Eine Trendwende in der Jugendarbeit der MLPD
Im Interview mit der „Roten Fahne“ im Juni 2006 (RF 26/06) stellte der MLPD-Vorsitzende Stefan Engel fest, dass es sich hierbei sogar um das „wichtigste ungelöste praktische Problem in der Parteiarbeit“ handelte. Am deutlichsten kam das darin zum Ausdruck, dass der REBELL seine Funktion als Hauptreservoir der Partei deutlich eingebüßt hatte.
Seit dieser Feststellung im Sommer 2006 hat sich in der Jugendarbeit der MLPD einiges verändert. Der Rechenschaftsberichtsentwurf des ZK stellt die These auf: Seit Herbst 2007 können wir davon sprechen, dass eine Trendwende eingeleitet wurde.
Die Rebellion der Jugend
Die Rebellion der Jugend entfaltete sich im Zusammenhang mit dem Aufschwung der Arbeiter- und Volkskämpfe von 2004 bis 2006. Bei den Protesten gegen Hartz IV, die 2004 begannen, beteiligten sich viele Jugendliche, seit November 2005 protestierten 100.000 Jugendliche gegen die Studiengebühren, über 300.000 Menschen waren 2006 und 2007 im antifaschistischen Kampf aktiv, die meisten davon Jugendliche. In mehreren Konzernen entwickelte sich ein bundesweiter Übernahmekampf, so bei Bosch in Stuttgart und Reutlingen, bei Opel in Bochum und Rüsselsheim, Ford in Köln, VW in Braunschweig, DaimlerChrysler und im Bergbau und auch um die Einstellung junger Kollegen in der Stahlindustrie.
Als aber 2007 die Volkskämpfe insgesamt abflauten, gingen auch die Aktionen der Rebellion der Jugend zunächst wieder zurück. Das zeigt, dass sie noch relativ instabil ist. Damit die Jugendbewegung zu einem stabilen Faktor im Kampf der Arbeiterklasse und der breiten Massen wird, muss sie erst fertig werden mit einer relativ weit verbreiteten Ablehnung verbindlicher Organisationsformen und einer kontinuierlichen Arbeit. Das kann nur gelingen, wenn der Jugendverband REBELL mitgliedermäßig deutlich gestärkt wird und unter der Masse der Jugend anerkannte Repräsentanten der Rebellion der Jugend herausbildet. Nur wenn der REBELL zum
Jugendmassenverband wird, kann die Jugendbewegung ihre Rolle im Übergang zur zweiten Etappe des Klassenkampfes, zur akut revolutionären Situation, einnehmen.
Heute gelingt es den Herrschenden immer weniger, bei der Jugend eine positive Bindung an das kapitalistische System zu erreichen. Deshalb gelingt es auch keiner der bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Parteien mehr, eine erfolgreiche Jugendarbeit zu machen. Auch die Partei „Die Linke“ ist mit mehreren Versuchen gescheitert, einen Jugendverband aufzubauen.
Im Zentrum des Kampfs um die Denkweise
Die Masse der Kinder und Jugendlichen halten den Kapitalismus für ungerecht und sie möchten sich damit nicht abfinden. In vielen Kämpfen stellt die Jugend weltweit und auch in Deutschland heute schon die Hauptkraft, die auch am ehesten bereit ist, aus ihren Erfahrungen weitergehende gesellschaftliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Kampfkraft der Jugend braucht die Arbeiterklasse in ihrem Befreiungskampf – und davor haben die Herrschenden Angst. Deshalb ist die Gewinnung der Jugend das Hauptfeld des gesellschaftlichen Kampfs um die Denkweise.
Mit Hilfe der kleinbürgerlichen Denkweise, dem Schüren von Egoismus und Streben nach einem individuellen Ausweg wollen die Herrschenden die Jugend von der organisierten Rebellion abhalten. Dabei machen sie sich zunutze, dass die Jugend noch am wenigsten Erfahrung hat und für die kleinbürgerliche Denkweise besonders anfällig ist. Diese dringt heute über tausend Kanäle in die Herzen und Köpfe der Kinder und Jugendlichen. Körperliche Arbeit, selbstloser Einsatz für die Gesellschaft und der organisierte Kampf der Jugend an der Seite und unter Führung der Arbeiterklasse wird als „uncool“, also nicht jugendgemäß, diffamiert.
„Mein Kind soll es einmal besser haben“ – unter dieser Losung wirkt eine sozialarbeiterische Mentalität bis tief in die Arbeiterklasse hinein. Sie will die Jugendlichen und Kinder von der harten gesellschaftlichen Realität und dem Kampf für eine bessere Zukunft abschirmen und auf einen individuellen Ausweg orientieren. Die Wirkung dieser bürgerlichen Pädagogik und andererseits eine Tendenz zum politischen Aktionismus war ein Grund für die Verdrängung der jugendpolitischen Linie der MLPD in der Praxis. Es lagen zwei Richtungen im Kampf: die der systematischen Verwirklichung der Lebensschule der proletarischen Denkweise und das Zurückweichen vor der Kompliziertheit dieser Aufgabe. Auf dieser Grundlage konnten sich die zahlreichen positiven Initiativen der Partei in der Jugendarbeit nicht dauerhaft durchsetzen.
Es sind heute die allseitigen Lebensfragen, über die der Kampf um die Gewinnung der Masse der Kinder und Jugendlichen entschieden wird: der Umgang mit Liebe und Partnerschaft, die Berufswahl, die Streitkultur im eigenen Freundeskreis, lernen, gegen den Strom zu schwimmen, der Umgang mit Geld, die Achtung vor der körperlichen Arbeit – und die Erziehung zur organisierten Rebellion, zum Rückgrat für den Kampf um die Befreiung.
Um eine Trendwende in der Jugendarbeit einzuleiten, war die Initiative zur Neuaneignung der jugendpolitischen Linie der MLPD entscheidend. Mehrere hundert Genossen und Freunde nahmen 2007 am Kurs „Die marxistisch-leninistische Jugendarbeit“ unter Leitung von Stefan Engel teil. Hier wurde bewusst die dialektische Methode auf die Aufgabenstellung des Aufbaus des Jugendverbands der MLPD angewandt (weitere Kurse siehe Kasten).
Gleichzeitig wurde eine Kernaufgabe der Jugendarbeit wieder angepackt, die seit längerem verdrängt war: der Aufbau der ROTFÜCHSE als Kinderorganisation der MLPD im REBELL. Die Masse der Kinder ist heute in jüngstem Alter konfrontiert mit den harten gesellschaftlichen Widersprüchen, mit Armut, Umweltzerstörung, imperialistischen Kriegen usw. – und ist dadurch reifer als früher. Das ruft natürlich die Herrschenden auf den Plan, die mit einer umfassenden Beeinflussung der Denkweise heute bereits im frühesten Kindesalter beginnen – vor allem über die bürgerliche und kleinbürgerliche Massenkultur. Andererseits ist auch eine Prägung im positiven Sinne heute viel früher möglich – Kinder sehnen sich nach Kameradschaft, Zusammenhalt und einer Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung.
Der Aufbau der Kinderorganisation ROTFÜCHSE gehört zu den kompliziertesten Aufgaben in der Jugendarbeit der MLPD: Dürfen die erwachsenen Genossen doch den jugendlichen Rebellen ihre Verantwortung für „ihre“ RROTFÜCHSE nicht abnehmen. Vielmehr sollen
die Rebellen mit Hilfe der MLPD lernen, für die Kinderorganisation die volle Verantwortung zu übernehmen. Wer als Jugendlicher lernt, sich selbstlos und verantwortlich für die Kinder der Arbeiter einzusetzen, der lernt dabei den selbstlosen Einsatz für die Zukunft der Gesellschaft.
Im Laufe des letzten Jahres hat der REBELL über 25 Prozent Mitgliederzuwachs. Es wurden zahlreiche neue Rotfuchs-Gruppen gegründet, eine neu eingesetzte Rotfuchs-Leitung hat die Arbeit begonnen. Gegenwärtig lernen die ROTFÜCHSE anhand eines ganzen Programms, was Ausbeutung und Unterdrückung eigentlich ist und wie sie sich am Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung beteiligen können.
Im Rechenschaftsberichtsentwurf kommt das ZK zu dem Schluss, dass die systematische Rotfuchs-Arbeit dauerhaft im Zentrum der Kleinarbeit des REBELL – und damit im Zentrum der marxistisch-leninistischen Jugendarbeit stehen soll.
(mt)