Viele Herzen und Hände arbeiten am „Haus der Solidarität“
Die Verlegung der Heizungsrohre erfordert Teamarbeit - rf-foto
Truckenthal morgens um sieben: Klaus aus Halle hat wie jeden Morgen ein leckeres Frühstücksbuffet zusammengestellt – eine Reportage
„Seit sechs Jahren bin ich jetzt hier – an elf von zwölf Monaten jedes Jahr“, erzählt Klaus. „Ich sorge mit dafür, dass es nicht nur gut zu futtern gibt für die Bauarbeiter und freiwilligen Helfer, sondern dass die Heizung läuft und es schön warm ist.“ Seit Anfang dabei sind Manuela und Addi. „Bis zu 15.000 Übernachtungen hatten wir teilweise im Jahr. Viele aus der Umgebung haben hier Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, andere Urlaubstage verbracht. Dann die Sommercamps des REBELL, Seminare der revolutionären Arbeiterbewegung, eine lange Liste.“
Dagmar Kolkmann-Lutz konnte als Leiterin der Anlage das „Haus der Solidarität“ auf der 1. Mai-Kundgebung des DGB in Sonneberg in einem Grußwort weiter bekannt machen: „Das wird ein Faktor in der Region zur Stärkung des internationalistischen und antifaschistischen Bewusstseins.“
Auch Erich, der Bauleiter mit 40 Jahren Berufserfahrung vom Bau, ist ein Mann der ersten Stunde. „2003, da habe ich mit Dieter und den Rebellen die erste Hütte ausgebaut. Die steht heute noch. Jetzt ist es die Sanihütte.“ Ein anderer Teil der Hütten steht inzwischen frisch gestrichen, gut gedämmt und eingerichtet für die Aufnahme von Flüchtlingen bereit. Die werden allerdings bisher von den zuständigen Behörden immer noch nicht zugewiesen.
An der besagten „Sanihütte“ hängen heute schon manche Aushänge auf Arabisch. Denn es packen auch Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak mit an beim Aufbau des „Hauses der Solidarität“. So auch Amir aus Bagdad. Gestern war er beim Tag der Offenen Tür, der jeden Mittwoch ab 15 Uhr stattfindet. Dort hat er erzählt, dass er von Abschiebung bedroht ist und heute einen Termin beim Amt hat. Dorthin begleiten wir ihn. Aber jetzt greift er noch mal kräftig zur Schaufel.
„Wie heißt das in Deutsch?“, fragt er und hebt die Schaufel. „Schaufel – und auf Arabisch?“ „Keraq“. Er schmunzelt, an der Aussprache muss der deutsche Bauhelfer noch etwas feilen, aber im Graben beim Sandschippen klappt die Zusammenarbeit schon gut. Dafür, dass die Heizungsrohre richtig im Sandbett liegen, sorgt unter anderem Dieter. Kurz beschrieben als Frohnatur aus Sonneberg, immer mit der Baskenmütze auf dem Kopf und einem flotten Spruch auf den Lippen. Aber beim Aufräumen des Werkzeugs kennt er zu Recht keinen Spaß, „denn das gehört genauso zur Arbeit“.
Heute werden die neuen Heizungsrohre verlegt, und bis zum Rebellischen Musikfestival an Pfingsten sollen die Gräben natürlich längst beseitigt sein. Bevor jedoch alle Gräben wieder zugeschüttet werden, muss der zweite Klaus – heute der „Herr der Kabel“ – noch verschiedene Steuerungskabel in den Gräben verlegen. Tatkräftig wird er dabei unterstützt von Peter, der erzählt: „Ich komme aus Bamberg. Jetzt bin ich gleich hier um die Ecke gezogen, um den Aufbau des ‚Hauses der Solidarität‘ durch Hausmeisterarbeiten zu unterstützen.“
Der Aufbau des „Hauses der Solidarität“ braucht viele Kräfte. Die Leiterin der Hauswirtschaft berichtet: „Ich habe schon viele Erfahrungen aus der Gastronomie, und jetzt mache ich noch eine Ausbildung in Betriebswirtschaft. Und wir haben auch schon angefangen, unsere Ernährung etwas umzustellen.“ In der Tat, auf jedem Buffet findet sich auch Essbares mit dem Schildchen „kein Schwein“.
Karin, seit zehn Jahren tatkräftig dabei, betreut die Kleiderkammer für die Flüchtlinge. Ein Kollege aus der Initiatorengruppe für das „Haus der Solidarität“ ist beim Deutschunterricht im Rahmen des Tags der Offenen Tür eingestiegen. „Ich hab’ schon immer gern etwas mit Jugendlichen gemacht, im sportlichen Bereich. Das mit dem Deutschunterricht macht mir selbst viel Spaß. Eine Flüchtlingsfrau, die immer kommt, hat eine schöne Schrift. Sie schreibt immer alles an unsere Tafel. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die Flüchtlinge immer alles wirklich verstehen.“
Wer als Unterstützer des „Hauses der Solidarität“ nach Thüringen kommt, und davon werden noch viele gebraucht, erfährt auch manches über die Gegend. Abends erzählt René aus Suhl: „Suhl ist es eben nicht nur eine Stadt der Waffenindustrie, sondern zuerst einmal Bergarbeiterstadt. Der Bergbau schuf erst die Grundlage. Und in Suhl stand das erste Denkmal für die ermordeten Revolutionäre Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, heute steht es noch in unserem Park.“
Gemeinsam arbeiten, heißt auch, gemeinsam feiern – und so sitzen wir am Nachmittag des 1. Mai noch munter zusammen: Flüchtlinge, Bauarbeiter aus Thüringen und dem Ruhrpott sowie Mitglieder und Freunde der Ortsgruppe Sonneberg der MLPD.