Asbest – die verharmloste Gefahr
Amphibol-Asbestfasern unterm Elektronenmikroskop
In Deutschland starben 2014 fast 1500 Menschen an einer durch Asbest verursachten anerkannten Berufskrankheit1
Weltweit werden immer noch zwei Millionen Tonnen Asbest jährlich gefördert (z. B. in Kasachstan, China, Indien), und mehr als 100 000 Menschen pro Jahr sterben durch Asbest2. Obwohl die Verwendung von Asbest seit 1993 in Deutschland verboten ist (seit 2005 in der gesamtem EU) und für Tätigkeiten, bei denen Asbest freigesetzt wird, strenge Vorschriften gelten, muss weiter von einer hohen Gefährdung ausgegangen werden.
Denn Asbest steckt in weit mehr Materialien als bisher angenommen. Für Abbruchs-, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen gelten besondere Schutzvorschriften, die eine Gefährdung von Beschäftigten und eine Verbreitung von Asbeststaub verhindern sollen. Diese Arbeiten dürfen nur von speziellen Firmen durchgeführt werden. Asbest steckt heute vor allem in Baumaterialien, die vor 1993 eingesetzt wurden. Dazu gehören Asbestzementbaustoffe, in denen Asbest relativ fest eingebunden ist, aber auch schwach gebundener Asbest in Fliesenklebern, Putz, Estrich, Spachtelmaterialien.
Asbest immer noch verbreitet
Man muss also bei jeder noch so kleinen Baumaßnahme in Gebäuden, die vor 1993 gebaut oder umgebaut wurden, mit Asbeststaub rechnen, wenn z. B. eine Wand angebohrt wird, Durchbrüche gemacht, Fenster ausgebaut, Fliesen abgeschlagen werden. Bereits bei geringfügigen Arbeiten werden sehr große Mengen an Asbestfasern freigesetzt. Schnell werden über 100 000 Fasern pro Kubikmeter Raumluft erreicht – der für berufliche Tätigkeiten geltende Grenzwert liegt bei 10 000 Fasern pro Kubikmeter 3.
Reicht es, eine Atemschutzmaske gegen Staub aufzusetzen? Das wäre eine grobe Fehleinschätzung. Denn Asbeststaub ist sehr fein, er bleibt Stunden in der Luft, wenn man die Staubmaske schon lange abgesetzt hat. Man sieht ihn nicht. Er schlägt sich dann auf Möbeln und in Ecken nieder und wird wieder aufgewirbelt.
Man kann aber fast jede Bautätigkeit staubarm durchführen, vom Bohren über das Abschleifen und Fräsen von Putzen bis zum Aufstemmen von Wänden. Entsprechende Arbeitsgeräte, die den Staub bei der Entstehung direkt erfassen, sind schon lange auf dem Markt. Sie werden nur, weil sie etwas teurer sind, auch von Bauunternehmen kaum eingesetzt. Die Ansicht ist sehr verbreitet, dass es auf einer Baustelle eben staubt und man hinterher „sauber“ macht. Es gibt Baufirmen, die ausdrücklich staubarmes Arbeiten anbieten, was aber etwas teurer ist.
Geprüfte „emissionsarme Verfahren“ sind schon seit Langem in Empfehlungen der Berufsgenossenschaften beschrieben, die Anschaffung entsprechender Geräte wird finanziell gefördert. Asbesthaltige Bauabfälle und der Rückstand aus den Geräten müssen speziell entsorgt werden. Die zuständigen Behörden haben Staub auf Baustellen zu lange toleriert. Die Überwachungsdichte im Arbeitsschutz ist lückenhaft.
Weltweites Asbestverbot muss her!
Tätigkeiten, bei denen Quarzfeinstaub freigesetzt wird, sind in den Arbeitsschutzvorschriften auch als krebserzeugend (Lungenkrebs) eingestuft. Es gibt inzwischen einen Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Luft am Arbeitsplatz. Das ist sehr wenig, mit den Augen nicht sichtbar. Bei kleinsten staubenden Arbeiten wird dieser Wert überschritten. Zum Schutz gegen Asbest und Feinstaub muss staubarmes Arbeiten rigoros durchgesetzt werden, in der Bauwirtschaft mit etwa 400 000 Firmen und mehreren Millionen Beschäftigten, aber auch im Privatbereich.
Asbestproduzierende Firmen und Länder führen dagegen Kampagnen durch unter dem Motto „Asbest rettet Leben“. Die Behauptung, nur Blauasbest würde Krebs erzeugen, ist falsch – Weißasbest ist etwas geringer, aber ebenfalls krebserregend. Ein weltweites Asbestverbot, wie 2014 von der IG Metall und der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter gefordert, muss durchgesetzt werden. Genauso wie das Asbestverbot in Deutschland und Schutzrichtlinien erkämpft werden mussten, fordert dies jetzt die internationale Arbeiter- und Umweltbewegung heraus!
1 Asbest – immer noch tödlich, IG Metall, 4. 8. 2014
2 WHO und International Labour Office – Resolution zu Asbest 2006
3 Akzeptanzwerte gemäß technischer Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 910