („Nationale Befreiungsarmee“) und Truppen der kolumbianischen Armee. Er war 37 Jahre alt. Am 3. Februar 1929 wurde er in der Hauptstadt Kolumbiens, Bogotá, in eine wohlhabende Familie geboren. Er studierte in Bogotá und später an der Universität von Leuven/Belgien Politik und Gesellschaftswissenschaften. Dort wurde er auch zum Priester geweiht. Er machte in den Vorstädten von Paris Sozialarbeit, wo algerische Immigranten lebten, die revolutionären Widerstand geleistet hatten.

Zusammen mit Professor Orlando Fals Borda gründete er die soziologische Fakultät der Nationaluniversität von Kolumbien. Er leistete eine intensive Forschungsarbeit und entwickelte soziales Engagement in den Armen- und Arbeitervierteln Bogotás. Man kann ihn als einen Impulsgeber für die Volksbildung bezeichnen.

Im Jahre 1965 begann er seine politische Arbeit inmitten der Verfolgung durch die Hierarchie der katholischen Kirche Kolumbiens. Er entwarf die „Plattform für eine Bewegung der Volkseinheit“, welche später „Plattform der Einheitsfront des kolumbianischen Volkes“ genannt wurde. Er sprach bei Arbeiterversammlungen, vor den Massen der Armenviertel, vor Bauern, Studenten, Professoren, Intellektuellen, fortschrittlichen Pfarrern und Nonnen und trat dort für die Notwendigkeit einer revolutionären Veränderung im Land ein.

Die Führer der Einheitsfront-Bewegung waren mit staatlicher Repression konfrontiert, Pater Camilo wurde besonders verfolgt, eingesperrt, mit dem Tod bedroht und musste nach seinen öffentlichen Auftritten fliehen, um nicht umgebracht zu werden.

Am 18. Oktober 1965 fasste er den Entschluss, sich der Guerilla-Bewegung ELN anzuschließen. Dieser Schritt bedeutete einen Meilenstein in den revolutionären Kämpfen Lateinamerikas – für das Bündnis zwischen Revolutionären und Christen. Es war sehr verbreitet – wie in Kolumbien, Guatemala, El Salvador, Nicaragua, Mexiko, Bolivien, Peru, Brasilien und anderen Ländern. Es stand im Zusammenhang damit, dass sich in den 1960er-Jahren eine Protestbewegung innerhalb der katholischen Kirche Lateinamerikas entwickelte. Camilo Torres war ein Verfechter der Befreiungstheologie: „Die kolumbianische Gesellschaft analysierend habe ich die Notwendigkeit einer Revolution festgestellt, um dem Hungernden Essen zu geben, dem Durstenden zu trinken, den Nackten zu kleiden und den Wohlstand für die Mehrheit unseres Volkes herzustellen.“

Er trat dafür ein, dass Pfarrer in den Priesterseminaren und Nonnen Liebesbeziehungen haben konnten, was für die kolumbianische Gesellschaft und Kirche skandalös war. Sein Handeln führte dazu, dass sich viele Pfarrer und Nonnen der Guerilla der ELN anschlossen und damit seinem Beispiel folgten.

Pater Camilo Torres Restrepo glaubte an die Notwendigkeit der Revolution, damit „das Volk Wohlstand und Befreiung von der Herrschaft des nordamerikanischen Imperialismus und der Oligarchie, die dessen Interessen dient, erreicht.“ Er sah einen neuen Staat als notwendig an, der mittels der Einheit des kolumbianischen Volkes und seiner Organisationsformen gebildet wird.

Camilo, der katholisch gebildet war und Sensibilität gegenüber den Unterdrückten besaß, bekam in Europa ein größeres Verständnis dieser Welt, der Ausgebeuteten und Unterdrückten – was er später mit der Realität in Kolumbien verband. Man kann sagen, dass Camilo christliche linke Bewegungen wie die Gruppe „Gioconda“ in Kolumbien oder die der „Priester für den Sozialismus“ in Chile inspirierte.

Ein Beitrag von Alejandro Tapia/Kolumbien

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