12.07.2008: Beitrag der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zum 12. Internationalen Seminar „Probleme der Revolution in Lateinamerika“ in Quito, Ecuador

Die MLPD bedankt sich herzlich für die Einladung zur Teilnahme am 12. Internationalen Seminar. Wir freuen uns sehr, auch in diesem Jahr wieder an den Beratungen teilnehmen zu können, nachdem im letzten Jahr eine Delegation der PCMLE an den Jubiläumsveranstaltungen der MLPD anlässlich des 25. Jahrestag der Parteigründung zu Gast war und zu deren Erfolg beigetragen hat. Wir freuen uns auf schöpferische Diskussionen und sind uns sicher, dass von diesem Seminar wieder Impulse für den weltweiten Aufschwung im Kampf für den echten Sozialismus ausgehen werden. Das Thema des Seminars, „Aktuelle Debatte über den Sozialismus“, ist hochaktuell, nicht nur in den Massendiskussionen in Ecuador, Venezuela oder anderen lateinamerikanischen Ländern, sondern weltweit.

Vor gerade 52 Jahren erlebte der Sozialismus mit der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion seine größte historische Niederlage. Es folgte ein Prozess der Umwandlung ausnahmslos aller ehemals sozialistischer in kapitalistische Länder, einschließlich der Volksrepublik China nach dem Tod Mao Tsetungs. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 wurde weltweit in den bürgerlichen Massenmedien eine Propagandawelle entfacht, der Sozialismus sei ein für alle mal tot. Die modernen Revisionisten wurden zu Kronzeugen des Antikommunismus.

Nachdem Fall der Berliner Mauer kam die MLPD 1991 auf ihrem IV. Parteitag zur Einschätzung:

Es wird Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte dauern, bis die Massen den Kampf um den Sozialismus wieder aufnehmen werden. Das verlangt Geduld und Rückgrat.“

Heute haben wir eine Ausgangssituation, die eine große Weiterentwicklung seither beinhaltet. Aber immer noch ist die größte Niederlage des Sozialismus durch die Restauration des Kapitalismus nicht verwunden und verarbeitet für einen neuen weltweiten Aufschwung im Kampf um den echten Sozialismus. Doch die bürgerliche Ideologie wurde und wird mit der Wissenschaft des Marxismus-Leninismus nicht fertig. Unter den Massen hatte Karl Marx freilich nie seine Beliebtheit verloren. Bei einer Medien-Abstimmung über die bedeutendste Persönlichkeit der russischen Geschichte liegt zur Zeit Stalin auf Platz 1 und Lenin auf Platz 3. Bisher haben sich 1,3 Millionen Menschen beteiligt. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 9.7. 2008)

Weltweit wächst die Suche nach einer grundlegenden gesellschaftlichen Alternative und der Sozialismus gewinnt neues Ansehen. Auch in Deutschland, einem Kernland des Imperialismus und einer führenden Kraft in der Europäischen Union hält laut Umfragen die Mehrheit der Bevölkerung inzwischen „den Sozialismus für eine gute Idee, die nur schlecht verwirklicht wurde“. Das bürgerliche Meinungsforschungsinstitut Allensbach stellt erstaunt fest: „Das Idealbild des Sozialismus hat das Ende der kommunistischen Diktaturen bemerkenswert unbeschadet überstanden.“

Was versteht die MLPD unter echtem Sozialismus?

In unserem Programm zogen wir Schlussfolgerungen aus der revisionistischen Entartung:

Der Sozialismus stellt eine Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus zum  Kommunismus dar. Zur Erreichung der kommunistischen Ziele organisiert die Arbeiterklasse mit der Diktatur des Proletariats den Klassenkampf im Sozialismus und praktiziert den proletarischen Internationalismus. Ihre Hauptaufgabe besteht zunächst in der Unterdrückung des Widerstands der Kapitalisten und der Beseitigung aller Grundlagen ihrer Existenz als Klasse....Der Klassenkampf der Arbeiter muss sich auf die Kontrolle der Denkweise der Verantwortlichen in der Leitung der Wirtschaft, des Staates und der Partei beziehen. Das bringt von Beginn an das Wesen der proletarischen Diktatur zum Ausdruck: systematischer ideologisch-politischer Kampf um das sozialistische Bewusstsein zur Überwindung der bürgerlichen Ideologie, in Einheit mit der sozialistischen Umgestaltung der ökonomischen Basis der Gesellschaft und der gesellschaftlichen Lebensweise. (Programm S. 37)

In Deutschland können wir feststellen, dass das Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse und auch eines wachsenden Teils der breiten Massen von einem ausgewachsenen Linkstrend bestimmt wird. Es wäre jedoch ein ultralinkes Wunschdenken, diesen allgemeinen Linkstrend in Deutschland, der auch eine internationale Erscheinung ist, nur mit dem sozialistischen Klassenbewußtsein und der proletarischen Denkweise gleichzusetzen oder hauptsächlich auf die Arbeit der Marxisten-Leninisten zurückzuführen.

Eine neue historische Umbruchphase

In seiner Festrede zum 25. Jubiläum der MLPD im August 2007 führte unser Parteivorsitzender Stefan Engel aus:

Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion ist der Imperialismus an eine relative historische Grenze gestoßen. Seine international hochentwickelten Produktivkräfte rebellieren gegen die imperialistischen Produktionsverhältnisse und wollen sie sprengen. Die wichtigste Produktivkraft ist das entstandene internationale Industrieproletariat, der Totengräber des internationalen Finanzkapitals und zugleich Schrittmacher des internationalen Klassenkampfes!

Das Erwachen des Klassenbewusstseins auf breiter Front in imperialistischen Ländern, eine beginnende Internationalisierung des Klassenkampfes, Massenkämpfe bis hin zur revolutionären Gärung in Lateinamerika in neokolonial ausgebeuteten und unterdrückten Ländern, der Neuaufbau marxistisch-leninistischer Parteien in vielen Ländern der Welt- all das hat auf dem Hintergrund der Neuorganisation der internationalen Produktion eine neue historische Umbruchphase eingeleitet“.

In unserem Beitrag für das 10. internationale Seminar im Jahr 2006 in Quito sind wir darauf ausführlicher eingegangen. Der Imperialismus ist an eine relative historische Grenze gestoßen. Das Rad der Geschichte kann weder aufgehalten, noch zurückgedreht werden. In seiner Jubiläumsrede führte Stefan Engel weiter aus:

Im 19. Jahrhundert wurde mit der Entwicklung des Frühkapitalismus aus der Utopie des Sozialismus von Marx und Engels der wissenschaftliche Sozialismus entwickelt. Mit der unvergänglichen Pariser Kommune gelang 1871 der erste Versuch einer proletarischen Revolution. Er wurde nach 70 Tagen blutig niedergeschlagen und scheiterte an der Unerfahrenheit der Kommunarden über das Wesen des Staates. Marx und Engels haben daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass die Arbeiter den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen und für eine Übergangszeit ihre Diktatur des Proletariats errichten müssen.

Im 20. Jahrhundert eroberte sich die Arbeiterklasse-gestützt auf die Aufarbeitung dieser Niederlage - die Staatsmacht nicht nur in einer Stadt: Es war ein Drittel der Menschheit, die in der Mitte des letzten Jahrhunderts in sozialistischen Staaten lebte ! Und auch nicht nur 70 Tage lang, sondern der Sozialismus lebte in einer Zeitspanne von fast 60 Jahren – von 1917 bis 1976, als nach dem Tod Mao Tsetungs auch in China der Kapitalismus restauriert wurde.

Dieser große Menschheitsversuch scheiterte nicht von außen, sondern mit der revisionistischen Entartung von innen an der noch ungelösten Frage der kleinbürgerlichen Denkweise.

Die Marxisten-Leninisten aus aller Welt haben ihre Schlussfolgerungen gezogen: Den Sozialismus kann man nur mit einer proletarischen Denkweise erkämpfen und aufbauen.

Warum sollte es uns im jetzigen 21. Jahrhundert nicht gelingen, mit all diesen Lehren und Vorbildern und unter viel besseren materiellen Bedingungen als im letzten Jahrhundert erfolgreich einen neuen Anlauf zum Kampf um den Sozialismus – zu nehmen – und diesmal als weltweiter revolutionärer Prozess?“

Die Einleitung der neuen historischen Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus wurde in erster Linie von den objektiven Gesetzen der Produktionsweise des Kapitalismus ausgelöst, während der subjektive Faktor nach wie vor im Widerspruch dazu steht. In erster Linie ist der Linkstrend eine spontane Widerspiegelung dieser historischen Umbruchphase im Denken, mehr noch im Fühlen der Massen, aber noch keine bewusste Schlussfolgerung oder Entscheidung für ihr Handeln.

In erster Linie spontan“ bedeutet natürlich nicht, dass diese Entwicklung in Deutschland völlig unbeeinflusst von unserer jahrelangen systematischen maxistisch-leninistischen Parteiarbeit vor sich geht. Eine zentrale Frage der proletarischen Strategie und Taktik im Klassenkampf und revolutionären Parteiaufbau bzw. der Strategie und Takitik im Kampf um die Denkweise ist, wie die Einheit zwischen objektiver Seite und subjektiver Seite in der historischen Umbruchsituation hergestellt wird.

Die Bedeutung der Lehre von der Denkweise für den Kampf um den Sozialismus

Eine Schlussfolgerung und ein Kernstück unseres bisher erfolgreichen Parteiaufbaus in einem der Kernländer des Imperialismus ist die Lehre von der Denkweise. Nicht zufällig gehört die Lehre von der Denkweise und das daraus entwickelte System der Selbstkontrolle in der Partei zu den am meisten verhassten Teilen unserer Linie unter den kleinbürgerlichen Linken. Die internationale Arbeiterbewegung hat immer wieder die schmerzliche Erfahrung gemacht, wie aus ehrlichen Aktivisten und Revolutionären der Arbeiterbewegung Verräter an der Sache der Arbeiter werden können. Oft begegnet man auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen einer Skepsis gegenüber dem Sozialismus, wie in der Aussage „Wenn ihr erst mal groß seid, werdet ihr auch so wie die da oben.“ Die Lehre von der Denkweise macht nichts anderes als die Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins, in der Veränderbarkeit der Denkweise zu untersuchen, um darauf zielgerichtet und revolutionär Einfluss zu nehmen. Das Fertigwerden mit dem von den Herrschenden international als neue Waffe eingesetzten System der kleinbürgerlichen Denkweise wurde zur Scheidelinie für den Erfolg oder Misserfolg. Die Lehre von der Denkweise, wie wir sie 1995 in dem Buch von Stefan Engel „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung“ (auch auf Spanisch übersetzt) entwickelt haben, ist die wissenschaftliche Anleitung, diesen Klassenkampf besonderer Art zu organisieren und zu gewinnen. Teilweise gab es international dazu auch Missverständnisse, bzw. es wurde uns vorgeworfen, damit die Strategie und Taktik des proletarischen Klassenkampfes zu ersetzen. Ganz im Gegenteil. Die Strategie und Taktik im Kampf um die Denkweise ist die unabdingbare Ergänzung und Voraussetzung, damit sich die Massen unter den heutigen Bedingungen die Argumente, die revolutionäre Strategie und Taktik der marxistisch-leninistischen Partei zu eigen machen und den Weg zu ihrer Selbstbefreiung erfolgreich gehen können. Unserer Einschätzung nach hat die Frage der Denkweise nicht nur in Deutschland, sondern international ausschlaggebende Bedeutung für den Klassenkampf, den Parteiaufbau und die Vorbereitung der internationalen proletarischen Revolution erhalten.

An die Entwicklung eines revolutionären proletarischen Klassenbewusstseins sind unter den heutigen, veränderten gesellschaftlichen Bedingungen höhere Anforderungen gestellt. Denkweise – das bedeutet die ganze Art und Weise zu denken, zu fühlen und zu handeln. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Angriffe auf die Massen kann dieses Betrugssystem aber nichts Positives bieten, sondern beschränkt sich immer mehr auf Demoralisierung, Desorientierung und Desorganisation der Arbeiter- und Volksbewegung und Verbreitung des modernen Antikommunismus. Die proletarische Denkweise dagegen durchdringt die praktischen Kampferfahrungen mit der marxistisch-leninistischen Theorie und entwickelt so das Klassenbewusstsein in Übereinstimmung mit der sich stets verändernden objektiven Wirklichkeit. Der weltanschauliche Kampf um die Denkweise der Massen hat eine unmittelbare und ausschlaggebende Rolle in der Entwicklung des Klassenkampfs und des Klassenbewusstseins der Arbeiterklasse eingenommen. Ohne dass die revolutionäre Arbeiterbewegung in Parteiaufbau und Klassenkampf mit dem Einfluss der kleinbürgerlichen Denkweise fertig wird, kann sie ihre historische Mission in der Überwindung der kapitalistischen und der Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaft nicht erfüllen.

Die Auseinandersetzung um den allgemeinen Linkstrend

Wenn der Wunsch nach Sozialismus weltweit eine neue Verbreitung unter den Massen gewinnt, so sind wir uns im Klaren darüber, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, was Sozialismus ist und wie der Weg dorthin verläuft. In seinem Rechenschaftsberichtsentwurf an den VIII. Parteitag hat das ZK der MLPD aufgezeigt, dass die MLPD seit dem VII. Parteitag 2004 zwei wichtige taktische Situationen zu bewältigen hatten: Die eine war das Ausreifen der offenen politischen Krise der Schröder/Fischer-Regierung (SPD/Grüne), die wir als die „bisher längste offene politische Krise seit dem 2. Weltkrieg“ in Deutschland qualifiziert hatten. Die zweite war die Phase der relativen Stabilisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse mit der Großen Koalition von SPD und CDU, die von 2006 bis 2007 andauerte. Seit Ende 2007 erleben wir eine neue Phase der relativen Destabilisierung, die vor allem in einem verstärkten Loslösungsprozess von den bürgerlichen Parteien, dem bürgerlichen Parlamentarismus und seinen Institutionen zum Ausdruck kommt. Vor allem die SPD wurde dadurch erneut in eine echte Parteienkrise gestürzt. Ihr Parteivorsitzender Beck würde nach jüngsten Umfragen nur noch von 10 Prozent der Bevölkerung als Kanzler favorisiert. Die beiden großen bürgerlichen Koalitionsparteien von CDU/CSU und SPD kämen derzeit zusammen gerade noch auf 55 bis 60 Prozent der Wählerstimmen. Damit wird die grundlegende Aufgabe der bürgerlichen Monopolparteien, soziale Hauptstütze der Diktatur der Monopole zu sein, immer offener in Frage gestellt. Vor allem der Absturz der Sozialdemokratie ist ein grundsätzliches Problem für die Herrschaftsausübung der Diktatur der Monopole unter der Bedingung der bürgerlichen Demokratie. Die tiefe Krise der Sozialdemokratie in Deutschland ist auch von internationaler Bedeutung, da sie in Verbindung mit der Beherrschung der rechten Führungen der Gewerkschaften diese zu Ordnungsfaktoren machte und als Prototyp der bürgerlichen Demokratie in der internationalen Arbeiterbewegung verkauft wurde.

In dieser Situation ist die Linkspartei entstanden, die von den Monopolen bei allen Differenzen als Damm gegen die revolutionäre Linke, die MLPD hochgespielt und mit breiter Medienöffentlichkeit bedacht wird. Sie ist ein Zusammenschluss aus der neorevisionistischen PDS und der WASG - bestehend aus ausgetretenen SPD-Mitgliedern und Gewerkschaftern. In verschiedenen politischen Fragen gibt es an der Basis auch vielfach eine Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der MLPD und der Linkspartei. Die Linke verkündete auf ihrem kürzlichen Parteitag, dass sie in einem Regierungsbündnis mit der SPD „soziale, friedensstiftende Reformen zur Überwindung des Kapitalismus…. Für einen erneuerten solidarischen Sozialstaat.“ anstrebt. Sie konnte aber bei den eigenen Mitgliedern das Vorhaben von Unvereinbarkeitsbeschlüssen gegen die Zusammenarbeit mit der revolutionären Linken, v.a. der MLPD nicht durchsetzen.. Die revisionistische DKP hält wiederum an den Märchen von den „systemüberwindenden Reformen“, „Zurückdrängung der Macht der Monopole“ und „antimonopolistischen Demokratie“ als angeblicher Übergangsstufe zum Sozialismus fest, was ebenfalls in einer reformistischen Politik mündet.

Der allgemeine Linkstrend drückt eine bestimmte Verarbeitung der Entwicklung der allgemeinen historischen Umbruchsituation aus, bei der auch verschiedene Beurteilungen und Forderungen, aber auch gemeinsam mit der MLPD gemachte Kampferfahrungen in die Spontaneität der Massen eingegangen sind. Zugleich wirken jedoch spontan vor allem auch die vielfältigsten gesellschaftlichen Einflüsse auf die Massen und prägen ihre Spontaneität.

Eine bewusste Schlussfolgerung der Arbeiter und der breiten Massen aus der neuen historischen Umbruchphase erfordert jedoch einen qualitativen Sprung im Klassenbewusstsein der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse, der sich zwar deutlich abzeichnet, aber erst noch vor uns steht. Der Linkstrend in Deutschland ist seinem Wesen nach

  1. eine neue Erscheinung im fortschreitenden Prozesses der beschleunigten Loslösung der breiten Massen von den bürgerlichen Parteien, dem bürgerlichen Parlamentarismus und seinen Institutionen.

  2. ein Signal der wachsenden Kritik der Massen an den gesellschaftlichen Verhältnissen, die immer stärker mit einer ausdrücklichen Kritik am Kapitalismus verbunden wird. Damit rückt die Frage nach einem gesellschaftlichen Ausweg mehr und mehr ins Zentrum der Entwicklung des Klassenbewusstseins als eine wichtige Vorbedingung für die Revolutionierung der Massen.

  3. Ein Ausdruck, dass der moderne Antikommunismus mit dem tendenziellen Schwinden der Wirkung des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise unter den Massen an Einfluss verliert.

Das öffnet sie zugleich für die sozialistische Alternative und die revolutionäre Arbeiterpartei MLPD. Das beinhaltet aber gleichzeitig einen entfalteten Kampf zwischen kleinbürgerlicher und proletarischer Denkweise, welchen Weg die Massen gehen sollen. Es wäre fatal zu glauben, dieser Linkstrend würde der marxistisch-leninistischen Partei automatisch die entscheidende Mehrheit der Arbeiterklasse bescheren und den Kapitalismus in eine revolutionäre Krise stürzen. Wir können beobachten, dass die politische Enttäuschung über die Sozialdemokratie in der Arbeiterbewegung in Deutschland nicht dasselbe ist, wie das Fertigwerden mit der reformistischen Ideologie, die sich jahrzehntelang in Form einer kleinbürgerlich-reformistischen und einer kleinbürgerlich-revisionistischen Denkweise in der Arbeiterbewegung tief eingeprägt hat. Schon 1911 wies Lenin in seiner Schrift "Der Reformismus in der russischen Sozialdemokratie" darauf hin, dass der Reformismus als Ideologie in der Arbeiterklasse fortwirkt, selbst wenn sein politischer Einfluss deutlich zurückgeht:

"Nicht Liberalismus gegen Sozialismus, sondern Reformismus gegen sozialistische Revolution - das ist die Formel der modernen ‚fortgeschrittenen’, gebildeten Bourgeoisie… Reformen gegen Revolution, stückweises Flicken des untergehenden Regimes zur Spaltung und Schwächung der Arbeiterklasse, zur Behauptung der Macht der Bourgeoisie gegen den revolutionären Sturz dieser Macht." (Lenin Werke, Band 17, S. 216).

Die Massen brauchen ihre Erfahrungen mit der Untauglichkeit der politischen und weltanschaulichen Konzepte der linksreformistischen Linkspartei, um die Notwendigkeit des revolutionären Auswegs der internationalen proletarischen Revolution zu begreifen.

Andererseits wird diese Erfahrung allein die Massen auch nicht für den Sozialismus begeistern. Dazu bedarf es einer systematischen Kleinarbeit der Marxisten-Leninisten zur Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse für den Sozialismus und der Einbeziehung der breiten Massen in den Kampf gegen die Regierung.

Das ist der ganze Inhalt des Kampfs zwischen der kleinbürgerlich-reformistischen Denkweise und der proletarischen Denkweise im Rahmen des Linkstrends, der eine ganze Periode der Klassenauseinandersetzungen und der damit verbundenen prinzipiellen weltanschaulichen Debatte andauern wird.

Die Auseinandersetzung mit dem Linkstrend als entfalteter Kampf zwischen kleinbürgerlicher und proletarischer Denkweise ist unserer Ansicht nach auch eine wichtige Auseinandersetzung auf internationaler Ebene.

Wir beobachten einerseits, wie in Lateinamerika in den letzten Jahren eine ultrareaktionäre Regierung nach der anderen von den Massen abgewählt wurde. Es sind eine Reihe fortschrittlicher antiimperialistischer Regierungen entstanden, insbesondere in Venezuela, in Ecuador, in Bolivien, in Paraguay oder in Uruguay, die den Spielraum der revolutionären antiimperialistischen Massenbewegung erweitern. Zugleich haben diese Regierungen eine linksreformistische oder neorevisionistische Grundlage. Sie bewegen sich also im Rahmen des Systems und stärken somit zugleich mit dem antiimperialistischen Selbstbewusstsein und teils auch der Förderung sozialistischen Gedankenguts, seiner Verbreitung und Massendiskussion die Illusionen in die Reformierbarkeit der kapitalistischen und imperialistischen Ausbeutungsverhältnisse. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Revolutionierung der Massen. Wir haben die Frage, ob nicht – bei allen beeindruckenden Fortschritten und Erfahrungen im Klassenkampf und weiteren Parteiaufbau in Euren Ländern - der nach der Jahrtausendwende entstandene Prozeß der länderübergreifenden revolutionären Gärung in Lateinamerika nach der Wahl dieser linken Regierungen wieder etwas kanalisiert wurde in die Unterstützung der linken Regierungen und ihrer Aktivitäten??

Wir würdigen die Erfolge antiimperialistischer Regierungen wie in Venezuela, Ecuador und in Bolivien. Der Sturz des reaktionären Königs durch den 19-tägigen Volksaufstand im April 2006 (Janaandolan II) in Nepal wurde jetzt mit der Abschaffung der Monarchie auf Beschluss der Konstituierenden Versammlung besiegelt. Die Wahlen zur Konstituierenden Versammlung in Nepal endeten mit einem eindeutigen Sieg der Linkskräfte, mit der CPN (Maoist) an der Spitze. Wir wünschen von ganzem Herzen, dass sich ihre Sehnsucht nach Sozialismus erfüllt. Das wird nur der Fall sein, wenn der Weg der neudemokratischen Revolution mit dem Ziel des Sozialismus gegangen wird.

Die proimperialistischen reaktionären herrschenden Klassen und Handlanger der internationalen Monopole sind durch linke Regierungen mit in verschiedenen Fragen antiimperialistischen Standpunkten jedoch noch nicht ausgeschaltet und die Konterrevolution nützt die Spielräume zur Destabilisierung und Putschvorbereitungen. Es ist eine Schlüsselfrage, ob unter Führung der Arbeiterklasse der revolutionäre Weg weitergegangen wird bis zur Zerschlagung der alten Staatsmacht oder sich linksreformistische Illusionen durchsetzen. Das Buch von Heinz Dieterich, Professor an der staatlichen Universität in Mexiko, „Der Sozialismus im 21. Jahrhundert“ machte international vor allem deshalb Furore, weil er bei den Neorevisionisten als „Berater“ von Präsident Hugo Chavez gehandelt wurde. Seit November 2007 hat er sich offenbar zusammen mit dem ehemaligen Verteidigungsminister zum Gegner entwickelt. Ihn störten die Forderungen nach weiteren Verstaatlichungen und Ausbau volksdemokratischer Strukturen im Verfassungsentwurf, der nur knapp die Mehrheit verfehlte. Dieser kleinbürgerliche, selbsternannter Theoretiker für den Sozialismus des 21. Jahrhunderts schwafelt: „Es geht darum, eine Bewusstseinsbildung der Mehrheiten in solcher Tiefe und Breite zu erlangen, dass sich das Kräftegleichgewicht im Weltmaßstab zugunsten der demokratisierenden Faktoren verschiebt, wonach eine wachsende Neutralisation des kapitalistischen Systems und seiner Eliten, die entscheidend die Entwicklungslogik der globalen Gesellschaft bestimmen, erreicht wird. (S. 153)“ Das kapitalistische System nach und nach zu „neutralisieren“ ist eine völlig absurde Vorstellung, die das Volk wehrlos den Unterdrückern ausliefert. Was das bedeutet, zeigte die revisionistische Theorie vom friedlichen parlamentarischen Weg zum Sozialismus, den in Chile 1973 Tausende mit ihrem Leben bezahlten.

Auf der anderen Seite treten international die Trotzkisten besonders scheinradikal auf und geben vor, den Standpunkt der Arbeiterklasse zu vertreten. Sie leugnen jedoch die unterschiedlichen Etappen der Revolution. Sie spalten damit das Bündnis der Arbeiterklasse mit den Bauernmassen und anderen antiimperialistischen Kräften. Kurz, ihr Programm ist nicht die internationale proletarische Revolution, sondern Spaltung und Liquidatorentum.

Der Linkstrend erfordert also keinesfalls die Beendigung, sondern gerade die Höherentwicklung des Kampfs um die Denkweise der Massen. Von ihm hängt maßgeblich ab, welchen Weg die Massen letztlich gehen. Je stärker die marxistisch-leninistischen Parteien diese Auseinandersetzung im Massenumfang führen können, desto mehr kann der Linkstrend für einen neuen Aufschwung für den Kampf um den Sozialismus genutzt werden.

Liebe Genossinnen und Genossen,

die MLPD führt 2008 ihren VIII. Parteitag durch. Das ZK der MLPD hat als praktische Konsequenz des VIII. Parteitags eine neue taktische Offensive für den echten Sozialismus in Verbindung mit der flächendeckenden Kandidatur zu den nationalen Parlamentswahlen im September 2009 beschlossen. Ihr Kern ist die weltanschauliche Offensive für den echten Sozialismus. Die weltanschauliche Offensive steht in Verbindung mit der Verankerung des Kampfs für die wichtigsten ökonomischen und politischen Forderungen der Arbeiterklasse und der breiten Massen und der Förderung der Organisiertheit der Massen. Agitieren, Propagieren und Organisieren werden eine dialektische Einheit bilden.

Zur Wechselwirkung zwischen nationalem und internationalem Klassenkampf

Es stellen sich heute unter den veränderten Bedingungen der Internationalisierung der kapitalistischen Produktion zweifellos neue Fragen. Zur Wechselwirkung zwischen nationalem und internationalem Klassenkampf wurde auf dem internationalen Seminar der MLPD im August 2007 in Deutschland in einem Einleitungsbeitrag der MLPD ausgeführt:

Ein Verzicht auf Revolution in einem Land wäre ein Verzicht auf die Zerschlagung der imperialistischen Machtstruktur in einem Land…Der nationale Klassenkampf geht nicht im internationalen Klassenkampf unter. Er verschwindet nicht im Strom der internationalen Revolution. Neu ist, dass nationaler und internationaler Klassenkampf in einen neuen Zusammenhang treten. Die Klassenkämpfe in den einzelnen Ländern wirken aufeinander ein, die unterschiedlichen Formen des Kampfes um nationale und soziale Befreiung beleben sich, sie beeinflussen sich, sie teilen Siege und Niederlagen, lernen voneinander, sie gehen ineinander über. Das ist mehr als die bisher schon selbstverständliche Pflicht der internationalen Solidarität mit dem Klassenkampf in einem anderen Land, das ist eine gegenseitige Durchdringung des nationalen Klassenkampfes in den einzelnen Ländern mit der internationalen sozialistischen Revolution zu einem unauflöslichen Ganzen. In diesem Prozess wird die Arbeiterklasse jene neue Kraft bekommen, mit der sie über den Weltimperialismus siegt. Die proletarische Strategie und Taktik muss diesen Prozess beschleunigen, muss den nationalen Klassenkampf in den jeweiligen Ländern unauflöslich mit der internationalen sozialistischen Revolution verbinden. So wird die Arbeiterklasse zu einem internationalen Machtfaktor, der im 21. Jahrhundert Weltgeschichte schreiben kann.“ (Dokumente S. 314)

Im Unterschied zur sozialistischen Sowjetunion bis 1956 und der Volksrepublik China bis 1976 verfügt die internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung heute nicht mehr über ein revolutionäres Zentrum. An seine Stelle muss die vereinigte internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung treten. Dies erfordert eine neue Qualität des Proletarischen Internationalismus. Nur auf diesem Weg kann die strategische Überlegenheit der revolutionären Arbeiterbewegung über das imperialistische Weltsystem hergestellt werden. Der Aufbau von marxistisch-leninistischen Parteien weltweit, die Überwindung ihrer Zersplitterung, ihre Stärkung zu Massenparteien und ihre internationale Zusammenarbeit zur Vorbereitung der internationalen Revolution – das sind unserer Meinung nach heute die entscheidenden Schlüsselfragen im Kampf für den Sozialismus. Dieser Prozess beinhaltet Theorie und Praxis und kann nur auf der Grundlage einer proletarischen Streitkultur erfolgreich verlaufen. Wir möchten ausdrücklich unter diesem Gesichtspunkt die Rolle des Internationalen Seminars in Ecuador würdigen.

Vom 28. – 31. August findet in Deutschland das 3. Internationale Bergarbeiterseminar statt, zu dem sich bisher 24 Delegationen aus 22 Ländern angemeldet haben. Wir sind uns sicher, es wird ein wichtiger Schritt nach vorn in der Zusammenarbeit des internationalen Industrieproletariats und in der internationalen Koordinierung und Revolutionierung der Arbeiterkämpfe sein.

Weiterhin laufen die Vorbereitungen für den Internationalen Frauenpolitischen Ratschlag vom 3. – 5. Oktober 2008 auf Hochtouren. Es wird eine große Bandbreite von Repräsentantinnen der internationalen Frauenbewegung teilnehmen. Wir erwarten, dass er zu einer großen Begeisterung, Initiative und Mobilisierung für die Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen 2011 in Venezuela führt. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich die Rolle der Genossinnen der Frauenorganisationen Confemec aus Ecuador, sowie Ana Soto aus Venezuela für diesen zukunftsweisenden, aber auch äußerst komplizierten Prozess hervorheben und uns für die hervorragende Zusammenarbeit mit der überparteilichen Frauendelegation aus Deutschland, in der auch unsere Genossinnen vertreten waren, bedanken.

Strategische Bedeutung für das Ausreifen des subjektiven Faktors in der Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution hat unserer Meinung nach der begonnene Prozess zum „Aufbau einer internationalen Organisationsform zur Kooperation und Koordinierung der Tätigkeit autonomer revolutionärer Parteien und Organisationen.“

Eine solche Zusammenarbeit kann nur auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt und Solidarität, Unabhängigkeit und Gleichberechtigung verwirklicht werden, und indem die Differenzen mit einer demokratischen Streitkultur ausgetragen werden. Auch darüber möchten wir auf dieser Konferenz und am Rand der Beratungen gerne mit Euch weiter diskutieren, v.a. welche nächsten Schritte zu gehen sind.

Wir wünschen in diesem Sinne dem Seminar einen fruchtbaren Meinungsaustausch und viel Erfolg!

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Katastrophenalarm!
Immer mehr lokale und regionale ökologische Katastrophen drangsalieren die Menschheit. Sie kennzeichnen einen Prozess des beschleunigten Umschlags der Umweltkrise in eine globale Umweltkatastrophe. Weil ihre Hauptursachen in der kapitalistischen Profitwirtschaft liegen, erfordert die Umweltfrage heute einen gesellschaftsverändernden Kampf. weiter lesen

Literaturtipp Der Autor Stefan Engel verwendet für den Titel seines Buches ein Gleichnis aus der germanischen Mythologie: In der Götterdämmerung verschlingt das Weltenende die abgelebten Gottheiten einer überholten Zeit und aus dem Weltenbrande erwächst eine schöne neue Erde des Friedens und der üppigen Lebensfreude. Der Vergleich zum Niedergang der heute herrschenden Schicht der Weltgesellschaft und zur Vorbereitung einer neuen, lebenswerten Zukunft ist beabsichtigt! Das Buch entreißt diese Vision der Mythologie, stellt sie auf ein gesichertes wissenschaftliches Fundament. weiter lesen