Arbeitsgericht deckt Behinderung der Betriebsratstätigkeit bei Infineon
Am 27. April fand am Arbeitsgericht Dresden die Hauptverhandlung in der Klage des Infineon-Betriebsrats Bernhard Fischer gegen Infineon statt
Fast 30 Kolleginnen und Kollegen, persönliche und politische Freunde waren zur solidarischen Unterstützung gekommen. Als kämpferischer IG-Metall-Gewerkschafter war Bernhard Infineon schon lange ein Dorn im Auge. Er hat in den 1990er Jahren sowohl die gewerkschaftliche Basis als auch den Betriebsrat bei Infineon mit aufgebaut und war der erste Betriebsratsvorsitzende. Seitdem war er bei jedem Konflikt zwischen Arbeitern und Konzern engagiert beteiligt.
Im Augenblick will Infineon unter anderem die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit gegen den Willen der Mehrheit der Beschäftigten in der Produktion durchdrücken. Aktive Betriebsräte wie Bernhard Fischer, die da an der Seite der Belegschaft stehen, sind dem Unternehmen dabei im Weg.
Mitte 2015 verschärfte Infineon seine Angriffe: erst ein Personalgespräch zur Trennung, mit einem Abfindungs-„Angebot“ (Aufhebungsvertrag). Nach dessen klarer Ablehnung durch den Betriebsrat folgte ein weiteres Personalgespräch. Ergebnis: Strafversetzung. Bernhard Fischer wurde in eine andere Schicht und einen anderen Bereich versetzt. Weg von den Kolleginnen und Kollegen, die ihn maßgeblich als Betriebsrat vorgeschlagen und gewählt hatten. Der Zugang zu seinem neuen Arbeitsplatz in einem Sicherheitsbereich ist nur über eine extra Zugangsschranke möglich.
Bernhard Fischer sieht darin eine Behinderung seiner Betriebsratstätigkeit – und klagte gegen Infineon. Schien die Richterin beim sogenannten Gütetermin im November gegenüber den Argumenten von Bernhard Fischer und seinem Anwalt eher offen zu sein, mauerte sie jetzt komplett. Offenbar wollte das Gericht unter keinen Umständen eine Verurteilung Infineons. Denn mit der Behinderung der Betriebsratstätigkeit begeht man auch eine Straftat.
Der Anwalt und eine Mitarbeiterin der Personalabteilung von Infineon traten im Vergleich zum Gütetermin diesmal eher defensiv auf. Offensichtlich lag ihnen daran, sich fürsorglich und harmlos zu geben, um den begründeten Verdacht, dass hier aus politischen Gründen gemobbt wird, nicht weiter zu erhärten.
So hatten sie unter anderem beim Gütetermin dreist vertreten, dass Bernhard Fischer 20 Jahre lang eigentlich zu gar nichts in der Lage gewesen sei. Man hätte ihn an eine Tätigkeit versetzen müssen, zu der er zumindest ein „bisschen fähig“ sei. Allerdings blieben diese Diffamierungen und arbeiterfeindlichen Tiraden voller sachlicher Widersprüche und wurden während des Kammertermins auch durch engagierte Zwischenrufe und sachkundige Kommentare von Unterstützern zu- rückgewiesen.
Im Prozessverlauf deckte Bernhard Fischer für alle sichtbar und überzeugend auf: Seine Tätigkeit als engagierter und unbequemer Betriebsrat soll behindert, er für seine unbestechliche Haltung bestraft werden. Die Betriebsratsarbeit in einem Contischicht-Betrieb (Früh-, Mittag-, Nachtschicht, Wochenende), dazu mit verschiedenen Fraktionen im Betriebsrat, stellt hohe Anforderungen. Mit der willkürlichen Versetzung von gewählten Betriebsräten könnten ganze Schichten „betriebsratsfrei“ gemacht werden. Und Kolleginnen und Kollegen würden der gewählten Betriebsräte ihres Vertrauens beraubt. Selbst solche einleuchtenden Argumente konnte oder wollte die Richterin nicht hören.
Kurz vor Ende zog sich das Gericht noch einmal zur Beratung zurück. Dann noch einmal die längst beantwortete Frage, ob nicht doch eine gütliche Einigung drin sei. Nein, keine Rede davon nach diesem Prozessverlauf! Schließlich, am Ende des Sitzungstages, das Urteil: Klage abgewiesen.
Wieder auf dem Parkplatz bei Kaffee und Manöverkritik allerdings eine andere Sicht der Dinge: Die Wahrheit lag für die Kolleginnen und Kollegen klar auf der Hand, hier soll ein kämpferischer IG-Metaller gemaßregelt werden – und das darf nicht durchkommen. Unrecht bleibt Unrecht, die Solidarität ist stärker. Die Stimmung war entschlossen und selbstbewusst. Einig war man sich aber auch darüber, dass wir unsere Interessen nicht von Gerichtsentscheidungen abhängig machen dürfen. „Wenn das im Namen des Volkes sein soll, dann ist da was faul“, so ein Kollege. Sichtbar wurde zudem: Das ist kein Einzelfall, nicht nur ein Kollege berichtete ebenfalls von Behinderungen der Betriebsrats- und Gewerkschaftstätigkeit.
Zu wünschen wäre eine stärkere Unterstützung durch die IG Metall. Die Stimmung auf dem Parkplatz: nächste Instanz! Auch Dynamo Dresden spielt demnächst in der zweiten Liga.
Dresden (Korrespondenz)