Alle vier Jahre: Das Märchen von der „sozialen Gerechtigkeit“
... aktuell vor der Landtagswahl in NRW und den Bundestagswahlen. Die SPD verspricht, „in soziale Gerechtigkeit ... zu investieren“. Die CDU will „eine in Solidarität gelebte Gerechtigkeit“. Und für die Grünen ist NRW das „Land der sozialen Gerechtigkeit und des Zusammenhalts“. Es sind dieselben Damen und Herren, die selbst seit Jahrzehnten in Bund und Land an der Regierung sind und die volksfeindliche Politik gemacht haben ...
SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP haben die Hartz-Gesetze beschlossen, die Leiharbeit massiv gefördert, die Unternehmenssteuern gesenkt, Deutschland zum europäischen Spitzenreiter bei Niedriglöhnen gemacht. Und nun reiben sie sich verwundert die Augen über Kinderarmut und wachsende Altersarmut? Welch eine erbärmliche Heuchelei, die auf die Vergesslichkeit der Menschen setzt.
Die Düsseldorfer und Berliner Politiker suggerieren1, an den Zuständen lasse sich nicht wirklich etwas ändern. Man könne nur wählen zwischen dem, was sie uns anbieten. Also wählen zwischen vermeintlich kleineren Übeln? Dabei steht diesmal eine echte Alternative zur Wahl!
„In unserem Land muss sich grundlegend etwas ändern: Deshalb haben wir 2016 das Internationalistische Bündnis fortschrittlicher und revolutionärer Kräfte gegründet“, heißt es im Wahlprogramm der Internationalistischen Liste/MLPD: „Wir sind stolz, Visionen zu haben von einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Welt – statt uns pragmatisch den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen unterzuordnen, Missstände nur irgendwie zu verwalten oder uns mit kleinsten Verbesserungen zufriedenzugeben.“ 500.000 dieser Programme werden in NRW insgesamt verteilt.
Entweder-oder: Politik für die Arbeitenden oder für die Milliardäre
Die zehn reichsten Männer in NRW besitzen 68,9 Milliarden Euro. Gleichzeitig liegt die Armutsquote in NRW über dem Bundesdurchschnitt. Sie ist mit 17,5 Prozent die höchste unter den westdeutschen Flächenländern. In seinem Armutsbericht spricht der Paritätische Wohlfahrtsverband deshalb von NRW als einer „besonderen Problemregion“.2
Martin Schulz saß im SPD-Parteipräsidium mit am Tisch, als unter Gerhard Schröder die „Agenda 2010“ beschlossen wurde. Vor der Agenda gab es 300.000 Leiharbeiter, heute sind es eine Million. Vor der Agenda waren sechs Millionen Menschen in Minijobs, heute fast acht Millionen. Vor der Agenda erhielten 70 Prozent Tariflöhne, heute nur noch 50 Prozent.
Eine extreme Verschärfung der Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Konkurrenz zwischen Arbeitern und Arbeitslosen und zwischen unterschiedlichen Standorten. Im Zentrum steht aktuell in NRW die Auseinandersetzung in der Stahlindustrie und die geplante vollständige Stilllegung des Steinkohlebergbaus. So will der ThyssenKrupp-Vorstand die Stahlsparte abwerfen und diese mit dem indischen Konzern Tata fusionieren; er gibt Tausende weitere Stahlarbeitsplätze zum Abschuss frei. Zugleich versucht der Vorstand, Belegschaften an den verschiedenen Standorten gegeneinander auszuspielen und so zu Zugeständnissen zu erpressen: bei der Streichung von Löhnen, Schichtzulagen und zur Verlängerung der unbezahlten Arbeitszeit. Diese Ausbeutung in den Betrieben steigt seit Jahren. Zusammen mit den Gesetzen zur staatlichen Umverteilung von den Massen in die Taschen der großen Konzerne und der schrittweisen Zerschlagung des Sozialversicherungswesens ist sie maßgeblich verantwortlich für die wachsende Armut. Hinzu kommt die Verschuldung der Kommunen. Kommunale Ausgaben werden massiv gekürzt, Gebühren erhöht – bis zur Schließung von Krankenhäusern aus Profitgründen. Ergebnis: Konzernbosse bereichern sich schamlos, oft noch mittels Spekulation, Steuerhinterziehung und Korruption – und zugleich wächst Armut in einem der reichsten Länder der Erde.
Die deutschen Konzerne, flankiert von den verschiedenen Bundesregierungen, erhöhten den Ausbeutungsgrad der Arbeiter, zerschlugen soziale Errungenschaften der Massen – und konnten damit eine Vorreiterrolle einnehmen. So konnten sie im internationalen Konkurrenzkampf Boden gutmachen. Zuletzt erreichte die deutsche Exportoffensive 2016 mit verkauften Waren im Wert von 1,207 Billionen Euro neue Rekordhöhen.
Um diese Zustände und Verhältnisse zu bemänteln, werden vor allem von der Schulz-gehypten SPD einzelne Zugeständnisse angekündigt: einige Monate längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für Ältere oder die paritätische Finanzierung der Krankenkassenzusatzbeiträge. Alle bürgerlichen Parteien wärmen – pünktlich zur Wahl – die Lebenslüge der „sozialen Gerechtigkeit“ auf.
Dabei sind schon heute 13 Millionen Menschen – fast jeder Fünfte – in Deutschland arm oder von Armut bedroht. Sie verfügen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. 2015 lag dieser Wert für eine alleinlebende Person bei monatlich 1033 Euro, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2170 Euro.
Die SPD in NRW prahlt, in den letzten zehn Jahren seien 730.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Dieser Anstieg geht jedoch fast ausschließlich zurück auf die Zunahme der Teilzeitarbeit um 700.000 Stellen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Leiharbeiter von 121.000 auf 235.184. Bundesweit ging die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze in den letzten 15 Jahren um 1,3 Millionen zurück. In Deutschland sind 19 Millionen Menschen arbeitslos oder unterbeschäftigt. Niedriglöhne, Minijobs, Leiharbeit und Werkverträge drücken das Lohnniveau. Über 1,2 Millionen Aufstocker können von ihrem Lohn nicht leben und müssen zusätzlich Hartz IV beantragen.
Die „hart arbeitenden Menschen“, von denen Martin Schulz und Co. gerne schwadronieren, werden sich zum großen Teil in Altersarmut wiederfinden. Bis 2030 sinkt das Rentenniveau auf 40 Prozent. Bereits heute haben 40 Prozent der Frauen im Westen sogar weniger als 450 Euro Rente.
Die AfD, die sich als Anwalt der „kleinen Leute“ gibt, will Rente erst nach 45 Beitragsjahren gewähren, ohne festes Rentenalter – die großen Konzerne klatschen Beifall. Die Mehrheit der Frauen im Westen müsste dann bis 70 arbeiten. Für die AfD nicht so wichtig, denn sie möchte Frauen sowieso lieber am eigenen Herd sehen. Vor allem versucht die AfD, mit ihrer penetrant rassistischen Demagogie alle Schuld den Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben. Als ob die schuld seien, dass für „Deutsche“ kein Geld mehr da ist. Aber Peter Hartz, Gerhard Schröder und Wolfgang Clement waren keine syrischen Asylbewerber – sie haben im Auftrag des deutschen Finanzkapitals gehandelt!
Was ist „gerecht“ für Martin Schulz und seinesgleichen?
Die Propheten der „sozialen Gerechtigkeit“ reden entweder völlig nebulös – oder nur über kosmetische Details. Für Martin Schulz ist der Gipfel der sozialen Gerechtigkeit erklommen, wenn ein Arbeiter oder Angestellter, nach jahrzehntelanger Arbeit eben erst ein paar Monate später in Hartz IV und danach in Altersarmut fällt. Für ihn persönlich ist das alles ohnehin weit weg. 18.600 Euro Aufwandsentschädigung zahlt ihm die SPD pro Monat für den Job als Kanzlerkandidat. Wird er Kanzler, werden es 18 388 Euro sein.
Allen diesen Beschwörern „sozialer Gerechtigkeit“ ist gemein: Sie tasten die Machtverhältnisse und die kapitalistische Eigentumsverhältnisse selbst nicht an. Tatsächliche soziale Gleichheit, wie es sich der Kommunismus auf die Fahnen geschrieben hat, kommt bei ihnen gar nicht vor. Sie alle bekämpfen aufs Schärfste die kommunistischen Bestrebungen nach der Abschaffung der Klassenherrschaft. Sie verschleiern die Diktatur des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, das die Richtung der Politik vorgibt – in Berlin oder Düsseldorf.
Mythos „Soziale Gerechtigkeit“
Der Kapitalismus beruht auf der Ausbeutung der Arbeitskraft durch die Besitzer der Produktionsmittel und auf der bürgerlichen Familienordnung. 2016 schuf im Schnitt jeder Einwohner Deutschlands – vom Säugling bis zum Greis – Werte von 37.986 Euro, die unentgeltliche Arbeit in den Familien gar nicht mitgerechnet. Beschäftigte in der Industrie erarbeiteten eine Jahresumsatz von 312.758 Euro – pro Kopf. Aber was passiert mit dem gesellschaftlichen Reichtum? Den Löwenanteil eignen sich die Kapitalisten an, ganz legal. Einen Teil bekommen die Manager wie Bill McDermott von SAP: 11,9 Millionen Euro für 2016, gefolgt von Dieter Zetsche (Daimler) mit 7,6 Millionen, einen anderen Teil die Banken oder Aktionäre. Produziert wird ausschließlich im Interesse der Steigerung der Maximalprofite
Im verschärften internationalen Konkurrenzkampf um die Weltmarktführung ist den Imperialisten jedes Mittel recht – ob Handels- und Währungskriege, Protektionismus und Freihandel, gegenseitige Vernichtungsschlachten der großen Konzerne bis hin zu imperialistischen Kriegen und eine immer brutalere Ausplünderung von Mensch und Natur. Vor allem eine chronische Überakkumulation des Kapitals, die ungebremste Umweltzerstörung und weitere Faktoren haben bis zu einer neuen Qualität der allgemeinen Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems geführt. Viele Regierungen reagieren darauf mit einem ausgeprägten Rechtsruck. Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen den alten und neu entstandenen imperialistischen Ländern droht real umzuschlagen in einen offenen Schlagabtausch und eine Konfrontation, vor allem in den Krisenherden Ukraine und Syrien – aber auch in Verbindung mit Korea.
Mit dem aufgewärmten Märchen von der „Sozialen Gerechtigkeit“ wird diese Realität vollständig ausgeblendet, auch die Verschärfung bis hin zur Kriegsgefahr; die Illusion wird verbreitet, es sei nur eine „Willenssache“, an die Kapitalisten zu appellieren, sie sollen doch etwas mehr abgeben von ihrem angehäuften Reichtum und friedlich miteinander umgehen. Zugleich wird es, angesichts der neuen Qualität der Krisenhaftigkeit, immer schwieriger, diese Lebenslüge aufrechtzuerhalten. Wie groß der Druck ist, zeigte sich daran, wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am 3. Mai in Duisburg den Stahlarbeitern demonstrativ ihre Solidarität verweigerte. Unter den Massen – besonders in der Arbeiterklasse – wächst eine neue Klarheit über den Imperialismus; es entwickelt sich ein fortschrittlicher Stimmungsumschwung in vielen Ländern, und es entstehen neue Chancen auf revolutionäre Veränderungen.
Trotzdem beteiligt sich auch die Linkspartei daran, diese Illusionen zu fördern, wenn sie auf ihren Plakaten über ein System schimpft, „das Armut schafft und Reichtum schont“. In der kapitalistischen Gesellschaft steht „dem fortlaufend wachsenden Reichtum einiger weniger auf der einen Seite … die verstärkte Ausbeutung der arbeitenden Massen mit dem sich ausbreitenden Elend und der Armut der Massen gegenüber“.3 Reiche sind nicht reich, weil die Regierung sie schont, sondern weil sie ausbeuten. „Die gesellschaftliche Großproduktion unterliegt der privaten Aneignung durch die Kapitaleigner, insbesondere durch die zum Finanzkapital verschmolzenen Industrie-, Agrar-, Handels- und Bankmonopole“ 4, so das Programm der MLPD.
Im Kapitalismus können die Arbeiter nur durch ihren Kampf und nur in einzelnen Fragen wirklich mitbestimmen, etwa über die konkrete Höhe der Löhne. Aber die grundlegende Ungerechtigkeit des Kapitalismus ist unlösbar mit ihm verbunden. Durch einen hart geführten Massenkampf können und müssen soziale Errungenschaften auf Kosten der Profite der Konzerne erhalten oder ausgebaut werden.
Von genau diesem Klassenkampf ist bei Sahra Wagenknecht (Linke) aber keine Rede. Sie stimmt den ganzen Wahlkampf ab auf eine Regierungskoalition mit der SPD: „Allerdings müssen wir noch deutlicher machen: Je mehr Stimmen die Linke bekommt, desto größer ist die Chance, dass die SPD ihren Kurs korrigiert und sich nicht noch einmal unter die Fittichen von Frau Merkel verkriecht.“5 Es ist entlarvend, wenn die ganze Daseinsberechtigung darauf abzielt, mit SPD/Grünen zu regieren. Genau mit der Regierungskoalition, die die Agenda 2010 beschlossen hat. Natürlich ist es bequemer, sich der x-ten Auflage des Sozialstaatsmärchens hinzugeben – diesmal aus dem Hause Wagenknecht. Wer aber wirklich etwas ändern will, muss auch sich selbst verändern – Schluss machen damit, seine Stimme an ein vermeintlich kleineres Übel zu verschenken.
Das kann man ändern!
Bei der Internationalistische Liste/MLPD ist jede Stimme gut aufgehoben. Kräfte der Internationalistische Liste/MLPD haben 2004 den Opel-Streik mit geführt bzw. unterstützt und die Montagsdemonstrationsbewegung mit auf den Weg gebracht. Darüber ist die Regierung Schröder gestürzt. Beteiligt sind hier Aktivisten der Bewegung zur Stilllegung aller Atomanlagen weltweit, Organisatoren der Kurdistan- und Palästina-Solidarität und aller fortschrittlichen Befreiungskämpfe, des Kampfes um jeden Arbeitsplatz bei Kohle und Stahl, und Kämpferinnen und Kämpfer für die Befreiung der Frau. Die Internationalistische Liste/MLPD kandidiert, um diese Richtung auch mit möglichst vielen Stimmen zu stärken.
Der Kampf um Verbesserungen der sozialen Lage der Arbeiterklasse und der Massen kann nur auf Kosten der Profite der Konzerne erfolgreich geführt werden – so die klare Ansage!
Die Internationalistische Liste/MLPD tritt nicht für „sozialen Frieden“ ein – sondern für Klassenkampf, damit sich die Verhältnisse ändern. Auf der Grundlage des Kapitalismus bleibt der Ruf nach „sozialer Gerechtigkeit“ immer eine Täuschung. Im echten Sozialismus wird die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft. Jeder Mensch nimmt entsprechend seiner Leistung am gesellschaftlichen Reichtum teil. In einer künftigen kommunistischen Gesellschaft wird das Prinzip verwirklicht, „jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“. Weil es keine Klassen mehr gibt, gibt es auch keine soziale Ungleichheit, ist auch keine „soziale Gerechtigkeit“ mehr nötig: die soziale Frage gelöst ist.
Wer am 14. Mai die Internationalistische Liste/MLPD (Liste 26) wählt, stärkt nicht nur den Kampf zur Verbesserung der Lebenslage, sondern auch diese Vision einer klassenlosen, von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft.
Mach mit, damit sich wirklich etwas ändert!