DKP-Genosse Rolf Pflanz: „Der Ausschluss von Willi Dickhut war nicht richtig“
8. Mai 2015, Tag der Befreiung vom Faschismus in Solingen: Gedenken der Opfer des Faschismus mit der Forderung, eine Straße nach Willi Dickhut zu benennen, Foto: RF
Ein Solinger Korrespondent führte dazu Anfang November für die Rote Fahne ein Gespräch mit dem inzwischen 92-jährigen DKP-Genossen Rolf Pflanz. Er war in den 1960er Jahren in der Kreisleitung der illegalen KPD mitverantwortlich für den Ausschluss von Willi Dickhut und später führender Funktionär der DKP in Solingen. Er äußert sich dabei auch zu Material der Stasi-Unterlagen-Behörde über Willi Dickhut, das die GSA² im Rahmen eines Forschungsprojekts angefordert hatte.
Rote Fahne: Willi Dickhut war in den 1940er- und 1950er-Jahre erster Kreissekretär der KPD in Solingen. Wo hast du ihn kennengelernt?
Rolf Pflanz: Ich habe nach meinem Eintritt in die KPD 1946 gute Schulmeister gehabt. Da gehörte auch der Willi Dickhut dazu. Willi war sehr belesen. Ich habe sehr viel von ihm angenommen. Heute bin ich der festen Überzeugung: Einen besseren Antifaschisten als Willi gibt es nicht. Deshalb unterstütze ich euch voll und ganz, einen Platz oder eine Straße nach seinem Namen zu benennen. Da steh ich auch in meiner Partei dazu.
Du hast 1966 als Mitglied der Kreisleitung der illegalen KPD den Ausschluss von Willi und Luise Dickhut mitbetrieben. Warum?
Willi ist aus der Partei ausgeschlossen worden, weil er mehr zur chinesischen Seite hin tendiert hat. Wir haben damals immer die chinesischen Kommunisten als Verräter angesehen. Was sie in Wirklichkeit ja gar nicht waren. Willi wollte, dass wir auch diese Politik diskutieren. Aber wir haben das nie gemacht. Ich habe mich da täuschen lassen und war auch für den Ausschluss von Willi Dickhut. Der Ausschluss war aber nicht richtig. Ich habe das in späteren Jahren sehr bereut.
Manche Solinger DKP-Genossen haben den Antrag für eine Willi-Dickhut-Straße nicht unterschrieben, weil Willi Dickhut angeblich 1953 die Kaderunterlagen des Parteivorstands der KPD „verschlampt“ habe.
Diese Geschichte kenne ich. Zu mir reden meine DKP-Genossen auch von dem Verrat, den Willi damals gemacht hätte. Und ich sage: Welchen Verrat denn? An den Verfassungsschutz? Der Willi hat nichts verraten. Das wissen wir. Dazu war er zu sehr Antifaschist. In einer Unterlage der Stasi von 1973 wird nahegelegt, dass alle China orientierten Kräfte – also auch Willi Dickhut – mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet hätten.
Ja, bei uns ist das auch so gesagt worden. Willi galt vielen damals als bezahltes Subjekt des Verfassungsschutzes. Wobei mir da schon Zweifel kamen. Denn Willi Dickhut war ein Antifaschist. Der hätte mit Sicherheit nicht mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet.
Speziell in der DKP Solingen gibt es eine große Distanz und Vorbehalte gegenüber einer Zusammenarbeit mit der MLPD. Wie siehst du das?
Das stimmt. Aber ich bin schon seit langem der Verfechter, mit euch zusammenzuarbeiten. Das heißt nicht, dass ihr alles richtig machen müsst. Dazu habe ich mich zu wenig mit euch befasst. Ich weiß nur, dass ihr so stark seid, dass ihr eine eigene Fraktion im Stadtrat habt …
Nicht die MLPD, sondern das überparteiliche Bündnis „Solingen AKTIV“.
Aber ihr arbeitet da aktiv mit und macht eure Stände – und von der DKP hört und sieht man nichts mehr.
Starke Kräfte in der DKP arbeiten lieber mit der Linkspartei zusammen als mit der MLPD. Was ist deine Meinung?
Zum linken Protest gehören alle Linken: Da gehört auch ihr dazu von der MLPD und auch die Linke – aber nur ein großer Teil. Ich arbeite auch mit der Linken zusammen, wenn die für irgendwelche konkreten Verbesserungen für die arbeitenden Menschen eintreten. Aber ich gehe nicht bei der Linken auf. Für mich ist die Linke immer eine reformistische Partei. Die ganzen Führungskräfte, die bei der Linken sind, die wollen nichts anders, als in diesem Staat auch Ministerposten zu bekommen.
Am 12. November ist in Wuppertal der 2. Kongress des Internationalistischen Bündnisses.³ Hast du Interesse, da mitzugehen?
Ich kann das körperlich nicht mehr. Ich wäre sonst mit Sicherheit bereit. Ich versteh unsere Genossen nicht, dass sie dazu nicht bereit sind. Ich kann nur eines: euch die Daumen drücken!
Ich danke dir für das Gespräch!