Wem droht hier welche „Gefahr“?
Eine „drohende terroristische Gefahr“ wird angenommen, wenn jemand beabsichtigt, die „Grundstrukturen“ des Staates „zu beeinträchtigen oder zu beseitigen“ bzw. wenn er eine Behörde oder ein Organ der Meinungsäußerung „nötigen“ will. Es reicht auch schon aus, wenn die Polizei das vermutet. Da der Arbeiterund Gewerkschaftsbewegung ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht verwehrt ist, kann jeder Massenstreik außerhalb einer Tarifrunde kriminalisiert und potenzielle Streikführer „vorsorglich“ verfolgt und eingesperrt werden. Denn jeder Streik und jede Kundgebung ist für die Kapitalisten eine „Nötigung“. Die sehr weit gefasste Definition rechtfertigt die massive Einschränkung des Persönlichkeitsund des Koalitionsrechts.
Um faschistische Verbrecher zu erfassen, die Attentate auf die Bevölkerung vorbereiten, braucht es keinen neuen Polizeigesetze. Wer von ihnen sich illegal Waffen oder Sprengstoff besorgt und Anschlagspläne ausheckt, bereitet eine schwere Straftat vor. Das reicht völlig für eine Verhaftung aus.
Die Terrorismusdefinition der EU vom 27. Dezember 2001, die wesentlich mit den Anschlägen auf die Zwillingstürme des WTC in New York gerechtfertigt wurde, erklärt eine Handlung als „terroristisch“, wenn sie mit dem Ziel begangen wird, „… eine Regierung oder eine internationale Organisation unberechtigterweise zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören.“ 1
1 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, 28. Dezember 2001, L344, S. 93
Diese EU-Vorgabe wird jetzt im neuen Polizeigesetz in NRW im § 8 Absatz 5 umgesetzt. Heute dienen „kriminelle Ausländer“ und „islamistische Gefährder“ als Rechtfertigung. Im Gesetzentwurf heißt es:
„Sofern die drohende Gefahr bestimmt und geeignet ist,
1.) die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern
2.) eine Behörde, eine nationale oder internationale Organisation oder ein Organ der Meinungsäußerung rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder
3.) die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates, eines Landes, einer nationalen oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, handelt es sich um eine drohende terroristische Gefahr.“
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Rechtsentwicklung der Regierung Merkel / Seehofer / Scholz
- Fortschrittlicher Stimmungsumschwung contra Seehofer und Merkel
- Die neuen Polizeigesetze: Notstandsrecht jetzt auch ohne „Notstand“
- „Präventiver Unterbindungsgewahrsam“
- Hat der „unbescholtene Bürger“ nichts zu befürchten?
- „Gegen Kriminalität muss doch ‘was getan werden“
- Wem droht hier welche „Gefahr“?
- Der Begriff des „Gefährders“
- Lehren aus dem Faschismus werden gekippt
- Irreführende Kampagnen zur Manipulierung der öffentlichen Meinung
- Die Umsetzung: Polizeiangriff auf MLPD und Rebellisches Musikfestival
- Die wahren Gefährder: NSU & CO
- Warum greifen die Herrschenden verstärkt zur Reaktion nach innen und Aggression nach außen?
- Sind Arbeiterkämpfe der neue Terrorismus?
- Was macht die Bundeswehr in Schnöggersburg?
- Revolution ist kein Verbrechen!
- Haben Sie die MLPD schon mal im Fernsehen gesehen?
- Gesellschaftliche Polarisierung
- Sehnsucht nach Demokratie und Freiheit
- Wie kann eine überlegene Kraft entstehen?