„Das Kapital“ wird 150 - und Marx behielt recht
Das Grab von Karl Marx auf dem Highgate-Friedhof in London (foto: gemeinfrei)
Es hat seitdem millionenfache Verbreitung über die ganze Welt gefunden. Wie oft es übersetzt, gedruckt und verkauft wurde, ist nicht genau erfasst. Nach oder mit der Bibel ist es eines der meistgelesenen und meistdiskutierten Bücher in der Geschichte der Menschheit.
In der Tagesschau vom 13. September würdigte der Sozialhistoriker Jürgen Bönig Karl Marx: „Viele Dinge, die er vorgeschlagen hat, die haben wir angenommen, ohne dass wir wissen, dass sie auch von Marx kommen, also Gewerkschaften, Arbeitsschutzgesetze und dergleichen, und ich glaube, dass im Lesen und dem Verstehen des Mechanismus viel Kraft liegt, die heutige Zeit zu verstehen.“ Freilich ging es Karl Marx zeit seines Lebens nicht um die Reformierung des Kapitalismus, sondern um seine revolutionäre Überwindung.
Wachsende Anerkennung für Marx' Leistung
Bezeichnend ist jedoch, dass insbesondere seit der tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise des Kapitalismus von 2008 bis 2014 mehr und mehr Menschen zu der Überzeugung gelangen, dass Marx mit seinen ökonomischen und historischen Analysen recht hatte.
Selbst der Vorsitzende des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, gesteht Marx „viele interessante Gedanken zu“, vor allem die „Theorie vom „tendenziellen Fall der Profitrate“ sei „hochaktuell“: „Denn heute, 150 Jahre nach Marx, zeigen sich deutliche Anzeichen für langfristig fallende Kapitalrenditen.“¹
Dialektische Gesetzmäßigkeiten aufgespürt
Marx hatte mehrere Jahre an seinem Hauptwerk gearbeitet - in kritischer schöpferischer Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Ökonomen Adam Smith und David Ricardo einerseits und dem Dialektiker Georg Wilhelm Friedrich Hegel andererseits. Der zweite und dritte Band von "Das Kapital" wurden erst nach seinem Tod 1883 von Friedrich Engels auf Grundlage seiner Studien und Analysen herausgegeben.
Zusammen mit Friedrich Engels wandte Karl Marx die dialektische Methode - im Unterschied zu Hegel - materialistisch an. Dadurch konnten sie die objektiv existierenden dialektischen Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft, in der Wirklichkeit des Kapitalismus aufspüren.
Am Bekanntesten ist das Mehrwertgesetz: Die Arbeiter schaffen in der Produktion einen Wert, der über den Wert ihrer Arbeitskraft hinausgeht. Das ist der Mehrwert, den sich die Kapitalisten unentgeltlich als Quelle ihres Profits aneignen.
Die kapitalistische Konkurrenz zwingt zur ständigen Verschärfung dieser Ausbeutung, was gesetzmäßig zur Akkumulation des Kapitals führt. Gesetzmäßig kommt es zu periodisch wiederkehrenden Überproduktionskrisen.
Wie Hans-Werner Sinn Marx verballhornen will
Von dieser Marx'schen Analyse will Hans-Werner Sinn als Verteidiger der kapitalistischen Ökonomie allerdings nicht viel wissen. An Stelle eines "Systemwechsels" will er dem tendenziellen Fall der Profitrate mit einer „nachfragestimulierenden staatlichen Budgetpolitik“ begegnen.
Dummerweise konnten in den vergangenen Jahrzehnten der Existenz des staatsmonopolistischen Kapitalismus selbst ins Gigantische wachsende staatliche Krisendämpfungs-"Budgets" nicht verhindern, dass es zu immer wiederkehrenden und jedesmal verheerenderen Überproduktionskrisen kam.
Marx zog bereits die Schlussfolgerung: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen. ... Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolutionen ein.“²
Das bedeutet aber nicht, dass Marx einen automatischen Fall des Kapitalismus vorhergesagt hat, wie manche Verfasser von Artikeln zum 150. Jahrestag von "Das Kapital" unterstellen. Er hat bei vielen Gelegenheiten die Bedeutung des organisierten revolutionären Kampfs betont und sich dazu selbst führend am Aufbau der I. Kommunistischen Internationale beteiligt.
Marx war kein Dogmatiker
Heute ist der Widerspruch zwischen der internationalisierten kapitalistischen Produktionsweise und der Macht des allein herrschenden Finanzkapitals auf die Spitze getrieben und zentrales Hemmnis für jeden gesellschaftlichen Fortschritt geworden. Die materielle Vorbereitung des Sozialismus ist vollständig ausgereift.
Journalist Christoph Driessen schreibt in einem Artikel "Hatte Marx doch recht?": "Marx war übrigens alles andere als ein Dogmatiker. Bis zuletzt hat er auch den schon erschienenen ersten Band des "Kapitals" immer wieder umgeschrieben. An den heutigen Debatten hätte er sich sicher beteiligt – leidenschaftlich, witzig und polemisch, so wie es seine Art war."
Anleitung zum Handeln
Ganz in diesem Sinne wendet die MLPD die Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Zedong schöpferisch auf die heutigen Verhältnisse an, verwendet sie als Anleitung zum Handeln.
Dazu gehört auch, sich ein eigenes Bild von ihrer großen Bedeutung und Aktualität zu machen. Deshalb würdigt die MLPD nicht nur Karl Marx im Kampf gegen antikommunistische Verdrehungen, sondern setzt sich dafür ein, ihn möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. „Das Kapital“ ist wie alle andere marxistisch-leninistische Literatur erhältlich beim Verlag Neuer Weg.
¹ zitiert aus „Deutschlandfunk“, 19.3.2017
² Marx/Engels Werke Bd. 13, S. 8/9